Mundakupunktur

Die Mundakupunktur nach Gleditsch ist ein therapeutisches und diagnostisches Verfahren, das von dem deutschen Arzt und Akupunkteur J. M. Gleditsch etabliert wurde. Die traditionelle Akupunktur (lat. acus: Nadel; pungere: stechen) ist ein alternativ-medizinisches Verfahren, das sich von der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ableitet. Es basiert auf der Annahme, dass durch das sanfte Einstechen feiner Nadeln die Dynamik des Energiesystems, die sogenannten Meridiane, zugunsten der Heilung beeinflusst werden kann.

Gleditsch entdeckte während seiner Studien an seinen Patienten, die er als Zahnarzt und Hals-Nasen-Ohren-Arzt behandelte, das sogenannte Somatotop der Mundhöhle. Als Somatotop wird hier die örtliche Projektion des Körpers und seiner Organe auf die Mundhöhle bezeichnet. Das Somatotop der Mundhöhle wird ebenso wie das Ohrsomatotop (Ohrakupunktur, Auricolotherapie) auch als Mikrosystem bezeichnet. Dies bedeutet, dass z. B. die Wirbelsäule des Patienten sich in speziellen Punkten (Mundakupunkturpunkte) einer bestimmen Region der Mundhöhle widerspiegelt. Dieser Zusammenhang ermöglicht eine therapeutische Behandlung z. B. einer erkrankten Wirbelsäule durch Stimulation der Akupunkturpunkte.

Der folgende Text stellt das Verfahren und die theoretischen Hintergründe der Mundakupunktur im Überblick dar.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

Die Mundakupunktur wird durchgeführt bei oder bei Verdacht auf:

  • Allergische, akute oder chronische
    • chronische Bronchitis
    • chronische Rhinitis (Heuschnupfen)
    • Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung)
  • Atypische Gesichtsschmerz
  • Chronische Parodontitis (bakterielle Entzündung des Zahnhalteapparates/Parodont) – zur Stabilisierung der Schleimhautfunktionen
  • Chronische Gingivitis (Zahnfleischentzündung) – zur Stabilisierung der Schleimhautfunktionen
  • Funktionelle Störungen 
    • Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt)
    • Respirationstrakt (Atmungstrakt)
  • Funktionelle Herzbeschwerden – Herzbeschwerden, die nicht auf eine organische Ursache zurückgeführt werden können
  • Funktionelle Störungen des Urogenitaltraktes (Harntrakt):
    • Adnexitis – Entzündung von Eierstock und Eileitern
    • Prostatabeschwerden
    • Zystitis (Blasenentzündung)
  • Funktionsstörungen im Genital- und Analbereich:
    • Analfissuren – schmerzhafter Einriss der Haut- oder Schleimhaut des Afters
    • Analekzeme – entzündliche Hautveränderungen im Bereich des Anus
    • Ekzeme im Genitalbereich
    • Hämorrhoiden
  • Halbseitenkopfschmerz
  • Hörsturz
  • Kardiovaskuläre Erkrankungen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen)
  • Infektanfälligkeit
  • Migräne
  • Myofasziales Schmerzsyndrom – Ganzkörperschmerzsyndrom, Weichteilrheuma
  • Psychosomatische Beschwerden
  • Spannungskopfschmerz
  • Trigeminusneuralgie – Schmerzen, die vom Nervus trigeminus (großer Gesichtsnerv) ausgehen
  • Tinnitus (Ohrgeräusche)
  • Vertigo (Schwindel)
  • Schmerzen und Beschwerden im Bereich von:
    • HWS (Halswirbelsäule)
    • BWS (Brustwirbelsäule)
    • LWS (Lendenwirbelsäule)
    • Iliosakralgelenk (ISG; Kreuzdarmbeingelenk)
    • Hüft-, Knie-, Sprung-, Schulter- und Ellenbogengelenk
    • Kiefergelenk

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Aphthen – kleine Entzündung auf der Mundschleimhaut
  • Entzündungen
  • Infektionen im Bereich der Mundschleimhaut
  • Prothesendruckstellen
  • Wunden

Vor der Therapie

  • Umfassende Anamnese und Untersuchung: Dazu gehört die Abklärung der spezifischen Beschwerden und der allgemeinen Gesundheit des Patienten.
  • Mundhygiene: Eine gute Mundhygiene ist entscheidend, da die Behandlung im Mundraum stattfindet.
  • Aufklärung und Einverständniserklärung: Der Patient sollte über das Verfahren, die erwarteten Effekte und mögliche Risiken informiert werden.
  • Ausschluss von Kontraindikationen: Überprüfung auf mögliche Kontraindikationen wie entzündliche Erkrankungen im Mund, akute Infektionen oder Allergien gegen verwendete Materialien.

