Vegetarische Ernährung in der Schwangerschaft: Schadet sie dem Baby?

Eine vegetarische Ernährung in der Schwangerschaft wird oft kritisch hinterfragt. Grundsätzlich gilt: Auch als Vegetarierin kann ein gesundes Kind geboren werden, wenn die Ernährung gezielt geplant wird und potenzielle Nährstofflücken durch geeignete Lebensmittel oder Supplemente ausgeglichen werden. Denn: Der Verzehr von Milch und Milchprodukten sowie Eiern (ovo-lacto-vegetarische Ernährung) kann bei gezielter Lebensmittelauswahl auch in der Schwangerschaft den Bedarf an den meisten Nährstoffen decken.

Proteinversorgung und essentielle Aminosäuren

Der Körper benötigt essentielle Aminosäuren, die nicht selbst gebildet werden können und daher über die Nahrung zugeführt werden müssen. Bei vegetarischer Ernährung ist die richtige Kombination eiweißhaltiger Lebensmittel entscheidend. Durch die Kombination verschiedener pflanzlicher Eiweißquellen mit tierischen Produkten wie Milch oder Eiern entsteht eine hohe biologische Wertigkeit.

Sinnvolle Kombinationen sind zum Beispiel:

  • Kartoffeln mit Ei
  • Kartoffeln mit Quark
  • Milch, Quark oder Käse mit Brot und Getreideprodukten
  • Hülsenfrüchte (Erbsen, Linsen, Bohnen) mit Brot, Milch oder Quark

Die Eiweißquellen müssen nicht in einer Mahlzeit kombiniert werden – es reicht, wenn dies über den Tag verteilt geschieht.

Kritische Nährstoffe bei vegetarischer Ernährung in der Schwangerschaft

Auch bei ausgewogener Ernährung können bestimmte Mikronährstoffe in unzureichender Menge aufgenommen werden. Besonders bei Vegetarierinnen besteht ein erhöhtes Risiko für Defizite an:

  • Vitamin B12: essentiell für die Blutbildung und neurologische Entwicklung des Kindes; eine Supplementation ist dringend empfohlen
  • Vitamin D: wichtig für Knochenaufbau und Immunsystem; die Versorgung ist in Mitteleuropa oft unzureichend
  • Eisen: erhöhtes Risiko für Eisenmangelanämie in der Schwangerschaft; pflanzliches Eisen ist schlechter bioverfügbar als tierisches
  • Calcium: zentral für Knochen- und Zahnentwicklung
  • Jod: notwendig für die Schilddrüsenhormonbildung, die für die kindliche Gehirnentwicklung essentiell ist
  • Selen: antioxidative Funktion; Einfluss auf Schilddrüsenstoffwechsel
  • Zink: beteiligt an Zellteilung und Immunsystem
  • Vitamin B6: wichtig für Aminosäurestoffwechsel und Nervensystem

Omega-3-Fettsäuren als besonderer Fokus

Bei Verzicht auf Fisch ist die Versorgung mit den langkettigen Omega-3-Fettsäuren Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA) kritisch. Diese Fettsäuren sind für die Gehirn- und Netzhautentwicklung des Fetus bedeutsam. Hier wird eine Supplementierung mit DHA aus Mikroalgen empfohlen [1, 2].

Praktische Empfehlungen

  • Eine ovo-lacto-vegetarische Ernährung (mit Milchprodukten und Eiern) kann den Bedarf an den meisten Nährstoffen decken.
  • Ergänzende Nahrungsergänzungsmittel sind sinnvoll, insbesondere für Vitamin B12, Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren (DHA/EPA), Eisen und Jod.
  • Eine regelmäßige Kontrolle der Blutwerte ist empfehlenswert, um Defizite rechtzeitig zu erkennen.

Literatur

  1. Richter M, Boeing H, Grünewald-Funk D, Heseker H, Kroke A, Leschik-Bonnet E, Oberritter H, Strohm D, Watzl B. Vegane Ernährung: Position der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). Ernährungs Umschau. 2016;63(04):92-102. doi: 10.4455/eu.2016.021.
  2. Piccoli GB, Clari R, Vigotti FN, Leone F, Attini R, Cabiddu G, Mauro G, Castelluccia N, Colombi N, Capizzi I, Pani A. Vegan-vegetarian diets in pregnancy: Danger or panacea? A systematic narrative review. BJOG. 2015;122(5):623-33. doi: 10.1111/1471-0528.13280.