JAK2-V617F-Mutation

Die JAK2-V617F-Mutation ist eine somatische Punktmutation (erworbene Genveränderung) im Januskinase-2-Gen, bei der die Aminosäure Valin (V) an Position 617 durch Phenylalanin (F) ersetzt wird. Sie stellt einen hochspezifischen molekulargenetischen Marker (genetischen Hinweis im Erbmaterial) für chronisch-myeloproliferative Neoplasien (langsam verlaufende Blutstammzellerkrankungen mit Zellvermehrung) dar, insbesondere für die Polycythaemia vera (Blutkrankheit mit erhöhter Zahl roter Blutkörperchen), essenzielle Thrombozythämie (dauerhafte Blutplättchenvermehrung) und primäre Myelofibrose (krankhafte Bindegewebsvermehrung im Knochenmark). Der Nachweis der Mutation ist diagnostisch und prognostisch relevant und kann zur Therapiewahl beitragen.

Synonyme

  • Januskinase-2-V617F
  • JAK2-Mutationsnachweis
  • JAK2-Punktmutation Val617Phe

Diagnostische Relevanz

  • Hochspezifischer Nachweis bei myeloproliferativen Neoplasien (Erkrankungen mit vermehrter Bildung von Blutzellen)
  • Abgrenzung gegenüber reaktiven Thrombozytosen oder Erythrozytosen (vorübergehende Zellvermehrung)
  • Bedeutung für Risikostratifizierung (Abschätzung von Thromboserisiken oder Krankheitsverlauf)
  • Grundlage für den Einsatz von JAK-Inhibitoren (zielgerichtete Medikamente)

Das Verfahren

Benötigtes Material

  • EDTA-Blut (Blutprobe mit Gerinnungshemmer)
  • Optional: Knochenmarkaspirat (Punktion des Knochenmarks)

Störfaktoren

  • Stark leukopenische Proben (sehr niedrige Zahl weißer Blutkörperchen) können die Nachweisgrenze beeinflussen
  • Bluttransfusion vor Probenentnahme kann zu falsch-negativen Ergebnissen führen

Methode

  • PCR-basierte Mutationsanalyse (Labormethode zur Vervielfältigung von DNA)
  • Real-Time-PCR (zeitgleiche Messung und Verstärkung der Zielsequenz)
  • Sensitivität bis 1–5 % mutierter Allele (je nach Methode)
  • Optionale Quantifizierung der Allellast zur Verlaufsbeurteilung

Normbereiche (je nach Labor)

  • Negativ – Kein Nachweis der JAK2-V617F-Mutation
  • Positiv – Nachweis der Mutation (ggf. mit Allellast-Angabe in %)
    • Polycythaemia vera: ~95 %
    • Essenzielle Thrombozythämie: ~50-60 %
    • Primäre Myelofibrose: ~50-60 %

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • V. a. chronisch-myeloproliferative Neoplasien (klinischer Verdacht auf Blutstammzellerkrankungen)
  • Abklärung bei:
    • Persistierender Erythrozytose (anhaltend erhöhte Zahl roter Blutkörperchen)
    • Thrombozytose unklarer Genese (ungeklärte Blutplättchenvermehrung)
    • Splenomegalie (Milzvergrößerung)
    • Leukozytose ohne Entzündungszeichen (erhöhte weiße Blutkörperchen)
  • Verlaufs- und Therapiekontrolle bei MPN (myeloproliferative Neoplasie)

Interpretation

Positiver Nachweis

  • Spricht mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine MPN (myeloproliferative Neoplasie)
  • Höhere Allellast (Anteil veränderter Zellen) korreliert mit erhöhter Thromboseneigung und höherem Progressionsrisiko

Negativer Nachweis

  • Schließt MPN nicht aus → ggf. Analyse weiterer Mutationen (z. B. CALR, MPL)

Weiterführende Diagnostik

  • CALR-Mutation (Calreticulin-Genveränderung, v. a. bei JAK2-negativen Fällen)
  • MPL-W515-Mutation (weitere genetische Variante bei MPN)
  • BCR-ABL1-Fusionsnachweis (Ausschluss einer chronisch-myeloischen Leukämie)
  • Knochenmarkpunktion zur histologischen Klassifikation (Untersuchung der Zellveränderungen)
  • Verlaufskontrolle: Quantifizierung der JAK2-Allellast
  • Bestimmung weiterer Risikoparameter: LDH (Laktatdehydrogenase), Retikulozyten, Hämoglobin, Thrombozyten

Literatur

  1. Arber DA et al.: The 2016 revision to the WHO classification of myeloid neoplasms and acute leukemia. Blood. 2016;127(20):2391-2405. doi: 10.1182/blood-2016-03-643544
  2. Klampfl T et al.: Somatic mutations of calreticulin in myeloproliferative neoplasms. N Engl J Med. 2013;369:2379-2390. doi: 10.1056/NEJMoa1311347