Vegane Ernährung in der Schwangerschaft – Risiken und Empfehlungen für Mutter und Kind

Auch mit einer veganen Ernährungsweise kann eine gesunde Schwangerschaft verlaufen, allerdings nur, wenn die Ernährung gezielt geplant und ergänzt wird. Eine unzureichende Versorgung mit essentiellen Nährstoffen kann sowohl für die Mutter als auch für das ungeborene Kind gesundheitliche Risiken bergen.

Proteinversorgung und essentielle Aminosäuren

Der menschliche Organismus ist auf die Zufuhr essentieller Aminosäuren angewiesen, die nicht selbst gebildet werden können. Pflanzliche Proteine weisen im Vergleich zu tierischem Eiweiß eine geringere biologische Wertigkeit auf. Um Defizite zu vermeiden, ist die gezielte Kombination verschiedener pflanzlicher Proteinquellen notwendig, etwa Reis mit Bohnen oder Mais mit Hülsenfrüchten. Diese Kombination muss nicht zwingend in einer Mahlzeit erfolgen, sondern kann über den Tag verteilt stattfinden.

Eine Unterversorgung mit Protein kann in der Schwangerschaft das fetale Wachstum beeinträchtigen und das Risiko für ein zu niedriges Geburtsgewicht erhöhen [1]. Eine professionelle Ernährungsberatung ist deshalb dringend zu empfehlen.

Kritische Mikronährstoffe bei veganer Ernährung

Unabhängig von einer ausgewogenen pflanzlichen Ernährung ist für Veganerinnen die Supplementation bestimmter Vitamine und Mineralstoffe essentiell.

  • Vitamin B12: muss zwingend supplementiert werden, da es in pflanzlichen Lebensmitteln nicht vorkommt
  • Calcium: Bei Wegfall von Milchprodukten ist auf Alternativen wie angereicherte Sojaprodukte, dunkelgrünes Gemüse (z. B. Grünkohl, Brokkoli), Nüsse und calciumreiche Mineralwässer (> 150 mg/l) zurückzugreifen.
  • Jod: Mangel ist häufig, da Fisch entfällt. Die Verwendung von jodiertem Speisesalz ist dringend angeraten. Dennoch zeigen Untersuchungen, dass selbst bei Supplementation das Risiko für Jodmangel hoch bleibt [2].
  • Eisen: Pflanzliche Quellen (z. B. Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse) enthalten zwar viel Eisen, dieses wird aber durch Phytinsäure schlechter resorbiert.
  • Zink: Wie beim Eisen hemmt Phytinsäure die Aufnahme.
  • Vitamin D und Selen: ebenfalls kritisch, besonders in sonnenarmen Monaten
  • Omega-3-Fettsäuren (EPA/DHA): fehlen durch den Verzicht auf Fisch; Veganerinnen weisen signifikant niedrigere Blutspiegel auf als Mischköstler, was für die Entwicklung des kindlichen Gehirns und der Netzhaut von Bedeutung ist. Eine Supplementation mit Algenöl wird empfohlen.

Damit gelten folgende Nährstoffe für Veganerinnen als kritisch: essentielle Aminosäuren, Omega-3-Fettsäuren, Vitamin B2, Vitamin B6, Vitamin B12, Vitamin D, Calcium, Jod, Selen, Eisen und Zink.

Auswirkungen auf das fetale Wachstum

Eine israelische Studie untersuchte 255 Frauen, die sich mindestens ein Jahr vor der Schwangerschaft vegan ernährt hatten und diese Ernährungsweise beibehielten. Die Ergebnisse zeigen:

  • Das Geburtsgewicht der Kinder lag in einer niedrigeren Perzentile (durchschnittlich 43 vs. 53 bei Mischköstlern).
  • Das Risiko für SGA (small for gestational age/zu klein für sein Schwangerschaftsalter) war um 74 % erhöht.
  • Ein Zusammenhang zwischen veganer Ernährung und Frühgeburt wurde nicht festgestellt [1].

Diese Daten verdeutlichen, dass eine vegane Ernährung das Risiko für ein vermindertes intrauterines Wachstum erhöhen kann, wenn die Mikronährstoffversorgung nicht konsequent gesichert ist.

Literatur

  1. Kesary Y, Avital K, Hiersch L: Maternal plant-based diet during gestation and pregnancy outcomes. Archives of Gynecology and Obstetrics 2020;302,887-898
  2. Weikert C et al.: Versorgungsstatus mit Vitaminen und Mineralstoffen bei veganer Ernährungsweise. Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 575-82; doi: 10.3238/arztebl.2020.0575