Versorgungssituation
In der Nationalen Verzehrsstudie II (NVS II, 2008) wurde für Deutschland das Ernährungsverhalten der Bevölkerung untersucht und gezeigt, wie sich dieses auf die durchschnittliche tägliche Nährstoffzufuhr mit Makro- und Mikronährstoffen (Vitalstoffe) auswirkt. Der Mineralstoff Chlorid wurde in dieser Studie nicht erfasst. Bezüglich der Zufuhr von Chlorid in der deutschen Bevölkerung existieren keine repräsentativen Zufuhrdaten. Anhand der Natriumzufuhr (für die Daten aus der NVS II vorliegen) kann auf die Chloridzufuhr in der deutschen Bevölkerung geschlossen werden, da Chlorid fast ausschließlich in Verbindung mit Natrium (NaCl bzw. Kochsalz) aufgenommen wird [1, 2].
Als Bemessungsgrundlage für die Beurteilung der Nährstoffversorgung werden die Zufuhr-Empfehlungen (D-A-CH-Referenzwerte) der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) herangezogen. Ein Vergleich, der in der NVS II ermittelten Nährstoffzufuhr mit den Empfehlungen der DGE lässt erkennen, für welche Mikronährstoffe (Vitalstoffe) in Deutschland häufiger eine Unterversorgung besteht.
Zur Versorgungssituation lässt sich Folgendes feststellen:
- Die von der DGE als akzeptabel angesehene Menge von 6 g Kochsalz pro Tag (entsprechend 2,4 g Natrium und 3,6 g Chlorid) wird in der deutschen Bevölkerung von der Hälfte der Frauen und von 2/3 der Männer überschritten. Bei Männern liegt der Medianwert der Kochsalzzufuhr bei 9 Gramm pro Tag und bei Frauen bei 6,5 g pro Tag. Am höchsten ist die Kochsalzaufnahme bei Männern – vor allem im Alter von 19-24 Jahren –, Jugendlichen und Kindern. Bei Frauen steigt die Kochsalzzufuhr bis zum Alter von 35-50 Jahren an und sinkt dann wieder ab [5].
- Die Zufuhr-Empfehlung für Natrium und Chlorid wird sowohl von Männern als auch von Frauen in allen Altersklassen erreicht.
- Schwangere und Stillende haben einen Mehrbedarf an Natrium und Chlorid gegenüber ihren nicht schwangeren bzw. nicht stillenden Altersgenossen. Das ist zu begründen mit der Zunahme der extrazellulären Masse (ECM) und der Bildung von Amnionflüssigkeit (Fruchtwasser) bei Schwangeren sowie den Bedürfnissen des Fetus. Der durchschnittliche Mehrbedarf beträgt bei Schwangeren 70 mg Natrium und bei Stillenden 180 mg Natrium. Die Zufuhr-Empfehlung für beide Mineralstoffe wird auch von Schwangeren und Stillenden in allen Altersklassen erreicht [4].
Die folgende Tabelle zeigt eine Übersicht von Bedarf und Zufuhr an Natrium bzw. Kochsalz von Erwachsenen in Deutschland [4]:
| Natrium (mg) | NaCl bzw. Kochsalz (mg) | |
| Minimalbedarf | 115 | 300 |
| Minimalzufuhr | 200 | 500 |
| Empfohlene Zufuhr | < 2.400 | < 6.000 |
| Zufuhr in Deutschland | ca. 4.800 | ca. 12.000 |
Zusammensetzung des durchschnittlichen täglichen Verbrauchs von Kochsalz [3]:
| 1 Gramm | Unverarbeitete Grundlebensmittel: Getreide, Kartoffeln, Gemüse, Milch, Fleisch |
| 2-3 Gramm |
Brot: alle Sorten |
| 3-5 Gramm | Brotbelag: Wurst, Schinken, generell Pökelwaren, Käse, Fischmarinaden |
| 4-5 Gramm | Industriell bearbeitete Lebensmittel, Fischgerichte, Konserven, selbst zubereitete Speisen |
| 1-2 Gramm | Nachsalzen sowie Würzen mit salzhaltigen Gewürzen |
Sicherheitsbewertung
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European food safety authority, EFSA) konnte aufgrund der unzureichenden Datenlage keine sichere tägliche Höchstmenge für Natrium ableiten.
Die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) hält eine Aufnahme von 6 g Kochsalz pro Tag für akzeptabel. Diese Menge entspricht:
- 2.400 mg Natrium und damit etwa dem 4-fachen der Zufuhr-Empfehlung der DGE für Natrium [2]
- 3.600 mg Chlorid und damit etwa dem 4,5-fachen der Zufuhr-Empfehlung der DGE für Natrium [2]
Der LOAEL (Lowest Observed Adverse Effect Level) – die niedrigste Dosis eines Stoffes, bei der gerade noch negative Auswirkungen beobachtet wurden – liegt bei einer Menge von 2,3 g Natrium pro Tag (entspricht 5,8 g Kochsalz) [1]. Als unerwünschter Effekt wurde ein Blutdruckanstieg beobachtet.
Der LOAEL für Chlorid liegt bei einer Menge von 3,6 g (3.600 mg) pro Tag und entspricht der akzeptablen Höchstmenge [2].
Da für die von der DGE als akzeptabel angesehene Menge an Kochsalz davon ausgegangen wurde, dass Natrium die Verbindung ist, von der in hohen Mengen eine gesundheitliche Beeinträchtigung ausgeht, kann die akzeptable Höchstmenge von Chlorid nur in Verbindung mit Natrium, also für die Zufuhr von Kochsalz, herangezogen werden [2].
Literatur
- Bundesinstitut für Risikobewertung. Verwendung von Mineralstoffen in Lebensmitteln – Toxikologische und ernährungsphysiologische Aspekte. Domke A, Großklaus R, Niemann B, Przyrembel H, Richter K, Schmidt E, Weißenborn A, Wörner B, Ziegenhagen R (Hrsg.), Kap. 15, Seiten 279-291, BfR-Wissenschaft 04/2004, Berlin (2004)
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Österreichische Gesellschaft für Ernährung, Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung, Schweizerische Vereinigung für Ernährung: Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. 5. Auflage. In: DGE/ÖGE/SGE/SVE. Umschau- Braus-Verlag, Frankfurt/Main (2013)
- Klaus D, Hoyer J, Middeke M: Kochsalzrestriktion zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(26): 457-62; doi: 10.3238/arztebl.2010.0457
- Schauder P, Ollenschläger G: Ernährungsmedizin. Prävention und Therapie. 3. Auflage, Urban & Fischer, München / Jena, 2006
- Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) BfR empfiehlt Maßnahmen zur Verringerung des Salzgehaltes in Lebensmitteln. Stellungnahme Nr. 035/2009 des BfR vom 30. Juli 2008