Amyloid-PET: Diagnostik zerebraler Amyloidablagerungen mittels Positronenemissionstomographie
Die Amyloid-PET ist ein molekularbildgebendes Verfahren aus dem Bereich der Nuklearmedizin (bildgebende Diagnostik mit radioaktiven Substanzen), das zur nicht-invasiven Darstellung von β-Amyloidablagerungen (Eiweißablagerungen) im Gehirn eingesetzt wird. Sie spielt eine zentrale Rolle in der Differenzialdiagnostik neurodegenerativer Erkrankungen (fortschreitende Erkrankungen des Nervensystems), insbesondere bei Verdacht auf Morbus Alzheimer. Die Untersuchung basiert auf dem Einsatz spezifischer radioaktiv markierter Liganden (bindende Substanzen), die selektiv an β-Amyloid binden und deren Verteilung im Gehirn mittels Positronenemissionstomographie (PET, spezielle Form der Szintigrafie) sichtbar machen.
Synonyme
- Amyloid-Positronenemissionstomographie
- PET mit β-Amyloid-Tracern
- Florbetapir-/Florbetaben-/Flutemetamol-PET
Beurteilbare Strukturen
- Kortex (Großhirnrinde, insbesondere Frontal-, Parietal- und Temporallappen)
- Precuneus und posteriorer cingulärer Kortex (Hirnareale zur Informationsverarbeitung)
- Basalganglien (Tiefenstrukturen des Gehirns; bei starker Aufnahme auffällig)
- Weiße Substanz (Nervenfaserbahnen zur Referenzdarstellung)
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Abklärung kognitiver Störungen – insbesondere bei unklarer Differenzierung zwischen Morbus Alzheimer und anderen Demenzformen
- Frühdiagnostik bei Risikopersonen – z. B. mit leichter kognitiver Beeinträchtigung (MCI, beginnende Gedächtnisstörung)
- Differenzialdiagnostik neurodegenerativer Erkrankungen – z. B. Frontotemporale Demenz, vaskuläre Demenz
- Therapieselektion – z. B. bei geplanten monoklonalen Antikörpertherapien (zielgerichtete Antikörperbehandlung) gegen β-Amyloid
- Verlaufskontrolle in klinischen Studien – Beurteilung des Amyloidstatus unter Therapie
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Schwangerschaft und Stillzeit (relative Kontraindikation)
- Schwere Unruhe oder mangelnde Kooperationsfähigkeit (z. B. bei fortgeschrittener Demenz ohne Sedierung)
- Allergie gegen Bestandteile des Radiopharmakons (radioaktive Substanz zur Bildgebung; sehr selten)
Das Verfahren
Technik
- Einsatz von β-Amyloid-spezifischen Radiopharmaka (radioaktive Kontrastmittel), z. B.:
- Florbetapir (18F-AV-45)
- Florbetaben (18F-BAY94-9172)
- Flutemetamol (18F-GE067)
- Halbwertszeiten (Zerfallsgeschwindigkeit) um 110 Minuten, daher gute logistische Handhabbarkeit
- Bildakquisition erfolgt 30-90 Minuten nach Injektion (Verabreichung) des Tracers (markierter Substanz)
Ablauf der Untersuchung
- Intravenöse Applikation (Injektion in eine Vene) des Radiopharmakons
- Wartezeit (Traceranreicherung im Gehirn, je nach Substanz)
- PET-Bildgebung des Schädels, meist in Rückenlage
- Dauer der eigentlichen Aufnahme: ca. 10-20 Minuten
- Auswertung durch visuelle Beurteilung und/oder quantitativen Vergleich mit Referenzregionen (z. B. weiße Substanz)
Mögliche Befunde
- Amyloid-negativ
- Geringe, physiologische Anreicherung in der weißen Substanz
- Keine relevante kortikale Anreicherung – spricht gegen eine Alzheimer-Pathologie
- Amyloid-positiv
- Diffuse oder fokale kortikale Anreicherung in typischen Regionen (Frontal-, Parietallappen, Precuneus)
- Hinweisend auf eine Alzheimer-typische Amyloidpathologie
- Grenzwertige Befunde
- Mäßige Anreicherung ohne eindeutige Verteilungsmuster – ggf. Verlaufskontrolle erforderlich
Vorteile der Amyloid-PET
- Hohe Sensitivität und Spezifität zur Detektion von β-Amyloidplaques (Ablagerungen im Gehirn)
- Objektivierbare Darstellung der Pathophysiologie bei Verdacht auf Alzheimer-Demenz
- Differenzierung Alzheimer vs. nicht-Alzheimer-Demenz
- Wichtige Entscheidungshilfe bei der Initiierung amyloidgerichteter Therapien
Grenzen des Verfahrens
- Keine Aussage zur Tau-Pathologie (zweites Alzheimer-Protein) oder Neurodegeneration (Nervenzellverlust)
- Positiver Befund nicht gleichbedeutend mit klinisch manifester Demenz
- Kostenintensiv, limitiert verfügbar
- Keine Erstattung durch GKV (gesetzliche Krankenkassen) in der Routinediagnostik
Literatur
-
Hyman BT et al.: National Institute on Aging–Alzheimer’s Association guidelines for the neuropathologic assessment of Alzheimer’s disease. Alzheimers Dement. 2012;8(1):1-13. https://doi.org/10.1016/j.jalz.2011.10.007