8-Oxo-dG

Bei 8-Oxo-2'-desoxyguanosin (8-Oxo-dG) handelt es sich um ein oxidiertes Nukleosid (Baustein der DNA), das aus der DNA-Basenmodifikation von Guanin durch reaktive Sauerstoffspezies (ROS, aggressive Sauerstoffverbindungen) hervorgeht. Es stellt einen etablierten Marker für oxidativen Stress (Ungleichgewicht zwischen schädlichen Sauerstoffverbindungen und körpereigenen Schutzmechanismen) und DNA-Schäden dar. Die Messung von 8-Oxo-dG dient der Einschätzung von oxidativem Stress im Rahmen von Alterungsprozessen, Karzinogenese (Krebsentstehung) sowie kardiovaskulären (Herz-Kreislauf-) und neurodegenerativen (nervenzellabbauenden) Erkrankungen.

Grundlagen

  • Struktur – 8-Oxo-dG entsteht durch Hydroxylradikale oder andere reaktive Sauerstoffspezies (ROS), die Guaninbasen (Bestandteile der DNA) oxidieren.
  • Funktioneller Stellenwert – Es reflektiert die oxidative Schädigung (Schädigung durch Sauerstoffradikale) der DNA und wird sowohl im Zellkern als auch in mitochondrialer DNA (DNA in den „Kraftwerken der Zellen“) gefunden.
  • Elimination – DNA-Reparaturmechanismen (vor allem durch die 8-Oxoguanin-DNA-Glykosylase 1) entfernen 8-Oxo-dG aus der DNA; freigesetzte Basenfragmente werden renal (über die Nieren) ausgeschieden.

Das Verfahren

Benötigtes Material

  • Urin (vorzugsweise Morgenurin zur Minimierung der Schwankungen)
  • Serum oder Plasma (Blutbestandteile, seltener)

Vorbereitung des Patienten

  • Möglichst nüchtern zur Vermeidung diätetisch bedingter Schwankungen
  • Keine außergewöhnliche körperliche Belastung vor der Probenentnahme

Störfaktoren

  • Nahrungsaufnahme (insbesondere antioxidativ wirksame Substanzen, also Nahrung mit Schutzstoffen)
  • Intensive körperliche Aktivität
  • Akute Entzündungen

Analytische Methoden

  • Flüssigchromatographie mit Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/MS, hochpräzises Laborverfahren) – Goldstandard
  • Hochleistungsflüssigchromatographie mit elektrochemischer Detektion (HPLC-ECD)
  • Enzymimmunoassay (ELISA, mit geringerer Genauigkeit)

Normwerte

Die Normbereiche variieren in der Literatur erheblich je nach Methode, Material (Urin, Serum) und untersuchter Personengruppe.

Urin (bezogen auf Kreatinin, Maß zur Vergleichbarkeit)

  • Erwachsene: < 5-10 µg/g Kreatinin

Serum/Plasma

  • Keine einheitlichen Referenzbereiche etabliert

Hinweis: Die Interpretation sollte immer methodenspezifisch erfolgen.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Diagnostik und Verlaufskontrolle bei Erkrankungen mit erhöhtem oxidativen Stress, u. a.:

    • Maligne Erkrankungen (bösartige Tumoren wie Lungen-, Brust-, Prostata-, Dickdarmkrebs)
    • Neurodegenerative Erkrankungen (z. B. Alzheimer-Krankheit, Parkinson-Krankheit)
    • Kardiovaskuläre Erkrankungen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen)
    • Diabetes mellitus Typ 2 (Zuckerkrankheit)
    • Chronisch-entzündliche Erkrankungen
    • Fertilitätsstörungen (Fruchtbarkeitsstörungen)
    • Alterungsforschung

Interpretation

Erhöhte Werte

  • Akuter oder chronischer oxidativer Stress
  • DNA-Schädigung – potenzielles Risiko für Mutationen (Veränderungen des Erbguts, die Krebs fördern können)
  • Erhöhte Zellteilungsaktivität (z. B. bei Tumoren)

Ursachen erhöhter Werte

  • Rauchen
  • Umweltgifte
  • Strahlenbelastung
  • Entzündungen
  • Intensive körperliche Belastung
  • Mangel an Antioxidantien (z. B. Vitamin C, Vitamin E, Selen)

Erniedrigte Werte

  • Meist ohne Krankheitswert
  • Möglich bei starker antioxidativer Behandlung oder Diät

Weitere Hinweise

  • Tagesvariabilität – insbesondere bei Urinproben erhebliche Schwankungen möglich.
  • Kreatinin-Korrektur – zur Normalisierung von Urinwerten erforderlich.
  • Klinische Bedeutung – Erhöhtes 8-Oxo-dG gilt als unabhängiger Vorhersagefaktor für Erkrankungen und Sterblichkeit bei verschiedenen Krankheiten.
  • Forschungsstatus – Der Marker wird zunehmend in der individualisierten Präventionsmedizin und Anti-Aging-Medizin eingesetzt.

Literatur

  1. Evans MD, Dizdaroglu M, Cooke MS: Oxidative DNA damage and disease: induction, repair and significance. Mutat Res 2004; 567(1): 1-61. doi: 10.1016/j.mrrev.2003.11.001
  2. Valavanidis A, Vlachogianni T, Fiotakis C: 8-hydroxy-2' -deoxyguanosine (8-OHdG): A critical biomarker of oxidative stress and carcinogenesis. J Environ Sci Health C Environ Carcinog Ecotoxicol Rev 2009; 27(2): 120-139. doi: 10.1080/10590500902885684
  3. Cooke MS, Evans MD, Dizdaroglu M, Lunec J: Oxidative DNA damage: mechanisms, mutation, and disease. FASEB J 2003; 17(10): 1195-1214. doi: 10.1096/fj.02-0752rev