Superoxiddismutase (SOD)
Bei der Superoxiddismutase (SOD) handelt es sich um ein zelluläres Enzym, das eine zentrale Rolle im antioxidativen Abwehrsystem spielt. Es katalysiert die Umwandlung von Superoxidradikalen (O₂⁻) zu Wasserstoffperoxid (H₂O₂) und molekularem Sauerstoff (O₂). SOD wird als Marker für die antioxidative Kapazität und zur Beurteilung von oxidativem Stress (Ungleichgewicht zwischen reaktiven Sauerstoffspezies und antioxidativen Schutzmechanismen) in verschiedenen klinischen und präventivmedizinischen Kontexten eingesetzt.
Grundlagen
- Struktur – Die Superoxiddismutase liegt in verschiedenen Isoformen vor:
- Cu/Zn-SOD (SOD1) – im Zytoplasma und Intermembranraum der Mitochondrien ("Kraftwerke der Zellen").
- Mn-SOD (SOD2) – in der mitochondrialen Matrix.
- EC-SOD (SOD3) – extrazellulär (außerhalb der Zellen).
- Funktioneller Stellenwert – SOD schützt Zellen vor oxidativen Schäden durch schnelle Umwandlung toxischer Superoxidradikale in weniger schädliche Substanzen. Die Aktivität der SOD spiegelt die antioxidative Abwehrleistung des Organismus wider und ist insbesondere bei entzündlichen, degenerativen und metabolischen Erkrankungen von Bedeutung.
- Elimination – SOD-Isoformen unterliegen je nach Lokalisation unterschiedlichen Abbauwegen:
- Intrazelluläre Formen werden zytosolisch oder lysosomal abgebaut.
- Extrazelluläre SOD wird über die Niere und das retikuloendotheliale System (Teil des Immunsystems, das alte Zellen abbaut) eliminiert.
Das Verfahren
Benötigtes Material
- Serum oder Plasma
- Alternativ: Erythrozytenlysat (aufgelöste rote Blutkörperchen), Liquor (Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit) oder Gewebeproben (bei spezifischer Diagnostik)
Vorbereitung des Patienten
- Möglichst nüchtern zur Minimierung diätetischer Schwankungen
- Keine außergewöhnliche körperliche Belastung oder Einnahme von Antioxidantienpräparaten vor der Probenentnahme
Störfaktoren
- Hämolyse (führt zur Freisetzung intrazellulärer SOD und falsch hohen Werten)
- Akute Infektionen oder Entzündungen
- Intensive körperliche Aktivität
- Medikamenteneinnahme mit prooxidativer oder antioxidativer Wirkung
Analytische Methoden
- Photometrische Bestimmung – basierend auf der Hemmung der Reduktion von Nitroblau-Tetrazolium (NBT) oder vergleichbaren Farbreaktionen durch SOD.
- Spektrophotometrie – Messung der Reaktionskinetik spezifischer Substrate.
- ELISA (enzyme-linked immunosorbent assay) – zur quantitativen Bestimmung spezifischer SOD-Isoformen.
- Elektrophoretische Verfahren – für die Isoenzym-Analyse.
Normwerte
Die Normbereiche variieren stark je nach Methode, Probe und Altersgruppe. Typische Referenzwerte für die SOD-Aktivität im Serum:
- Erwachsene: 1,5-3,5 U/ml
- Erythrozytenlysat: 2.000-4.000 U/g Hämoglobin
Hinweis: Referenzwerte sind methodenspezifisch. Die Vergleichbarkeit zwischen Laboren ist eingeschränkt.
Indikationen
- Diagnostik und Verlaufskontrolle bei Erkrankungen mit vermutetem oxidativem Stress:
- Kardiovaskuläre Erkrankungen (z. B. Atherosklerose (Arteriosklerose), Herzinsuffizienz (Herzschwäche))
- Neurodegenerative Erkrankungen (z. B. Alzheimer-Krankheit, Parkinson-Krankheit) [1]
- Chronische Niereninsuffizienz (Nierenschwäche)
- Rheumatoide Arthritis und andere chronisch-entzündliche Erkrankungen [2]
- Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
- Onkologische Erkrankungen (Beurteilung des oxidativen Status)
- Anti-Aging- und Präventionsmedizin
- Sportmedizin (zur Beurteilung von Trainingseffekten und oxidativem Stress) [3]
Interpretation
Erhöhte Werte
- Hinweis auf adaptive Steigerung der antioxidativen Abwehr (z. B. bei Sport oder moderatem oxidativem Stress) [3]
- Kann durch diätetische Antioxidantienzufuhr oder Supplementierung beeinflusst sein
Erniedrigte Werte
- Zeichen für erschöpfte antioxidative Kapazität
- Möglicher Hinweis auf erhöhten oxidativen Stress
- Assoziiert mit erhöhtem Risiko für Zellschäden, Alterungsprozesse und Progression (Fortschreiten) chronischer Erkrankungen [2]
Weitere Hinweise
- Tagesvariabilität – Gering, sofern standardisierte Probenentnahme (nüchtern) erfolgt.
- Klinische Bedeutung – SOD ist ein valider Marker für die Enzymkomponente der antioxidativen Abwehr, bildet jedoch die nicht-enzymatischen Antioxidantien (z. B. Vitamin C, Glutathion) nicht ab.
- Forschungsstatus – Breite Anwendung in Studien zu oxidativem Stress, chronischen Erkrankungen und in der Ernährungsforschung.
Literatur
- Andersen JK: Oxidative stress in neurodegeneration: cause or consequence? Nat Med 2004;10 Suppl:S18–S25. https://doi.org/10.1038/nrn1434
- Mateen S, Moin S, Khan AQ, Zafar A, Fatima N: Increased reactive oxygen species formation and oxidative stress in rheumatoid arthritis. PLoS One 2016;11(4):e0152925. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0152925
- Powers SK, Jackson MJ: Exercise-induced oxidative stress: cellular mechanisms and impact on muscle force production. Physiol Rev 2008;88(4):1243–1276. https://doi.org/10.1152/physrev.00031.2007