Muttermilch oder Flaschennahrung: Was ist gesünder für Babys?

Die Ernährung in den ersten Lebensmonaten legt die Grundlage für die körperliche und seelische Entwicklung eines Kindes. Fachgesellschaften wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfehlen ein ausschließliches Stillen in den ersten sechs Lebensmonaten. Dennoch gibt es Situationen, in denen eine Ernährung mit Flaschennahrung sinnvoll oder notwendig ist. Eine informierte, individuell passende Entscheidung ist daher von zentraler Bedeutung.

Vorteile des Stillens

Stillen bietet zahlreiche Vorteile für das Kind und die Mutter, die sowohl kurzfristig als auch langfristig wirken.

  • Stärkung des Immunsystems
    Muttermilch enthält Antikörper, Immunzellen und Enzyme, die das Immunsystem unterstützen. Das besonders nährstoffreiche Kolostrum (Vormilch) in den ersten Tagen nach der Geburt schützt den Säugling vor Infektionen.
  • Schutz vor Erkrankungen
    Gestillte Kinder haben ein niedrigeres Risiko für Atemwegsinfekte, Mittelohrentzündungen, Durchfallerkrankungen und den plötzlichen Kindstod (SIDS) [1].
  • Optimale Nährstoffversorgung
    Die Zusammensetzung der Muttermilch passt sich laufend den Bedürfnissen des Kindes an – selbst innerhalb einer Mahlzeit. Zu Beginn stillt sie den Durst, gegen Ende liefert sie mehr Fett zur Sättigung.
  • Förderung der Entwicklung
    Stillen unterstützt die Reifung des Verdauungssystems und kann die kognitive Entwicklung sowie schulische Leistungen positiv beeinflussen [1].
  • Allergieprotektion
    Stillen verringert das Risiko für Allergien, Asthma bronchiale und atopische Erkrankungen wie Neurodermitis [2].
  • Vorteile für die Mutter
    Stillen fördert die Rückbildung der Gebärmutter, unterstützt den Gewichtsabbau und senkt langfristig das Risiko für Mamma- und Ovarialkarzinom (Brust- und Eierstockkrebs) [3].
  • Praktisch und kostengünstig
    Muttermilch steht jederzeit steril, in der richtigen Temperatur und kostenfrei zur Verfügung.

Herausforderungen beim Stillen

Der Stillstart kann schwierig sein. Häufige Probleme sind wunde Brustwarzen, Schmerzen, das Gefühl einer zu geringen Milchmenge oder Unsicherheiten im Handling. Frühzeitige Unterstützung durch Hebammen, Stillberaterinnen und Ärztinnen ist entscheidend, um Komplikationen vorzubeugen und den Stillprozess zu stabilisieren.

Wann Flaschennahrung eine sinnvolle Alternative ist

Moderne Säuglingsanfangsnahrung ist streng kontrolliert und enthält alle wichtigen Nährstoffe, die ein Baby benötigt. Auch wenn sie die immunologischen Vorteile der Muttermilch nicht ersetzen kann, stellt sie eine sichere Alternative dar, wenn Stillen nicht möglich ist.

Indikationen für Flaschennahrung:

  • Bestimmte Erkrankungen von Mutter oder Kind (z. B. Infektion mit B-Streptokokken, Covid-19, HIV-Infektion, Hepatitis B und C)
  • Einnahme von Medikamenten, die nicht stillverträglich sind (z. B. Zytostatika (Chemotherapie), bestimmte Immunsuppressiva (z. B. Cyclophosphamid, Methotrexat), Radiojodtherapie, hoch dosierte Lithiumtherapie)
  • Mangelnde Milchbildung trotz professioneller Stillunterstützung
  • Starke psychische Belastung oder Erschöpfung

Vorteile der Flaschenernährung:

  • Planbarkeit und Flexibilität – auch andere Bezugspersonen können füttern
  • Kontrolle über die Trinkmenge
  • Entlastung der Mutter in belastenden Situationen

Risikofaktoren für frühes Abstillen

Frühes Abstillen ist mit einem erhöhten Risiko für Infektionen, Übergewicht und allergische Erkrankungen verbunden [2]. Risikofaktoren für ein vorzeitiges Abstillen sind:

  • Berufliche oder organisatorische Belastungen
  • Rauchen, Alkohol oder bestimmte Medikamente
  • Fehlendes Wissen über Stilltechniken und Vorteile des Stillens

Präventiv sind daher Aufklärung, Stillberatung und soziale Unterstützung entscheidend.

Fazit

Stillen ist aus medizinischer Sicht die beste Form der Ernährung in den ersten Lebensmonaten. Es stärkt die Abwehrkräfte, schützt vor Erkrankungen, unterstützt die Entwicklung und fördert die Mutter-Kind-Bindung. Dennoch ist Flaschennahrung eine sichere, regulierte Alternative, wenn Stillen nicht möglich oder nicht gewünscht ist. Entscheidend ist eine individuelle, wertfreie Beratung, die die gesundheitlichen Aspekte, aber auch die persönlichen Lebensumstände der Familie berücksichtigt.

Literatur

  1. Victora CG, Bahl R, Barros AJ et al.: Breastfeeding in the 21st century: epidemiology, mechanisms, and lifelong effect. Lancet. 2016;387(10017):475-490. doi:10.1016/S0140-6736(15)01024-7.
  2. Lodge CJ, Tan DJ, Lau MX et al.: Breastfeeding and asthma and allergies: a systematic review and meta-analysis. Acta Paediatr. 2015;104(467):38-53. doi:10.1111/apa.13132.
  3. Chowdhury R, Sinha B, Sankar MJ et al.: Breastfeeding and maternal health outcomes: a systematic review and meta-analysis. Acta Paediatr. 2015;104(467):96-113. doi:10.1111/apa.13102.