Rauchen in der Schwangerschaft und Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung
Nutzen Sie die Schwangerschaft, um Nichtraucherin zu werden. Durch das Inhalieren des Zigarettenrauchs nimmt der mütterliche Organismus Nikotin und weitere Schadstoffe auf, die über die Plazenta (Mutterkuchen) in das ungeborene Kind und nach der Geburt über die Muttermilch in den Säugling gelangen.
Das von der Mutter aufgenommene Nikotin verhindert den Austausch von Nähr-, Vitalstoffen und Sauerstoff über die Plazenta so stark, dass bereits das Rauchen von zehn Zigaretten täglich zu einer Unterentwicklung des Kindes im Mutterleib führt. Bei starken Raucherinnen lassen sich im Vergleich zu Nichtraucherinnen zudem vermehrt Fehl- und Frühgeburten nachweisen [1, 2].
Bitten Sie auch Ihren Mann, falls er Raucher ist, das Rauchen einzustellen, da Sie und Ihr Baby mitrauchen.
Tabakrauch als Risikofaktor
Tabakrauch ist insbesondere während der Schwangerschaft der wichtigste zu berücksichtigende Risikofaktor, da rauchende Schwangere zum einen ihren Schwangerschaftsverlauf und zum anderen die Gesundheit ihres Kindes gefährden. Die schädigenden Giftstoffe des Zigarettenrauchs erreichen über die Nabelschnurgefäße und die Plazenta direkt den Fetus.
Nikotin verschlechtert die Durchblutung in der Gebärmutter und in der Plazenta, wodurch das ungeborene Kind nur noch unzureichend mit Sauerstoff versorgt wird. Bereits zwanzig Minuten nach jeder Zigarette hat der Fetus dieselbe Nikotinkonzentration im Blut wie die rauchende Mutter. Das führt zu einem schnelleren Herzschlag sowie zu Störungen in der Gehirnentwicklung. Nikotin wirkt stark gefäßverengend, was Gefäßkrämpfe, Gefäßverschlüsse, Gewebstod und sogar Missbildungen an Gliedmaßen hervorrufen kann [1].
Kohlenmonoxid verschlechtert zusätzlich die Sauerstoffversorgung, da es den Sauerstoff von den Erythrozyten (roten Blutkörperchen) verdrängt. Schon bei regelmäßigem Konsum von sieben Zigaretten zeigen sich Entwicklungsstörungen. Diese können nicht nur in der Kindheit, sondern auch im späteren Leben fortbestehen.
Schwangerschaft – Tabakkonsum und geistige Entwicklung des Kindes
Tabakkonsum während der Schwangerschaft und Stillzeit erhöht das Risiko, dass Kinder geistige Schäden davontragen. Je mehr geraucht wird, desto niedriger fällt der Intelligenzquotient aus. Bei einer Zigarettenschachtel pro Tag steigt die Gefahr massiv an (um 85 %), ein geistig beeinträchtigtes Kind zur Welt zu bringen [2].
Schwangerschaft – Tabakkonsum und Krebs
Im Tabakrauch sind krebserregende Substanzen enthalten, die die DNA des ungeborenen Kindes schädigen. Dazu gehört u. a. 4-Aminobiphenyl, das im Blut von Kindern rauchender Mütter nachgewiesen wurde und mit einem erhöhten Risiko für Leukämie im Kindesalter verbunden ist [3].
Schwangerschaft – Tabakkonsum und Mikronährstoffmangel
Rauchen beeinflusst auch die Mikronährstoffversorgung der Mutter.
- Ein Mangel an Vitamin A, E, Folsäure und Zink erhöht das Risiko von Fehl- und Totgeburten, Geburtsfehlern sowie niedrigem Geburtsgewicht.
- Calcium- und Vitamin-D-Mangel beeinträchtigen die Knochen- und Zahnentwicklung und fördern Rachitis.
- Vitamin-B1-Mangel kann schwerwiegende Herzprobleme beim Fetus auslösen.
- Jodmangel führt zu geistigen und motorischen Entwicklungsstörungen [1, 4].
Erhöhtes Risiko für das Kind
Rauchen während der Schwangerschaft steigert das Risiko des Fetus für:
- Krebserkrankungen, wie Leukämie [3]
- Geistige Beeinträchtigungen [2]
- Konzentrationsschwächen, Koordinations- und Sprachstörungen [2]
- Verhaltensstörungen und Hyperaktivität [2, 4]
- Wachstumsstörungen und niedriges Geburtsgewicht [2]
- Anämie (Blutarmut)
- Vitamin-B12-Mangel mit Chromosomenschäden
- Verminderte Lungenkapazität, Asthma, Allergien und Infektionen [2]
- Erhöhtes Risiko für Diabetes mellitus und Übergewicht [2]
- Plötzlicher Kindstod (SIDS) [3]
Schwangerschaft – Tabakkonsum und passives Rauchen
Auch passives Rauchen ist gefährlich. Es wird mit einer erhöhten Zahl kindlicher Krebserkrankungen – insbesondere Leukämien und Lymphomen – in Verbindung gebracht. Häufiger Kontakt mit Rauchern kann beim Ungeborenen zu Unterentwicklung, Früh-, Fehl- und Totgeburten führen [4].
