Cardiolipin-Antikörper (aCL, IgG/IgM)
Die Cardiolipin-Antikörper (aCL, Autoantikörper gegen bestimmte Zellmembranbestandteile) gehören zur Gruppe der Antiphospholipid-Antikörper und sind essenzielle Marker bei der Diagnostik des Antiphospholipid-Syndroms (APS, erworbene Autoimmunerkrankung mit erhöhter Thrombosegefahr). Sie richten sich gegen cardiolipinbindende Plasmaproteine (insbesondere β2-Glykoprotein-I, Eiweißstoffe im Blut) und sind mit thromboembolischen Ereignissen (Gefäßverschlüssen durch Blutgerinnsel) sowie habituellen Aborten (wiederholten Fehlgeburten) assoziiert.
Das Verfahren
Synonyme
- aCL
- Antiphospholipid-Antikörper gegen Cardiolipin
- Anticardiolipin-Antikörper
Benötigtes Material
-
Serum (Blutflüssigkeit ohne Zellen)
Vorbereitung des Patienten
-
Keine spezielle Vorbereitung erforderlich
Störfaktoren
- Akute Infektionen – können zu vorübergehend positiven aCL-Werten führen
- Hämolyse und Lipämie – beeinträchtigen die Messgenauigkeit (Zerfall roter Blutkörperchen bzw. Fettüberschuss im Blut)
- Medikamente – z. B. Procainamid, Phenytoin oder Penicillin können falsch-positive Reaktionen hervorrufen
- Starke Immunstimulation – etwa nach Impfungen oder bei Autoimmunerkrankungen
Methode
- Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA, enzymbasierter Labortest zur Antikörperbestimmung) – quantitativ
- Alternativ: Multiplex-Immunoassays (mehrfache Antikörpermessung in einem Testsystem)
Messgrößen
- aCL-IgG (IU/ml, internationale Einheiten pro Milliliter)
- aCL-IgM (IU/ml)
Normbereiche (je nach Labor)
- negativ: < 10 IU/ml
- grenzwertig: 10-40 IU/ml
- positiv: > 40 IU/ml
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Verdacht auf primäres oder sekundäres Antiphospholipid-Syndrom (APS)
- Thromboembolische Ereignisse ungeklärter Genese (z. B. Beinvenenthrombose, Lungenembolie, Schlaganfall)
- Habituelle Aborte (≥ 3 Fehlgeburten vor der 10. Schwangerschaftswoche)
- Thrombopenie unklarer Ursache (niedrige Blutplättchenzahl)
- Mitbeteiligung bei Kollagenosen (z. B. systemischer Lupus erythematodes, chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung)
Interpretation
Erhöhte Werte (IgG oder IgM > 40 IU/ml oder > 99. Perzentile):
- Diagnostisch relevant für das APS bei zweimaligem Nachweis im Abstand von ≥ 12 Wochen
- Erhöhtes Risiko für:
- Venöse Thrombosen (z. B. Beinvenenthrombose, Lungenembolie)
- Arterielle Thrombosen (z. B. Schlaganfall)
- Schwangerschaftskomplikationen (z. B. Präeklampsie, intrauteriner Fruchttod)
Falsch-positive Befunde möglich bei:
- Infektionen (z. B. Syphilis, HIV, Hepatitis C)
- Chronischen Entzündungen und Tumorerkrankungen
- Medikamenteneinnahme (siehe oben)
Klinische Bedeutung
Cardiolipin-Antikörper (besonders in Kombination mit Lupus-Antikoagulans oder β2-Glykoprotein-I-Antikörpern) sind zentrale diagnostische Marker für das Antiphospholipid-Syndrom. Die Sensitivität (Treffsicherheit) liegt bei ca. 50-60 %, die Spezifität (Zuverlässigkeit) bei über 90 %, wenn hochpositive IgG-Werte mehrfach nachgewiesen werden.
Weiterführende Diagnostik
- Lupus-Antikoagulans (Gerinnungshemmender Autoantikörper)
- β2-Glykoprotein-I-Antikörper (Autoantikörper gegen Eiweiß auf Zellmembranen)
- Thrombozytenzahl (Anzahl der Blutplättchen)
- Quick-Wert, aPTT, Fibrinogen (Tests zur Blutgerinnung)
- Schwangerschaftsbezogene Verlaufsparameter (z. B. Doppler-Ultraschall)
Literatur
- Miyakis S, et al. International consensus statement on an update of the classification criteria for definite antiphospholipid syndrome (APS). J Thromb Haemost. 2006;4(2):295–306. https://doi.org/10.1111/j.1538-7836.2006.01753.x