Sprunggelenksfraktur – Operative Therapie

Die Sprunggelenksfraktur (Bruch im Bereich des Sprunggelenks) wird anhand von Frakturlokalisation (Ort des Bruchs), Frakturtyp (Art des Bruchs), Gelenkbeteiligung (Beteiligung der Gelenkflächen), Syndesmosenstatus (Zustand der Bandverbindung zwischen Schienbein und Wadenbein) und Dislokationsgrad (Ausmaß der Verschiebung) klassifiziert. Ziel der operativen Therapie (chirurgische Behandlung) ist die anatomische Wiederherstellung der Gelenkflächen, die stabile Rekonstruktion der Sprunggelenkgabel (knöcherne Führung des Sprunggelenks) sowie die Ermöglichung einer frühfunktionellen Mobilisation (früher Beginn der Bewegung) zur Vermeidung posttraumatischer Folgeschäden (Spätfolgen nach einer Verletzung) [1, 4].

Indikationen

Die Osteosynthese (operative Fixierung von Knochen) – operative Stabilisierung der Fraktur durch Implantate wie Platten, Schrauben oder Drähte – ist evidenzbasiert indiziert bei instabilen (nicht ausreichend stabilen), dislozierten (verschobenen) oder intraartikulären Frakturen (Brüchen mit Gelenkbeteiligung) des oberen Sprunggelenks [1-3, 5, 6].

  • Dislokation – relevante Achsabweichung, Rotationsfehlstellung oder Gelenkstufe (Stufenbildung der Gelenkfläche) > 2 mm; bereits geringe Inkongruenzen (Unregelmäßigkeiten der Gelenkfläche) können die tibiotalare Kontaktfläche (Kontaktfläche zwischen Schienbein und Sprungbein) erheblich reduzieren [1, 3].
  • Instabile Fraktur – fehlende mechanische Stabilität der Sprunggelenkgabel, insbesondere bei kompletter Ruptur des Deltabandkomplexes (vollständiger Riss des inneren Sprunggelenkbandes) oder insuffizienter Syndesmose (unzureichender Halt der Bandverbindung zwischen Schien- und Wadenbein) [3, 5 ,6].
  • Bimalleoläre oder trimalleoläre Fraktur – strukturelle Instabilität des oberen Sprunggelenks mit hohem Risiko sekundärer Fehlstellungen (nachträglicher Fehlheilungen) ohne operative Rekonstruktion [1, 4].
  • Intraartikuläre Fraktur – relevante Beteiligung der Gelenkfläche mit Inkongruenz und erhöhter Arthroserate (Risiko für Gelenkverschleiß) bei nicht anatomischer Reposition (exakter Wiederherstellung der Knochenstellung) [1, 3].
  • Syndesmosenverletzung – nachgewiesene Instabilität der distalen Tibiofibulargabel (untere Verbindung von Schien- und Wadenbein) mit zwingender operativer Stabilisierung [6, 9].
  • Hohe funktionelle Anforderungen – beruflich oder sportlich aktive Patienten, bei denen eine stabile, belastbare Rekonstruktion erforderlich ist [5].

Absolute Operationsindikationen

In den folgenden Situationen ist eine zeitnahe operative Versorgung zwingend erforderlich, da konservative Maßnahmen (nicht operative Behandlung) keine suffiziente Stabilität oder Gefährdungsreduktion gewährleisten [1, 3, 6]:

  • Offene Sprunggelenksfraktur (Bruch mit offener Wunde)
  • Gefäß- oder Nervenverletzung (Verletzung von Blutgefäßen oder Nerven)
  • Irreponible Fraktur (nicht einrichtbarer Bruch) oder Luxationsfraktur (Bruch mit Ausrenkung)
  • Instabile intraartikuläre Fraktur mit relevanter Gelenkstufe
  • Kompartmentsyndrom (akute Druckerhöhung im Muskelgewebe)

Operationsverfahren

  • Plattenosteosynthese der Fibula (operative Fixierung des Wadenbeins mit einer Platte) – anatomische Reposition und Fixation mittels lateraler, ggf. winkelstabiler Platte; Standardverfahren bei instabilen Außenknöchelfrakturen (Brüchen des äußeren Sprunggelenkanteils) [1, 4].
  • Schraubenosteosynthese des medialen Malleolus (Fixierung des inneren Sprunggelenkanteils mit Schrauben) – Fixation mittels Zugschrauben oder Zuggurtung bei Innenknöchelfrakturen zur Wiederherstellung der medialen Stabilität (Stabilität auf der Innenseite) [1].
  • Fixation des posterioren Malleolus (Fixierung des hinteren Sprunggelenkanteils) – Schrauben- oder Plattenosteosynthese bei relevanter Fragmentgröße oder signifikanter Beteiligung der Gelenkfläche; entscheidend für die dorsale Stabilität (Stabilität nach hinten) der Sprunggelenkgabel [4, 6].
  • Syndesmosenstabilisierung (operative Stabilisierung der Bandverbindung zwischen Schien- und Wadenbein) – operative Fixation mittels transsyndesmotischer Schraube oder dynamischem Fixationssystem bei intraoperativ nachgewiesener Instabilität; Ziel ist die Wiederherstellung der anatomischen Gabelweite (normaler Abstand der Knochen) [6, 9].
  • Fixateur externe (äußeres Stabilisierungssystem) – temporär oder definitiv bei schweren Weichteilschäden (Verletzungen von Haut und Weichteilen), Polytrauma (Mehrfachverletzungen) oder Hochenergietrauma (Unfälle mit hoher Krafteinwirkung) als Bestandteil eines stufenweisen operativen Vorgehens [6].

