Energiebedarf in der Stillzeit: Wie viele Kalorien zusätzlich notwendig sind
Die Milchbildung erfordert täglich große Energiemengen. Für die Produktion von rund 800-850 ml Muttermilch werden etwa 600-670 Kilokalorien benötigt. Ein Teil dieses Bedarfs wird durch in der Schwangerschaft angelegte Fettdepots gedeckt, der Rest sollte über die Ernährung aufgenommen werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt daher für die ersten 4-6 Monate des ausschließlichen Stillens eine zusätzliche Energiezufuhr von etwa 500 Kilokalorien pro Tag [1]. Bei teilweisem Stillen fällt der Mehrbedarf geringer aus, lässt sich aber nicht pauschal angeben und muss individuell beurteilt werden.
Konkrete Beispiele für +500 kcal
Viele Patientinnen können mit einer Zahl allein wenig anfangen. Hilfreich ist eine praktische Vorstellung, wie sich 500 kcal in Alltagsmahlzeiten zusammensetzen – zum Beispiel:
- 1 Vollkornbrot mit Käse + 1 Apfel + 1 Handvoll Nüsse
- 1 Joghurt mit Beeren und Haferflocken
- 1 Portion Linsensuppe mit etwas Öl und Brot
Flüssigkeitsbedarf
Neben Energie ist die Flüssigkeitszufuhr entscheidend. Stillende Frauen benötigen im Schnitt rund 2-2,5 Liter pro Tag, am besten über Wasser, ungesüßte Tees und Saftschorlen. Zu wenig Flüssigkeit kann die Milchbildung beeinträchtigen.
Gewichtsentwicklung nach der Geburt
Viele Frauen erleben in der Stillzeit einen gesteigerten Appetit – ein natürlicher Mechanismus, um den erhöhten Bedarf zu decken. Gleichzeitig verlieren Stillende meist leichter an Gewicht als Mütter, die nicht stillen. Der Energieverbrauch durch die Laktation unterstützt eine schonende und meist natürliche Gewichtsabnahme.
Strenge Diäten oder stark kalorienreduzierte Kost sind nicht empfehlenswert, da sie die Milchproduktion verringern können. Eine ausgewogene Ernährung sichert nicht nur die eigene Gesundheit, sondern auch die optimale Nährstoffversorgung des Kindes.
Nährstoffe mit besonderer Bedeutung
Neben der Energiezufuhr sind bestimmte Mikronährstoffe in der Stillzeit wichtig:
- Jod: Der Bedarf steigt deutlich an, oft wird ein Supplement von 100-150 µg empfohlen.
- Omega-3-Fettsäuren (DHA): unterstützen die Entwicklung von Gehirn und Sehkraft beim Kind
- Vitamin D: relevant für Knochengesundheit und Immunsystem
- Eiweiß: Hochwertige Eiweißquellen (Milchprodukte, Hülsenfrüchte, Fisch, mageres Fleisch) tragen zu einer stabilen Versorgung bei.
Fazit
Stillende Frauen haben einen klar erhöhten Energie- und Nährstoffbedarf. Eine zusätzliche Energiezufuhr von rund 500 Kilokalorien täglich reicht in der Regel aus, um den Mehrbedarf zu decken. Für die Praxis gilt: Ärztinnen und Ärzte sollten die Versorgung mit Jod, Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren gezielt ansprechen, während Patientinnen auf eine abwechslungsreiche, ausgewogene Ernährung achten sollten.
Literatur
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Referenzwerte: Energie. DGE; 2024. Verfügbar unter: www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/energie/
- Cloetens L, Ellegård L: Energy – a scoping review for the Nordic Nutrition Recommendations 2023 project. Food Nutr Res. 2023;67:10233. doi: 10.29219/fnr.v67.10233.
- Bravi F, Wiens F, Decarli A, Dal Pont A, Agostoni C, Ferraroni M: Impact of maternal nutrition on breast-milk composition: a systematic review. Am J Clin Nutr. 2016;104(3):646-662. doi: 10.3945/ajcn.115.120881.