Kochsalzrestriktion (Kochsalzbeschränkung)
Eine Reduktion der Kochsalzzufuhr kann in unterschiedlicher Strenge erfolgen, nämlich als:
- mäßig kochsalzarme Diät: circa 6 g Kochsalz pro Tag (entspricht 2,4 g Natrium)
- kochsalzarme Diät: circa 3 g Kochsalz pro Tag (entspricht 1,2 g Natrium)
- streng kochsalzarme Diät: bis zu 1 g Kochsalz pro Tag (entspricht 0,4 g Natrium)
Für Gesunde oder Patienten mit wenigen Komorbiditäten (Begleiterkrankungen) wird eine tägliche Kochsalzaufnahme von 10 g in Bezug auf das Risiko für kardiovaskuläre („das Herzkreislaufsystem betreffende“) Folgeerkrankungen bzw. Komplikationen als unproblematisch angesehen.
Eine Möglichkeit, die Kochsalzzufuhr zu senken, ist die Verwendung von Salzersatzstoffen. Salzersatzstoffe sind natriumreduziert (LSSS = low-sodium salt substitutes). Dabei wird Natrium gegen ein Kaliumsalz oder andere Mineralien ausgetauscht. Durch Salzersatzprodukte sinken systolischer und diastolischer Blutdruck signifikant, die Natriumausscheidung sowie die Kalium- und Calciumwerte im Urin steigen an. In einer Studie konnte jedoch bislang nur ein deutlicher Einfluss auf die Gesamtmortalität beobachtet werden. Um weitere mögliche Effekte natriumarmer Salzersatzstoffe einschätzen zu können, sind entsprechende Studien erforderlich [13].
Mäßig kochsalzarme Diät (moderate Kochsalzrestriktion)
In der Prävention und Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und im Speziellen von Hypertonie ist neben anderen diätetischen Maßnahmen die Kochsalzbeschränkung der wichtigste Faktor. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und diverse medizinische Fachgesellschaften empfehlen eine moderate Beschränkung der Kochsalzzufuhr auf 5 bis 6 g pro Tag [2, 3]. Eine Verminderung der Salzzufuhr verstärkt zudem die Wirksamkeit der blutdrucksenkenden Medikamente [9].
Der blutdrucksenkende Effekt einer Kochsalzrestriktion fällt bei Hypertonikern signifikant stärker aus als bei Normotonikern. Man kann sagen, dass der Blutdruck je 4,4 g Kochsalz-Reduktion um 5 mmHg sinkt [12].
Da nicht jeder Hypertoniker (Bluthochdruckpatient) auf eine Kochsalzrestriktion mit einer Senkung des Blutdrucks reagiert, wird in diesem Zusammenhang eine unterschiedliche Salzsensitivität (Synonyme: Salzempfindlichkeit; Kochsalzsensitivität; Kochsalzempfindlichkeit) in der Bevölkerung diskutiert, d. h., einige Menschen reagieren empfindlicher auf Salz als andere (siehe Kapitel "Salzsensitivität").
Da eine tägliche Kochsalzaufnahme von 5-6 g mit keinen gesundheitlichen Schäden assoziiert ist, sollte sie auch von Patienten eingehalten werden, die als nicht salzsensitiv gelten [4, 6].
Vergessen werden darf nicht, dass sich durch die erforderliche Ernährungsumstellung zur Kochsalzreduktion die Aufnahme der Mineralstoffe Kalium und Magnesium tendenziell erhöht und die Zufuhr von Eisen und vor allem gesättigten Fettsäuren reduziert. Auch diese Faktoren spielen im Rahmen der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine Rolle [1].
Da bei Diabetikern die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) für eine Hypertonie erhöht ist, sollte auch hier eine Kochsalzbeschränkung auf 6 g/Tag erfolgen. Ebenso wird dadurch die Entstehung diabetesassoziierter, kardiovaskulärer Folgeerkrankungen verzögert [4].
