Allergien und Unverträglichkeiten – Ernährung der Mutter bei familiärer Belastung

Allergische Erkrankungen wie atopisches Ekzem (Neurodermitis), allergische Rhinits (Heuschnupfen), Asthma bronchiale oder Nahrungsmittelallergien nehmen weltweit zu. Eine familiäre Belastung – etwa durch Eltern oder Geschwister mit Allergien – stellt einen der stärksten Risikofaktoren für die Entwicklung einer Allergie beim Kind dar. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Ernährung der Mutter während Schwangerschaft und Stillzeit zunehmend an Bedeutung, sowohl in der Prävention als auch in der klinischen Beratung.

Bedeutung der familiären Belastung

Kinder mit einem betroffenen Elternteil haben ein Risiko von 20-40 %, bei beidseitiger Belastung steigt es auf 40-60 % [1]. Die genetische Disposition beeinflusst die Wahrscheinlichkeit für eine allergische Manifestation, doch Umwelt- und Ernährungsfaktoren modulieren das tatsächliche Auftreten entscheidend.

Ernährung in der Schwangerschaft

Eine generelle Allergenvermeidung in der Schwangerschaft wird nicht empfohlen. Restriktive Diäten können zu Nährstoffdefiziten führen, die sowohl die mütterliche als auch die kindliche Gesundheit gefährden. Wichtiger ist eine ausgewogene, nährstoffreiche Ernährung mit Betonung auf frischem Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, hochwertigen Proteinquellen und Omega-3-Fettsäuren (z. B. aus Fisch). Studien weisen darauf hin, dass eine ausreichende Aufnahme mehrfach ungesättigter Fettsäuren (Eicosapentaensäure (EPA), Docosahexaensäure (DHA)) das Risiko für atopische Erkrankungen beim Kind (z. B. atopisches Ekzem (Neurodermitis)) reduzieren kann [2].

Besonders relevant ist die Vermeidung eines Mangels an Vitamin D, da niedrige Spiegel mit einem höheren Allergierisiko assoziiert sind [3]. Auch ein ausreichender Folsäurestatus sollte sichergestellt werden.

Ernährung in der Stillzeit

Stillen gilt als der wichtigste präventive Faktor. Exklusives Stillen in den ersten 4-6 Monaten wird von allen Fachgesellschaften empfohlen [1, 4].
Eine pauschale Meidung allergener Lebensmittel (z. B. Kuhmilch, Nüsse, Ei) durch die Mutter während der Stillzeit zeigt keinen klaren präventiven Effekt und wird deshalb nicht routinemäßig empfohlen. Nur wenn die Mutter selbst eine Allergie hat oder wenn das Kind eindeutige Reaktionen zeigt (z. B. Blut im Stuhl, Ekzemschübe), kann eine diagnostisch gestützte Eliminationsdiät sinnvoll sein.

Einführung von Beikost

Die Einführung potentiell allergener Beikost (Erdnüsse, Ei, Fisch, Gluten) sollte nicht verzögert werden. Vielmehr zeigt die aktuelle Evidenz, dass eine Einführung zwischen dem 4. und 6. Lebensmonat, während noch gestillt wird, das Risiko einer Nahrungsmittelallergie senken kann [4, 5]. Hier sind strukturierte Empfehlungen an die Eltern essenziell.

Praktische Tipps für die Beratung

  • Keine restriktiven Diäten ohne klare Indikation.
  • Empfehlung einer ausgewogenen Ernährung mit Fokus auf Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D und Antioxidantien.
  • Supplementierung von Vitamin D in Schwangerschaft und Stillzeit entsprechend der Leitlinien.
  • Exklusives Stillen für 4-6 Monate.
  • Beikosteinführung im empfohlenen Zeitfenster mit kontrollierter Gabe allergener Lebensmittel.
  • Enge interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Ernährungsberatung und ggf. pädiatrischer Allergologie.

Prävention durch Probiotika und Mikrobiom

Mehrere Studien weisen auf einen potentiell protektiven Effekt von probiotischen Supplementen in Schwangerschaft und Stillzeit hin, vor allem im Hinblick auf atopische Dermatitis (Neurodermitis) beim Kind [2]. Entscheidend ist jedoch die stammspezifische Wirkung.

  • Lactobacillus rhamnosus GG (LGG): Am besten untersucht, mit belegtem Effekt auf die Senkung des Risikos für atopische Dermatitis beim Kind [6].
  • Bifidobacterium breve M-16V: Hinweise auf protektive Wirkung bei allergischer Sensibilisierung [7].
  • Lactobacillus reuteri DSM 17938: Immunmodulierende Effekte beschrieben, jedoch heterogene Datenlage [8].
  • Kombinationen mehrerer Stämme: Möglicherweise synergistische Wirkungen, vor allem in Kombination aus Lactobacillus- und Bifidobakterien-Stämmen.

Eine Supplementierung ist bei familiär hohem Allergierisiko erwägenswert, sollte aber gezielt ausgewählt und interdisziplinär abgestimmt werden.

Literatur

  1. Halken S, Muraro A, de Silva D et al.: EAACI guideline: Preventing the development of food allergy in infants and young children (2020 update). Pediatr Allergy Immunol. 2021;32(5):843-858. doi: 10.1111/pai.13496.
  2. Venter C, Agostoni C, Arasi S, Fox AT et al.: Dietary factors during pregnancy and atopic outcomes in childhood: A systematic review from the European Academy of Allergy and Clinical Immunology. Pediatr Allergy Immunol. 2020;31(11):1223-1247. doi: 10.1111/pai.13303.
  3. Waidyatillake NT, Dharmage SC, Allen KJ, Bowatte G et al.: Association between the age of solid food introduction and eczema: A systematic review and a meta-analysis. Clin Exp Allergy. 2018;48(8):1000-1015. doi: 10.1111/cea.13140.
  4. Greer FR, Sicherer SH, Burks AW; Committee on Nutrition; Section on Allergy and Immunology: The Effects of Early Nutritional Interventions on the Development of Atopic Disease in Infants and Children. Pediatrics. 2019;143(4):e20190281. doi: 10.1542/peds.2019-0281.
  5. Ierodiakonou D, Garcia-Larsen V, Logan A et al. Timing of Allergenic Food Introduction to the Infant Diet and Risk of Allergic or Autoimmune Disease: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA. 2016;316(11):1181-1192. doi: 10.1001/jama.2016.12623.