Nuklearmedizin: Diagnostische und therapeutische Verfahren der modernen Radiopharmakologie im Überblick

Die Nuklearmedizin ist ein hochspezialisiertes Fachgebiet der Medizin, das sich mit der Anwendung radioaktiv markierter Substanzen – sogenannter Radiopharmaka (radioaktive Arzneimittel) – zur Diagnose und Behandlung von Krankheiten beschäftigt. Im Unterschied zu anderen bildgebenden Verfahren wie der Magnetresonanztomographie (MRT) (Kernspintomographie) oder Computertomographie (CT) (Schichtröntgen), die primär strukturelle Informationen liefern, erlaubt die nuklearmedizinische Diagnostik die funktionelle und molekulare Bildgebung (Darstellung von Stoffwechselvorgängen) von Organen, Geweben und Stoffwechselprozessen. Dadurch lassen sich pathologische Veränderungen oft schon erkennen, bevor strukturelle Schäden sichtbar werden.

Ein weiteres wichtiges Anwendungsfeld ist die therapeutische Nuklearmedizin, bei der radioaktive Substanzen gezielt zur Zerstörung krankhafter Gewebe eingesetzt werden – zum Beispiel in der Radiojodtherapie (Behandlung mit radioaktivem Jod) bei Schilddrüsenerkrankungen oder in der Radionuklidtherapie (Strahlentherapie mit radioaktiven Stoffen) neuroendokriner Tumoren.

Nuklearmedizinische Verfahren kommen insbesondere in der Onkologie (Krebsmedizin), Kardiologie (Herzmedizin), Neurologie (Nervenheilkunde), Endokrinologie (Hormonmedizin) und Rheumatologie (Gelenkmedizin) zum Einsatz. Die technische Entwicklung hat dabei zur Etablierung kombinierter Bildgebungsverfahren wie PET-CT oder PET-MRT geführt, die funktionelle und anatomische Informationen in einem einzigen Untersuchungsgang vereinen.

Diagnostische Verfahren der Nuklearmedizin

Amyloid-PET

  • Spezifische PET-Technik zur Darstellung amyloider Plaques (Eiweißablagerungen) im Gehirn
  • Anwendung bei Verdacht auf Alzheimer-Krankheit

DaT-SPECT (Dopamintransporter-SPECT)

  • Spezielle SPECT-Untersuchung zur Darstellung dopaminerger Neurone im Striatum (Gehirnareal)
  • Anwendung bei der Differentialdiagnose von Parkinson-Syndromen

DOTATATE-PET (z. B. Ga-68-DOTATATE)

  • Visualisierung von Somatostatinrezeptoren (zelluläre Bindungsstellen) bei neuroendokrinen Tumoren
  • Grundlage für theranostische Konzepte (diagnostisch-therapeutische Kombination), z. B. Lutetium-177-DOTATATE-Therapie

F-18-FDG-PET (Fluor-Desoxyglucose-PET)

  • Standardverfahren der PET-Diagnostik in der Onkologie
  • Darstellung des Glukosemetabolismus (Zuckerstoffwechsels) in Tumoren, Entzündungen und Hirngewebe

PET (Positronen-Emissions-Tomographie)

  • Hochsensitive molekulare Bildgebung mit positronen-emittierenden Radiopharmaka
  • Detektion von Stoffwechselprozessen, Rezeptorexpressionen oder Zellproliferation (Zellvermehrung)

PET-CT (Positronen-Emissions-Tomographie/Computertomographie)

  • Kombination aus PET (funktionelle Bildgebung) und CT (anatomische Bildgebung)
  • Standard in der Tumordiagnostik, zum Staging (Ausbreitungsdiagnostik) und Restaging (Verlaufsdiagnostik)

PET-MRT (Positronen-Emissions-Tomographie/Magnetresonanztomographie)

  • Kombination aus PET und hochauflösender MRT
  • Besonders geeignet für die Neuroonkologie, pädiatrische Onkologie und Weichteiltumoren

PSMA-PET (Prostataspezifische Membranantigen-Positronen-Emissions-Tomographie)

  • Hochspezifische PET zur Diagnostik und Verlaufskontrolle bei Prostatakarzinomen
  • Darstellung kleinster Metastasen bereits bei niedrigen PSA-Werten

SPECT (Single-Photon-Emissions-Tomographie)

  • Tomographische Weiterentwicklung der Szintigraphie mit höherer Auflösung
  • Ermöglicht 3D-Darstellung der Tracerverteilung im Gewebe
  • Einsatz in der Kardiologie, Neurologie und Onkologie

Szintigraphie

  • Klassisches nuklearmedizinisches Verfahren zur zweidimensionalen Funktionsdarstellung von Organen wie Schilddrüse, Lunge, Knochen oder Nieren
  • Einsatz von gammaemittierenden Radiopharmaka (strahlenden Arzneistoffen), z. B. Technetium-99m

Therapeutische Verfahren der Nuklearmedizin

Radioligandentherapie

  • Behandlung von Tumorerkrankungen (z. B. Prostatakarzinom, neuroendokrine Tumoren) mit therapeutisch markierten Radioliganden
  • Gezielte Bindung an tumorspezifische Zellrezeptoren mit lokaler Emission ionisierender Strahlung und selektiver Zerstörung der Tumorzellen

Radiojodtherapie

  • Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen (Morbus Basedow, Schilddrüsenkarzinom) mit Iod-131
  • Selektive Anreicherung in Schilddrüsenzellen mit gezielter Zerstörung des Gewebes

Fazit

Die Nuklearmedizin ermöglicht durch ihre funktionelle und molekulare Bildgebung eine frühzeitige, präzise und individualisierte Diagnostik (maßgeschneiderte Früherkennung). Mit der Entwicklung hybrider Systeme wie PET-CT oder PET-MRT wurde die Aussagekraft weiter gesteigert. Zudem eröffnet die therapeutische Nutzung von Radionukliden neue Perspektiven für die personalisierte Medizin. Aufgrund ihrer Vielseitigkeit ist die Nuklearmedizin heute ein unverzichtbarer Bestandteil moderner klinischer Diagnostik und Therapie.