Regulation der Natriumhomöostase

Täglich gehen 3-20 g Natriumchlorid (Kochsalz) mit dem Urin, dem Fäzes (Stuhl) und dem Schweiß verloren und müssen wieder ersetzt werden. Die Nieren sorgen dafür, dass die Natrium- und Chlorid-Serumspiegel im Körper weitestgehend konstant bleiben. Die Nierenfunktionen werden hormonell gesteuert.
Da Natriumchlorid bzw. Kochsalz bereits im Mund durch den Speichel in seine Bestandteile (Natrium und Chlorid) gespalten wird, wird im Folgenden die jeweilige Regulation dieser beiden Mineralstoffe im Körper beschrieben.

Ausscheidung

Überschüssige Mengen an Natrium im Körper werden größtenteils über die Nieren – 100-150 mmol/24 Stunden – und nur geringfügig über den Stuhl – 5 mmol/24 Stunden – eliminiert (entfernt). Mit dem Schweiß gehen durchschnittlich 25 mmol Natrium/l verloren. Zudem wird Natrium im geringen Umfang über die Tränenflüssigkeit, die Nasenschleimhaut und den Speichel ausgeschieden [12].

In der Niere wird Natrium vollständig glomerulär (die Glomeruli (der Niere) betreffend) filtriert und in den distalen Tubuli (Nierenkanälchen) zu 99 % rückresorbiert [5, 10, 11, 13]. Die Höhe der Natriumausscheidung mit dem Urin ist von der alimentär (mit der Nahrung) zugeführten Menge abhängig. Bei einer täglichen Natriumaufnahme von 120 mmol (~ 2,8 g) werden bei intakter Nierenfunktion etwa 0,5 % des glomerulär filtrierten Natriums mit dem Urin ausgeschieden.

Aufgrund eines effektiven enterohepatischen Kreislaufs (Leber-Darm-Kreislauf) wird über die Galle sezerniertes (abgesondertes) Natrium im Darm weitgehend rückresorbiert.

Der Chloridhaushalt wird gemeinsam mit dem Natriumhaushalt reguliert [15]. Die Exkretion (Ausscheidung) von Chlorid erfolgt hauptsächlich über die Niere [1, 6]. Es können jedoch auch größere Mengen über die Fäzes und den Schweiß verloren gehen. Der menschliche Körper verfügt über einen äußerst effizienten Reabsorptionsmechanismus. Nur 1 % des durch die Niere filtrierten Chlorids wird über den Urin ausgeschieden [6].

Regulation der Natriumhomöostase

Während die intrazelluläre Natriumkonzentration durch die Na+/K+-ATPase kontrolliert wird, erfolgt die Regulation der Natriumkonzentration des Extrazellulärraumes über das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) und das atriale natriuretische Peptid (ANP) [3, 6, 8, 9].

Ein Natriummangel hat eine osmotisch bedingte Reduktion des Extrazellulärvolumens (Hypovolämie) – Blutdruckabfall – zur Folge, was zur Ausschüttung einer spezifischen, als Renin bezeichneten Protease (Enzym, das durch Wasseranlagerung Peptidbindungen spaltet) aus der Niere führt. Renin spaltet in der Leber aus dem Protein Angiotensinogen das Prohormon (Hormonvorläufer) Angiotensin I ab, das durch eine zweite Protease, das Angiotensin-konvertierende Enzym (engl.: Angiotensin Converting Enzyme, ACE), erneut gespalten wird, woraus das Hormon Angiotensin II hervorgeht [2, 5, 6, 8, 9, 10, 14].

Angiotensin II hat verschiedene Wirkmechanismen [2, 5, 6, 7, 9, 10, 14]:

  • Allgemeine Vasokonstriktion (Gefäßverengung) mit Ausnahme der Koronargefäße (Herzkranzgefäße) → Anstieg des Extrazellulärvolumens und Erhöhung des Blutdrucks
  • Verringerung der glomerulären Filtrationsrate (GFR; pro Zeiteinheit von den Glomeruli der Nieren filtriertes Volumen) über Gefäßkonstriktion → Abnahme der renalen Natrium- und Wasserausscheidung
  • Freisetzung des Mineralcorticoids Aldosteron in der Nebennierenrinde →
    • erhöhte Natriumrückresorption und osmotische Retention (Zurückhaltung) von Wasser sowie gesteigerte Kaliumausscheidung
    • Steuerung des Natriumtransports im vaskulären Endothel (= zum Gefäßlumen hin gerichtete Zellen der innersten Wandschicht) (Natriumkanäle) [16]
  • Sekretion des antidiuretischen Hormons (ADH) aus der Neurohypophyse (Hypophysenhinterlappen) → ADH stimuliert in den distalen Tubuli und Sammelrohren der Niere die Wasserrückresorption und reduziert die Wasserausscheidung
  • Zunahme des Durstgefühls und Salzappetits → Flüssigkeits- und Salzzufuhr erhöht

