Kaffee, schwarzer Tee und Koffein in der Schwangerschaft: Wie viel ist erlaubt?
Kaffee am Morgen, ein Glas Cola zum Mittagessen oder schwarzer Tee am Nachmittag – für viele Menschen gehören koffeinhaltige Getränke zum Alltag. In der Schwangerschaft stellt sich jedoch die Frage: Wie viel Koffein ist noch erlaubt, ohne Mutter und Kind zu gefährden? Ein kompletter Verzicht ist nicht zwingend notwendig, doch aktuelle wissenschaftliche Daten zeigen klar, dass Vorsicht geboten ist [2].
Warum ist Koffein in der Schwangerschaft ein Problem?
Koffein ist eine psychoaktive Substanz, die anregend wirkt. Während Erwachsene Koffein meist problemlos abbauen können, sieht es in der Schwangerschaft anders aus:
- Über die Plazenta (Mutterkuchen) gelangt Koffein fast ungehindert zum Kind.
- Das Ungeborene besitzt nur eine sehr eingeschränkte Fähigkeit, Koffein abzubauen, sodass sich die Substanz im Körper des Babys anreichern kann.
- Mit fortschreitender Schwangerschaft verlängert sich die Halbwertszeit von Koffein im Körper der Mutter deutlich. Das bedeutet, dass Koffein länger im Blut bleibt und somit auch das Kind stärker belastet wird.
- Auch in der Stillzeit gelangt Koffein über die Muttermilch in den Organismus des Babys. Neugeborene – vor allem in den ersten sechs Lebensmonaten – verfügen noch nicht über die Enzyme, die für den Koffeinabbau notwendig sind [1, 2].
Empfohlene Grenzwerte
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat klare Empfehlungen formuliert [1]:
- Erwachsene: Bis zu 400 mg Koffein pro Tag gelten als unbedenklich.
- Schwangere und Stillende: maximal 200 mg pro Tag
- Kinder und Jugendliche: maximal 3 mg pro Kilogramm Körpergewicht und Tag, wobei die Hauptquelle Energy-Drinks sind
Das bedeutet für Schwangere: zwei Tassen Kaffee oder drei bis vier Tassen schwarzen Tee sind die Obergrenze.
Koffeingehalt verschiedener Getränke
Da die Mengen stark schwanken, ist es wichtig, die typischen Werte zu kennen:
- Kaffee (150 ml): 50-150 mg Koffein
- Schwarzer Tee (150 ml): 30-60 mg
- Cola (330 ml): bis 60 mg
- Energy-Drink (250 ml): bis 80 mg
Schon mit vier Tassen normal starkem Kaffee (ca. 400 mg Koffein) wird die sichere Grenze überschritten [2].
Risiken bei hohem Koffeinkonsum
Ein gewohnheitsmäßiger, hoher Kaffeekonsum – also mehr als vier Tassen pro Tag – kann die Schwangerschaft und die Entwicklung des Kindes nachweislich negativ beeinflussen:
- Fehlgeburten, Frühgeburten und Totgeburten: Bereits bei einer täglichen Zufuhr von 400 mg Koffein steigt das Risiko deutlich an [2].
- Niedriges Geburtsgewicht: Kinder, deren Mütter viel Koffein konsumieren, wiegen bei der Geburt oft weniger.
- Small for gestational age (SGA): Das bedeutet, dass das Kind im Verhältnis zum Schwangerschaftsalter zu klein ist.
Eine große Übersicht von Studien zeigt:
- Von 37 Beobachtungsstudien berichteten 32 von einem signifikant erhöhten Risiko.
- Von 17 Metaanalysen bestätigten 14 den Zusammenhang zwischen Koffeinkonsum und negativen Schwangerschaftsausgängen [2].
Auswirkungen auf das Neugeborene
Bei Kindern von Müttern mit hohem Koffeinkonsum traten auch nach der Geburt Auffälligkeiten auf:
- Entzugserscheinungen: Unruhe, Zittern und Schlafprobleme beim Neugeborenen
- Herzrhythmusstörungen: In Einzelfällen hielten diese Störungen noch Tage nach der Geburt an [2].
Mögliche Langzeitfolgen
Diskutiert wird außerdem ein Zusammenhang zwischen regelmäßig hohem Koffeinkonsum in der Schwangerschaft und einem erhöhten Risiko für Diabetes im späteren Leben des Kindes. Wissenschaftler vermuten, dass Koffein die Entwicklung der Pankreaszellen (Bauchspeicheldrüsenzellen) stört, die für die Insulinproduktion verantwortlich sind [2].
Koffein und Nährstoffhaushalt
Neben den direkten Risiken für das Kind wirkt Koffein auch auf den Nährstoffstoffwechsel der Mutter:
- Eisenaufnahme: Koffein hemmt die Aufnahme von Eisen aus dem Darm. Das ist kritisch, weil Schwangere ohnehin ein erhöhtes Risiko für Eisenmangelanämien haben.
- Calciumausscheidung: Koffein regt die Nieren an, die Harnproduktion steigt. Dabei wird auch vermehrt Calcium ausgeschieden – ein Mineralstoff, der in der Schwangerschaft besonders wichtig ist.
Dadurch kann Koffein indirekt zu Nährstoffdefiziten beitragen, wenn die Ernährung nicht entsprechend angepasst ist.
Empfehlungen für die Praxis
- Die Koffeinzufuhr sollte auf maximal 200 mg pro Tag begrenzt werden [1].
- Wer auf Nummer sicher gehen möchte, reduziert den Konsum noch stärker oder verzichtet ganz.
- Kaffee und Tee sollten nicht gleichzeitig mit eisenreichen Mahlzeiten getrunken werden, um die Eisenaufnahme nicht zu behindern.
- Versteckte Koffeinquellen berücksichtigen: Cola, Energy-Drinks, Schokolade, Mate oder Guaraná.
- In der Stillzeit auf moderaten Konsum achten, da Babys Koffein nur schwer abbauen können.
Wer also Kaffee, Tee oder Cola trinkt, sollte den Konsum bewusst einschränken – und im Zweifel lieber auf koffeinfreie Alternativen zurückgreifen.
Literatur
- EFSA NDA Panel (EFSA Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies): Scientific Opinion on the safety of caffeine. EFSA Journal 2015; 13 (5): 4102
- James JE: Maternal caffeine consumption and pregnancy outcomes: a narrative review with implications for advice to mothers and mothers-to-be. BMJ Evidence-Based Medicine 2020 http://dx.doi.org/10.1136/bmjebm-2020-111432