Patienten mit Stoma (künstlicher Darmausgang) müssen darauf achten, in Abhängigkeit von der Länge des Restdarms, die daraus resultierenden Wasser- und Elektrolytverluste auszugleichen. Vor diesem Hintergrund sollte die tägliche Kochsalzaufnahme bei 6-9 g liegen [1].
Kochsalzarme Diät
Bei Patienten mit folgenden Erkrankungen sollte die tägliche Kochsalzzufuhr unter 6 g, vorzugsweise auf 3 g/Tag (entspricht 1 200 mg Natrium) beschränkt werden [1]:
- Aszites (Bauchwassersucht) infolge einer Leberzirrhose (Leberschrumpfung) – Die renale Retention (Zurückhalten in der Niere) von Natrium und Wasser durch Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems ist ein entscheidender Faktor für die Entwicklung eines Aszites. Durch eine Kochsalzbeschränkung unter 6 g/Tag wird eine negative Natriumbilanz erzeugt, die in Kombination mit weiteren therapeutischen Maßnahmen wie Bettruhe dazu beitragen kann, dass sich der Aszites beseitigen lässt [1]. Bevor Diuretika (entwässernde Medikamente) eingesetzt werden, kann die Therapie des Aszites zunächst mit einer streng natriumarmen Kost, das heißt maximal 1 g Kochsalz/Tag (entspricht 390 mg Natrium), unter stationären Bedingungen begonnen werden [6]. In der Regel reicht allerdings eine kochsalzarme Diät allein nicht aus, den Aszites ausreichend zu beseitigen, sodass die Gabe eines Diuretikums notwendig wird [6].
- Herzinsuffizienz (Herzschwäche) – Bei Herzinsuffizienz, vor allem bei Rechtsherzinsuffizienz, kommt es durch Abnahme des Herzminutenvolumens (HMV) zu einer venösen Hypertonie (erhöhter Druck im Venensystem der Beine), Aldosteronsekretion und Abnahme der glomerulären Filtrationsrate (pro Zeiteinheit von den Glomeruli der Nieren filtriertes Volumen). Die daraus resultierende vermehrte Natrium- und Wasserretention (Zurückhalten von Natrium und Wasser) kann zur Entstehung eines kardialen Ödems führen. Das kardiale Ödem bei Herzinsuffizienz lässt sich durch eine natriumdefinierte und flüssigkeitsreduzierte Ernährung therapieren. Für die Anfangsbehandlung in der Klinik empfiehlt sich eine natriumarme Diät (< 1,2 g Natrium ≤ 3 g Natriumchlorid/Kochsalz pro Tag). Für die Zeit vor der Entlassung und für die ambulante Dauereinstellung ist eine mäßig natriumarme Kost, eventuell in Kombination mit einem Saluretikum, indiziert (< 2,4 g Natrium ≤ 6 g Natriumchlorid/Kochsalz pro Tag).
- Ödeme (Wassereinlagerung) – Durch eine Verringerung der Natriumzufuhr bzw. eine Erhöhung der Natriurese (Ausscheidung von Natrium mit dem Harn) mittels Diuretika (Entwässerungsmittel) bewirkt man eine Ausschwemmung der Ödeme. Die Beschränkung der Natriumzufuhr sollte mehr oder weniger streng sein.
- Akute diffuse Glomerulonephritis – In der akuten Phase sollte die Kochsalzzufuhr bei maximal 1 g (390 mg Natrium) pro Tag liegen. Auch wenn keine Ödeme, Hypertonie oder Harnstoffretention nachweisbar sind, sollte die tägliche Kochsalzzufuhr auf 3-4 g (1,4 g Natrium) für eine bestimmte Zeit reduziert bleiben [6].
- Chronische Glomerulonephritis – In Abhängigkeit von der Schwere der Hypertonie sollte die Kochsalzzufuhr bei mittelgradiger und leichter Form auf 3-4 g (1,4 g Natrium) pro Tag reduziert werden und bei schwerer Form auf 1 g (390 mg Natrium) [6].
