Blutgruppenbestimmung

Bei einer Blutgruppenbestimmung erfolgt die Erfassung der AB0-Blutgruppe, die Bestimmung des Rhesus-Status (insbesondere des D-Antigens) sowie die Durchführung eines Antikörpersuchtests. Ziel ist es, Transfusionsreaktionen zu vermeiden und immunhämatologische Risiken – insbesondere in der Schwangerschaft – frühzeitig zu erkennen.

AB0-System

Das AB0-System basiert auf den Blutgruppenantigenen (Merkmalen auf der Zelloberfläche) A, B und 0, die auf der Membran der Erythrozyten (roten Blutkörperchen) exprimiert sind. Antikörper gegen diese Antigene (meist IgM) befinden sich im Blutplasma und richten sich jeweils gegen die nicht selbst getragenen Antigene (natürliche Isoagglutinine (Abwehrstoffe gegen fremde Blutgruppen)).

  • Blutgruppe A – Antigen A auf Erythrozyten, Antikörper gegen B
  • Blutgruppe B – Antigen B auf Erythrozyten, Antikörper gegen A
  • Blutgruppe AB – Antigene A und B, keine Antikörper
  • Blutgruppe 0 – keine Antigene, Antikörper gegen A und B

Verteilung in der mitteleuropäischen Bevölkerung:

  • 0: ~40 %
  • A: ~40 %
  • B: ~10 %
  • AB: ~4 %

Untergruppen:
Bei A: Subtypen A1 (ca. 80 %) und A2 (ca. 20 %) – relevant z. B. bei Organtransplantationen (Organübertragungen) und bestimmten immunhämatologischen Fragestellungen.

Rhesus-System

Das Rhesus-System umfasst mehrere Antigene (Eiweiße auf der Zelloberfläche) auf der Erythrozytenmembran: D, C, c, E, e. Die Bestimmung des D-Antigens (Rhesusfaktor D) ist klinisch besonders relevant.

  • Rhesus-positiv (RhD+) – D-Antigen vorhanden (~85 % der Europäer)
  • Rhesus-negativ (RhD−) – kein D-Antigen (~15 %)

Im Gegensatz zum AB0-System entwickeln sich Anti-D-Antikörper (IgG) nur nach Kontakt mit fremden RhD-positiven Erythrozyten – z. B. durch Transfusion (Blutübertragung) oder während der Schwangerschaft (fetomaternale Transfusion (Übertritt von kindlichem Blut zur Mutter)).

Immunhämatologische Relevanz

  • AB0-Inkompatibilität – führt zu akuten hämolytischen Transfusionsreaktionen (Zerstörung fremder Blutzellen durch Abwehrreaktion) durch präformierte IgM-Antikörper
  • Rhesus-Inkompatibilität – spielt eine zentrale Rolle bei Schwangerschaften RhD-negativer Frauen mit RhD-positivem Fetus (Risiko einer fetalen hämolytischen Erkrankung (Blutzerfall beim Kind))

Pränataldiagnostisch kann der fetale RhD-Status mittlerweile durch Analyse zellfreier fetaler DNA im maternalen Plasma bestimmt werden (nichtinvasive pränatale Diagnostik (Untersuchung ohne Eingriff)), wodurch der gezielte Einsatz einer Rhesusprophylaxe (Verhinderung einer Abwehrreaktion gegen das Kind) ermöglicht wird.

Weitere Blutgruppensysteme

Neben AB0 und Rhesus existieren über 30 weitere Systeme mit teils transfusionsrelevanter Bedeutung:

  • Kell-System – ca. 92 % der Bevölkerung ist Kell-negativ (kk)
  • Kidd-System (Jk)
  • Duffy-System (Fy)
  • Lewis-System (Le)
  • MNS-, Lutheran-, P- und weitere Systeme

Das Verfahren

Benötigtes Material

  • Vollblut (nicht zentrifugiertes Blut mit allen Blutbestandteilen)

Vorbereitung des Patienten / Durchführung

  • Keine spezielle Vorbereitung notwendig
  • Durchführung mit doppelter Sicherheit:
    • Direkte Testung (Zelltypisierung (Bestimmung der Merkmale auf den roten Blutkörperchen)) – Patientenerythrozyten werden mit Antiseren gegen A, B, AB und D getestet
    • Indirekte Testung (Serumtypisierung (Bestimmung der Antikörper im Blutplasma)) – Patientenserum wird mit Testerythrozyten der Gruppen A, B und 0 getestet

Störfaktoren

  • Kälte- oder Wärmeantikörper können die Testung durch unspezifische Agglutination (Verklumpung) erschweren
  • Autoantikörper, z. B. bei Autoimmunhämolysen (körperliche Zerstörung eigener roter Blutkörperchen)
  • Vorangegangene Transfusionen können die Interpretation verfälschen
  • Verdünnungseffekte bei massiver Transfusion oder bei hämatopoetischer Stammzelltransplantation (Übertragung blutbildender Zellen)

Indikationen

  • Präoperative Vorbereitung (Blutgruppenbestimmung vor Operationen)
  • Schwangerschaftsvorsorge (inkl. Rhesusprophylaxe)
  • Vor Gabe von Blutprodukten (Erythrozytenkonzentrat, Plasma, Thrombozytenkonzentrat)
  • Organtransplantation (Organübertragung)
  • Forensische Fragestellungen (z. B. zur Identifikation von Personen)
  • Vaterschaftstestung