Postoperative Nachsorge

  • Ruhigstellung – initiale Immobilisation (Bewegungseinschränkung) abhängig von Frakturtyp, Osteosynthese und Weichteilsituation [1].
  • Belastungsaufbau – stufenweise Mobilisation entsprechend der erreichten Stabilität; Ziel ist eine frühfunktionelle Rehabilitation (frühe Wiederherstellung der Beweglichkeit) [5, 6].
  • Physiotherapie (krankengymnastische Behandlung) – frühzeitige Mobilisation zur Vermeidung von Gelenksteife (Bewegungseinschränkung des Gelenks) und Muskelatrophie (Muskelabbau) [1].
  • Röntgenkontrollen – Verlaufskontrollen zur Beurteilung der Frakturheilung, Implantatlage und Gabelstabilität [6].

Mögliche Komplikationen

  • Wundheilungsstörungen und Infektionen – insbesondere bei kompromittierter Weichteilsituation oder relevanten Begleiterkrankungen (zusätzlichen Erkrankungen) [6, 10].
  • Sekundäre Dislokation (nachträgliche Verschiebung) oder Implantatversagen (Versagen des eingesetzten Materials) – bei unzureichender Stabilität oder vorzeitiger Überlastung [1, 6].
  • Syndesmoseninsuffizienz (unzureichende Stabilität der Syndesmose) – mit konsekutiver chronischer Instabilität (dauerhafter Instabilität) und Funktionsverlust [6, 9].
  • Posttraumatische Arthrose des oberen Sprunggelenks (Gelenkverschleiß nach Verletzung) – trotz operativer Versorgung möglich, insbesondere bei residualer Inkongruenz (verbleibender Gelenkunregelmäßigkeit) [1, 3].
  • Komplexes regionales Schmerzsyndrom (chronische Schmerzreaktion nach Verletzung) – seltene, aber relevante funktionelle Komplikation [6].

Fazit

Die operative Therapie der Sprunggelenksfraktur ist bei instabilen, dislozierten oder intraartikulären Frakturen evidenzbasiert indiziert. Entscheidend für ein gutes funktionelles Ergebnis sind die korrekte Indikationsstellung, die anatomische Rekonstruktion der Gelenkflächen und der Sprunggelenkgabel sowie eine strukturierte postoperative Nachbehandlung. Eine unkritische Ausweitung der Operationsindikationen bei stabilen Frakturmustern ist aufgrund vergleichbarer funktioneller Ergebnisse und relevanter operationsassoziierter Komplikationsraten nicht gerechtfertigt [2, 6, 10].

Literatur

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  3. Lampridis V, Gougoulias N, Sakellariou A. Stability in ankle fractures: diagnosis and treatment. EFORT Open Reviews. 2018;3(5):294-303. https://doi.org/10.1302/2058-5241.3.170057
  4. AO Foundation; Müller ME, Nazarian S, Koch P, Schatzker J. The Comprehensive Classification of Fractures of Long Bones. Berlin, Heidelberg: Springer; 1990. https://doi.org/10.1007/978-3-642-61261-9
  5. Sanders DW, Tieszer C, Corbett B; Canadian Orthopaedic Trauma Society. Operative versus nonoperative treatment of unstable lateral malleolar fractures: a randomized multicenter trial. Journal of Orthopaedic Trauma. 2012;26(3):129-134. https://doi.org/10.1097/BOT.0b013e3182460837
  6. Lampridis V, Gougoulias N, Sakellariou A. Stability in ankle fractures: Diagnosis and treatment. EFORT Open Rev. 2018;3(5):294-303. https://doi.org/10.1302/2058-5241.3.170057
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  8. Gregersen MG, Robinson HS, Molund M. Concomitant Unstable and Stable Gravity Stress Tests on Weight-Bearing Stable Weber B Ankle Fractures Treated Nonoperatively: A 2-Year Outcome Study. J Bone Joint Surg Am. 2023;105(18):1435-1441. https://doi.org/10.2106/JBJS.23.00195
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  10. Nortunen S, Lepojärvi S, Savola O, Niinimäki J, Ohtonen P, Flinkkilä T, Pakarinen H. Stability assessment of the ankle mortise in supination-external rotation-type ankle fractures: lack of additional diagnostic value of MRI. J Bone Joint Surg Am. 2014;96(22):1855-1862. https://doi.org/10.2106/JBJS.M.01533