Totale Antioxidative Kapazität (TAC)
Die Totale Antioxidative Kapazität (TAC) ist ein etablierter Laborparameter zur Quantifizierung der Gesamt-Antioxidanskapazität (Gesamt-Antioxidationsfähigkeit) in biologischen Proben. Der Parameter erfasst die kumulative Fähigkeit aller im Untersuchungsmaterial vorhandenen Antioxidantien (Schutzstoffe gegen Sauerstoffradikale), reaktive Sauerstoffspezies (ROS, aggressive Sauerstoffverbindungen) und freie Radikale zu neutralisieren. TAC stellt einen integrativen Marker zur Abschätzung des antioxidativen Schutzpotenzials (Schutzfähigkeit vor Zellschäden durch Sauerstoffradikale) des Organismus dar und wird zur Bewertung oxidativen Stresses (Ungleichgewicht zwischen schädlichen Sauerstoffverbindungen und Schutzmechanismen) in verschiedenen klinischen, ernährungsmedizinischen und präventivmedizinischen Kontexten eingesetzt.
Grundlagen
- Struktur
Die TAC-Bestimmung basiert je nach Methode entweder auf der Reduktionsfähigkeit (Fähigkeit zur Elektronenabgabe) der Antioxidantien oder ihrer Radikal-Abfangkapazität (Fähigkeit zur Bindung schädlicher Moleküle). Die Messung umfasst primär niedermolekulare nicht-enzymatische Antioxidantien wie Ascorbinsäure (Vitamin C), α-Tocopherol (Vitamin E), Harnsäure (Urat), Bilirubin sowie sekundäre Pflanzenstoffe (z. B. Polyphenole und Flavonoide). Enzymatische Antioxidantien (Antioxidantien, die als Enzyme wirken) werden nicht direkt erfasst. - Funktioneller Stellenwert
TAC spiegelt die Gesamtkapazität wasser- und fettlöslicher Antioxidantien wider. Der Parameter liefert einen integrativen Überblick über die antioxidative Reserve (Gesamtheit aller verfügbaren Schutzstoffe), ohne zwischen einzelnen Antioxidantien oder deren spezifischer Wirksamkeit zu differenzieren. - Elimination
Die erfassten Antioxidantien unterliegen je nach Molekülstruktur einer renalen (über die Nieren) oder hepatischen (über die Leber) Clearance (Ausscheidung). Die Eliminationskinetik (Ausscheidungsgeschwindigkeit) variiert zwischen den Antioxidansklassen.
Das Verfahren
Benötigtes Material
- Plasma oder Serum (Blutbestandteile ohne Zellen)
- Alternativ: Speichel, Urin oder andere biologische Flüssigkeiten (methodenspezifische Einschränkungen)
Vorbereitung des Patienten
- Nüchternblutentnahme empfohlen
- Vermeidung intensiver körperlicher Aktivität vor der Probenentnahme
- Keine Einnahme hochdosierter Antioxidantienpräparate am Tag vor der Untersuchung
Störfaktoren
- Nahrungsaufnahme, insbesondere antioxidansreiche Lebensmittel
- Intensive körperliche Belastung
- Akute Entzündungen oder Infektionen
- Medikamentöse Beeinflussung der antioxidativen Kapazität
Analytische Methoden
- FRAP (Ferric Reducing Antioxidant Power, Eisen-Reduktionskapazität)
- ORAC (Oxygen Radical Absorbance Capacity, Sauerstoffradikal-Abfangkapazität)
- TEAC/ABTS (Trolox Equivalent Antioxidant Capacity)
- TRAP (Total Radical-trapping Antioxidant Parameter)
Photometrische Bestimmung
Die photometrische Quantifizierung (lichtbasierte Messung) erfolgt methodenspezifisch, z. B. durch Extinktionsmessung (Lichtabsorption) bei 593 nm für FRAP.
Standardisierung
Kalibration erfolgt anhand von Standardsubstanzen wie Trolox (Vitamin-E-Analog) oder Eisen(II)-Sulfat. Methodenspezifische Varianzen sind zu berücksichtigen.
Normwerte
Die Referenzbereiche sind methodenabhängig und laborbezogen. Typische Werte für Plasma oder Serum:
-
600-2.000 µmol Trolox-Äquivalente/L
Die Interpretation erfolgt kontextbezogen unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, Ernährungsstatus und Komorbiditäten (Begleiterkrankungen).
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Kardiovaskuläre Erkrankungen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen)
- Diabetes mellitus Typ 2 (Zuckerkrankheit)
- Chronische Niereninsuffizienz (dauerhafte Nierenschwäche)
- Neurodegenerative Erkrankungen (krankhafter Nervenzellabbau, z. B. Alzheimer-Krankheit, Parkinson-Syndrom)
- Chronisch-entzündliche Erkrankungen (z. B. rheumatoide Arthritis)
- Adipositas und metabolisches Syndrom (Fettleibigkeit und Stoffwechselstörungen)
- Onkologische Erkrankungen (Krebserkrankungen)
- Anti-Aging- und Präventionsmedizin
- Sportmedizin
Interpretation
Erhöhte Werte
- Hinweis auf erhöhte antioxidative Kapazität
- Potenziell beeinflusst durch antioxidansreiche Ernährung oder Supplementierung (Nahrungsergänzung)
Erniedrigte Werte
- Hinweis auf erhöhten oxidativen Stress
- Verminderte antioxidative Reserve, häufig assoziiert mit chronischen Entzündungen, Mangelernährung oder progressiven Erkrankungen
Weitere Hinweise
- Tagesvariabilität – Gering, sofern standardisierte Probenentnahme erfolgt
- Klinische Bedeutung – TAC stellt einen validen Marker der Gesamtkapazität antioxidativer Systeme dar, erfasst jedoch keine enzymatischen Schutzmechanismen
- Forschungsstatus – Breite Anwendung in Ernährungsforschung, Anti-Aging-Studien sowie klinischer Präventionsmedizin
Literatur
- Benzie IF, Strain JJ. The ferric reducing ability of plasma (FRAP) as a measure of "antioxidant power": the FRAP assay. Analytical Biochemistry. 1996;239(1):70-76. https://doi.org/10.1006/abio.1996.0292
- Prior RL, Wu X, Schaich K. Standardized methods for the determination of antioxidant capacity and phenolics in foods and dietary supplements. J Agric Food Chem. 2005;53(10):4290-4302. https://doi.org/10.1021/jf0502698