Tabakkonsum in der Schwangerschaft und Geburtskomplikationen
Raucherinnen haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Früh- und Fehlgeburten sowie weitere Geburtskomplikationen. Das relative Risiko steigt mit der Zahl der Zigaretten und mit zunehmendem Alter der Mutter. Kaiserschnitte sind mehr als doppelt so häufig, Nachgeburtsblutungen treten öfter auf und Neugeborene sind im Schnitt 150-200 Gramm leichter [1, 2].
Tabakkonsum in der Schwangerschaft und plötzlicher Kindstod
Raucht die Mutter bis zu neun Zigaretten am Tag – sowohl während der Schwangerschaft als auch in der Stillzeit –, steigt die Gefahr des Auftretens eines plötzlichen Kindstods (SIDS) um das Fünffache. Erhöht die Mutter die Zigarettendosis auf mehr als zehn Zigaretten täglich, verzehnfacht sich das Mortalitätsrisiko des Säuglings [3]. Der Tod tritt dabei meist zwischen dem achten Lebenstag und dem Ende des ersten Lebensjahres auf.
Nikotin wirkt als starkes Nervengift und beeinträchtigt die Funktion der nikotinergen Rezeptoren im Gehirn, die für die Kontrolle von Atmung und Aufwachreaktionen entscheidend sind. Durch die Dauerbelastung wird die Empfindlichkeit bestimmter Eiweißkomplexe, die bei Sauerstoffmangel im Schlaf normalerweise einen Alarm- und Aufwachreflex auslösen, gedämpft. Die Folge ist eine Fehlsteuerung der Atemfunktion: Das Kind reagiert nicht mehr adäquat auf einen Abfall der Sauerstoffsättigung.
Hoher Tabakkonsum der Mutter kann außerdem die Hirnentwicklung in einer sensiblen Phase (3.-4. Lebensmonat) erheblich beeinträchtigen. In dieser Zeit finden wichtige Reifungsprozesse im Hirnstamm statt, die für die Steuerung von Herz-Kreislauf-Funktionen, Atmung und Weckreaktionen entscheidend sind. Eine Nikotinexposition kann hier dauerhafte Entwicklungsstörungen hinterlassen.
Typische Folgen dieser Fehlregulation sind:
- Bradykardie (verlangsamte Herzfrequenz)
- Störungen der Kreislaufkontrolle
- Atempausen bis zum Atemstillstand
Zusätzlich wird diskutiert, dass Virusinfektionen eine Rolle als auslösender Faktor spielen können. Bei Untersuchungen von Kindern, die unerwartet verstarben, wurden wiederholt Influenza- und Adenoviren in den Atemwegen nachgewiesen. Diese Infektionen können Entzündungen verursachen, die in Kombination mit einer gestörten Atemregulation das Risiko für SIDS nochmals erhöhen [3].
Tabakkonsum in der Schwangerschaft und geistige Beeinträchtigungen des Kindes
Kinder, die während der Schwangerschaft Zigarettenrauch ausgesetzt waren, zeigen häufig bereits in der Schul- und Jugendzeit deutliche Entwicklungsprobleme. Besonders auffällig sind Konzentrationsschwächen, Lernschwierigkeiten und Hyperaktivität. Studien weisen darauf hin, dass das Risiko für Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) bei diesen Kindern etwa dreifach erhöht ist [2, 4].
Im Alltag bedeutet dies:
- Schwierigkeiten, sich längere Zeit auf Aufgaben zu konzentrieren
- Probleme, unangemessenes Verhalten zu unterdrücken
- Mangelnde Fähigkeit, ruhig zu sitzen oder geduldig zu bleiben
Neben kognitiven Einschränkungen sind auch Verhaltensauffälligkeiten häufiger. Betroffene Kinder entwickeln bis zu dreimal so oft Störungen wie aggressives Verhalten, oppositionelles Trotzverhalten oder ausgeprägte Starrköpfigkeit.
Als möglicher Mechanismus wird diskutiert, dass das im Tabakrauch enthaltene Nikotin in einer sensiblen Phase der Gehirnentwicklung die Nikotinrezeptoren verändert. Diese Veränderungen könnten langfristig zu einer Fehlregulation von Impuls- und Emotionskontrolle führen, wodurch aggressives und hyperaktives Verhalten verstärkt wird [2].
Fazit
Rauchen – ob aktiv oder passiv – ist einer der größten vermeidbaren Risikofaktoren in der Schwangerschaft. Es gibt keine sichere Menge. Jeder Rauchstopp verbessert die Prognose, auch wenn er erst im zweiten Schwangerschaftsdrittel gelingt.
Literatur
- Banerjee J, et al. Understanding the placental biology of tobacco smoking during pregnancy. Clin Obstet Gynecol. 2022;65(2):350-362. doi.org/10.1097/GRF.0000000000000691.
- Liu B, Xu G, Sun Y, et al. Maternal cigarette smoking before and during pregnancy and risk of preterm birth: a dose–response analysis. PLoS Med. 2020;17(12):e1003158. doi.org/10.1371/journal.pmed.1003158.
- Sun J, Liu X, Zhao M, et al. Dose–response association between maternal smoking during pregnancy and the risk of infant death: a national cohort study. eClinicalMedicine. 2023;57:101858. doi.org/10.1016/j.eclinm.2023.101858.
- Delcroix MH, et al. Active or passive maternal smoking increases the risk of low birth weight or preterm delivery: a narrative review. Tob Induc Dis. 2023;21:9. doi.org/10.18332/tid/156854.