- Chronische Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) in allen Stadien – Durch die verstärkte Natrium- und Wasserretention kommt es zu peripheren Ödemen, pulmonaler (lungenbedingter) Stauung und arterieller Hypertonie. Durch die Pharmakotherapie soll das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) blockiert werden und Diuretika sollen den Blutdruck senken. Eine hohe Kochsalzaufnahme würde beiden Bemühungen entgegenwirken. Im 24-h-Sammelurin sollte daher die NaCl-Aufnahme regelmäßig ermittelt werden [2]. Eine natriumarme Ernährung muss bei chronisch Niereninsuffizienten kontrolliert und indikativ erfolgen, um die Erkrankten nicht zu gefährden [6].
- Nephrolithiasis (Nierensteine) – Bei der Therapie von Cystinsteinen sollte die Kochsalzzufuhr < 6 g/Tag sein.
- Dialyse – Bei dialysepflichtigen Patienten besteht unter anderem die Gefahr von Störungen im Elektrolythaushalt. Daher sollte bei der Hämodialyse (therapeutisches Dialyseverfahren, welches auf dem Prinzip der Blutfilterung beruht) die Natriumzufuhr bei 1,4-2,4 g/Tag (60-100 mmol), entsprechend 3,5-6 g Kochsalz, liegen. Im Gegensatz dazu ist bei der Peritonealdialyse (therapeutisches Verfahren, welches der primär intrakorporalen (innerhalb des Körpers) Blutreinigung dient) eine Natriumrestriktion nicht angezeigt [6].
Schwangeren, bei denen sich eine Schwangerschaftsgestose (EPH-Gestose) entwickelt hat, wird mittlerweile nicht mehr eine strenge Kochsalzrestriktion empfohlen. Es würde dadurch eher zu negativen Beeinträchtigungen während des weiteren Schwangerschaftsverlaufs kommen [6].
Streng kochsalzarme Diät
Die Realisierung einer streng kochsalz- bzw. natriumarmen Kost ist selbst unter stationären Bedingungen schwierig und wird folglich kaum bzw. nur noch kurzfristig angewendet [3, 6]. Vor allem bei kardiovaskulären Risikopatienten (Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen) sollte von einer Reduzierung der Kochsalzaufnahme von unter 3 g/Tag abgesehen werden. Eine Reduzierung der Kochsalzzufuhr auf max. 1 g führt aufgrund der erforderlichen Auswahl der Lebensmittel zudem zwangsläufig zu einer verminderten Proteinaufnahme (Eiweißaufnahme) (circa 60 g/Tag) [6]. Weitere folgende ungünstige Auswirkungen werden einer streng kochsalzarmen Diät zugeschrieben:
- Aktivierung des Sympathikus – führt unter anderem zur Ausschüttung von Stresshormonen, Puls- und Blutdruckanstieg
- Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosterin-Systems – führt unter anderem dazu, dass die Nieren weniger Wasser und Natrium ausscheiden und das Blutvolumen zunimmt
- Anstieg von LDL-Cholesterin und Triglyceriden
- Anstieg der Harnsäure im Blut
- Verminderung der Insulinsensitivität
Zudem geht diese drastische Beschränkung der Kochsalzaufnahme mit erheblichen Geschmackseinbußen einher und ist schwierig herzustellen [6].
Mögliche Gefahren einer Kochsalzbeschränkung?
Selbst wenn es bei einer moderaten Beschränkung der Kochsalzaufnahme (5-6 g/Tag) zu heftigen Diarrhöen (Durchfällen) oder länger anhaltendem Erbrechen kommt, ist nicht mit einem Natriummangel zu rechnen. Auch ein Natriumverlust durch Nierenerkrankungen oder Nebennierenrindeninsuffizienz sollte kein Grund für eine Minderversorgung mit Natrium sein.