All diese hormonell induzierten (ausgelösten) Effekte führen in ihrer Gesamtheit bei Vorliegen eines Natriummangels zu einem Anstieg des Natrium- und Wassergehaltes des Körpers mit Erhöhung des Extrazellulärvolumens (Volumen außerhalb der Zellen) und Anstieg des Blutdrucks [2, 6].
Negative Rückkopplungsmechanismen verhindern eine überschießende Aktivierung des RAAS, indem durch einen höheren Blutdruck, Aldosteron und Angiotensin II die Freisetzung von Renin gehemmt wird [4].

Im Falle einer vermehrten Kochsalzzufuhr und einer daraus resultierenden osmotisch bedingten Zunahme des Blutvolumens (Hypervolämie) – Blutdruckanstieg – kommt es zur Synthese und Sekretion des atrialen natriuretischen Peptids (ANP) aus den Vorhöfen des Herzens, insbesondere aus dem rechten Herzvorhof. ANP gelangt zur Niere und hemmt dort die Ausschüttung von Renin aus dem juxtaglomerulären Apparat (Kontaktstelle zwischen versorgendem Blutgefäß (Vas afferens) und dem distalen Nierentubulus) und somit die Aktivierung des RAAS. Dies hat eine gesteigerte renale (nierenbedingte) Natrium- und Wasserausscheidung zur Folge, wodurch sich das Extrazellulärvolumen und damit der Blutdruck normalisiert [6, 9].

Literatur

  1. Biesalski HK, Bischoff SC, Puchstein C: Ernährungsmedizin. Nach dem Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer. 4. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2010
  2. Bundesinstitut für Risikobewertung. Verwendung von Mineralstoffen in Lebensmitteln – Toxikologische und ernährungsphysiologische Aspekte. Domke A, Großklaus R, Niemann B, Przyrembel H, Richter K, Schmidt E, Weißenborn A, Wörner B, Ziegenhagen R (Hrsg.), Kap. 15, Seiten 279-291, BfR-Wissenschaft 04/2004, Berlin (2004)
  3. Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Österreichische Gesellschaft für Ernährung, Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung, Schweizerische Vereinigung für Ernährung: Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. 5. Auflage. In: DGE/ÖGE/SGE/SVE. Umschau- Braus-Verlag, Frankfurt/Main (2013)
  4. Elmadfa I, Leitzmann C: Ernährung des Menschen. 4. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2004
  5. Grunewald RW: Wasser und Mengenelemente. 4.2 Natrium. In: Schauder P, Ollenschläger G (Hrsg.): Ernährungsmedizin, Prävention und Therapie. 2. Auflage. Urban & Fischer Verlag, München 2003
  6. Hahn A, Ströhle A, Wolters M: Ernährung – Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart 2006
  7. Kasper H: Ernährungsmedizin und Diätetik. 10. Auflage. Urban & Fischer Verlag, München 2004
  8. Leitzmann C, Müller C, Michel P, Brehme U, Hahn A, Laube H: Ernährung in Prävention und Therapie. Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG 2005 
  9. Löffler G, Petrides PE (Hrsg.): Biochemie und Pathobiochemie. 7. völlig neu bearbeitete Auflage. Springer Verlag, Heidelberg 2003
  10. Niestroj I: Praxis der Orthomolekularen Medizin. Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 2000
  11. Preuss HG: Sodium, Chloride, and Potassium. Chapter 31. In: Bowman B.A., Russell R.M. (Eds.): Present Knowledge in Nutrition. International Life Sciences Institut 2012
  12. Schmidt E, Schmidt N: Leitfaden Mikronährstoffe. Orthomolekulare Prävention und Therapie. Urban & Fischer München 2004 
  13. Seeger R: Giftlexikon Natrium (Na). DAZ 134: 29-41, 1994
  14. Sheng HW : Sodium, chloride and potassium. In: Stipanuk M, ed. Biochemical and Physiological Aspects of Human Nutrition. Philadelphia: WB Saunders Company, 686-710, 2000
  15. Schlieper CA: Grundfragen der Ernährung. 23. Auflage, Verlag Dr. Felix Büchner, 2019
  16. Warnock DG, Kusche-Vihrog K, Tarjus A, Sheng S, Oberleithner H, Kleyman TR, Jaisser F (2014): Blood pressure and amiloride-sensitive sodium channels in vascular and renal cells. Nat Rev Nephrol 10: 146-157 Published online 2014 Jan 14. doi:  10.1038/nrneph.2013.275