Da die meisten alten Menschen, nämlich circa 60 bis 70 % der über 70-Jährigen, an einer systolischen Hypertonie leiden, profitieren auch sie von einer Reduzierung der Kochsalzaufnahme. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass bei älteren Patienten (> 75 Jahre) ein Risiko für eine Hypovolämie (vermindertes Blutvolumen) und Hyponatriämie (Natriummangel) besteht. Bei diesen sollte von einer intensiven Reduzierung der Kochsalzzufuhr abgesehen werden.
Auch bei Kindern könnte sich eine Kochsalzreduktion positiv auswirken. Man weiß, dass die Höhe der Kochsalzaufnahme in der Kindheit die Höhe des Blutdrucks im Kindes- und Erwachsenenalter mitbestimmt. Da eine hohe Kochsalzaufnahme oft mit einer hyperkalorischen, fett- und kohlenhydratreichen Ernährung einhergeht, würde man durch die Beschränkung der Kochsalzaufnahme parallel auch das zunehmende Übergewicht bekämpfen [3].
Literatur
- Schauder P, Ollenschläger G: Ernährungsmedizin. Prävention und Therapie. 3. Auflage, Urban & Fischer, München / Jena, 2006
- Biesalski HK, Bischoff SC, Puchstein C: Ernährungsmedizin. Nach dem Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer. 4. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2010
- Klaus D, Hoyer J, Middeke M: Kochsalzrestriktion zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen. Übersichtsarbeit Deutsches Ärzteblatt, Jg 107, Heft 26, 2. Juli 2010
- Leitzmann C, Müller C, Michel P, Brehem U, Hahn A, Laube H: Ernährung in Prävention und Therapie. Ein Lehrbuch 2. Auflage, Hippokrates Verlag Stuttgart 2005
- Bundesinstitut für Risikobewertung. Verwendung von Mineralstoffen in Lebensmitteln – Toxikologische und ernährungsphysiologische Aspekte. Domke A, Großklaus R, Niemann B, Przyrembel H, Richter K, Schmidt E, Weißenborn A, Wörner B, Ziegenhagen R (Hrsg.), Kap. 15, Seiten 279-291, BfR-Wissenschaft 04/2004, Berlin (2004)
- Kasper H: Ernährungsmedizin und Diätetik. 11. Auflage, Urban & Fischer, München, 2009
- Luft FC, Weber M, Mann J: Kochsalzkonsum und arterielle Hypertonie. Dt Ärzteblatt; 1992; 89: B898-B903
- Schorr-Neufing U: Ursachen der Salzsensitivität – Stand der Forschung. Ernährungs-Umschau; 2000; 47: 109-111
- Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). BfR empfiehlt Maßnahmen zur Verringerung des Salzgehaltes in Lebensmitteln. Stellungnahme Nr. 035/2009 des BfR vom 30. Juli 2008
- Müller MJ: Ernährungsmedizinische Praxis. Methoden – Prävention – Behandlung. 2. Auflage, Springer Medizin Verlag Heidelberg, 2007
- Corruzzi P, Brambilla L, Brambilla V, Gualerzi M, Rossi M, Parati G, DiRenzo M, Tadonio J, Novarini A: Potassium depletion and salt sensitivity in essential hypertension. J Clin Endocrinol Metab. 2001 Jun;86(6):2857-62.
- He FJ, Li J, Macgregor GA: Effect of longer term modest salt reduction on blood pressure: Cochrane systematic review and meta-analysis of randomised trials. BMJ 2013; 346: f 1325. doi.org/10.1136/bmj.f1325
- Hernandez AV, Emonds EE, Chen BA, Zavala-Loayza AJ, Thota P, Pasupuleti V, Roman YM, Bernabe-Ortiz A, Miranda JJ: Effect of low-sodium salt substitutes on blood pressure, detected hypertension, stroke and mortality. Heart. 2019 Jan 19. pii: heartjnl-2018-314036. doi: 10.1136/heartjnl-2018-314036