Das Verfahren

Die Besonderheit der Mundakupunktur ist, dass es sich nicht um Hautpunkte wie z. B. bei der Ohrakupunktur handelt, sondern um Schleimhautpunkte. Bei der herkömmlichen Akupunktur wird die positive Wirkung durch das Verweilen der Nadeln im entsprechenden Hautpunkt erreicht. Die Stimulation der Schleimhautpunkte erfolgt durch Injektion von physiologischer Kochsalzlösung oder eines Lokalanästhetikums (lokales Betäubungsmittel). Nadeln über längere Zeit zu setzen ist naturgemäß nicht möglich, da dies zu gefährlich wäre. Das Betäubungsmittel enthält keine gefäßdilatierenden (gefäßerweiternd) oder verengenden Zusätze, sodass die Behandlung keine systemischen Folgen hat. Die Mundakupunkturpunkte sind aufgrund ihrer erhöhten Druckempfindlichkeit von ihrer Umgebung abgrenzbar und werden in Gruppen eingeteilt:

  • Vestibulumpunkte – diese Punkte liegen in der Lippen- und Wangenschleimhaut
  • Retromolarpunkte (Neunergebiet) – diese Punkte liegen im Bereich hinter den Weisheitszähnen
  • Punkte der aufsteigenden Mandibula – diese Punkte befinden sich etwa in der Mitte zwischen Ober- und Unterkiefer am Vorderrand des aufsteigenden Unterkiefers (Mandibula)
  • Frenulumpunkte – Punkte, die sowohl im Bereich des oberen als auch des unteren Lippenbändchens liegen
  • extraorale Punkte – Punkte, die außerhalb der Mundhöhle liegen und durch Punktfortpflanzung entstehen

Das Auffinden der Akupunkturpunkte geschieht über ein leichtes Berühren der Schleimhaut. An den meisten Stellen werden diese Berührungen kaum wahrgenommen. Wird ein Punkt getroffen, der therapiebedürftig ist, erkennt der Patient dies an einem deutlich intensiveren Empfinden und kann dies seinem behandelnden Arzt mitteilen. Anschließend wird die betroffene Stelle stimuliert, sodass eine gezielt positive Fernwirkung auf eine erkrankte, behandlungsbedürftige Struktur entsteht. Einige praktische Beispiele für Akupunkturpunkte sind unter anderem:

  • Niere, Blase – im Bereich der Schneidezähne (lat. Dentes incisivi, verkürzt nur Incisivi, Singular Dens incisivus zu incidere - „einschneiden“)
  • Leber, Gallenblase – im Bereich der Eckzähne (lat. Dens caninus, Plural Dentes canini, oft nur Canini)
  • Lunge, Dickdarm – im Bereich der vorderen Mahlzähne
  • Magen, Milz – im Bereich der hinteren Mahlzähne (Molar (Dens molaris (von lat. molaris „Mühlstein“), (Pl. Dentes molares) ist ein großer Backenzahn, auch Mahlzahn genannt)
  • Herz, Dünndarm – im Bereich der Weisheitszähne  (Synonyme: Dritte Molaren, Dentes serotini, Dentes sapientes)

Nach der Therapie

  • Beobachtung von Reaktionen: Eventuelle Reaktionen oder Veränderungen im Bereich der behandelten Punkte sollten beobachtet werden.
  • Mundhygiene: Eine fortgesetzte gute Mundhygiene ist wichtig, um Infektionen zu vermeiden.
  • Ernährungsempfehlungen: Möglicherweise werden spezielle Ernährungsempfehlungen gegeben, um Irritationen im Mund zu vermeiden.
  • Nachsorge und Follow-up: Regelmäßige Nachkontrollen können erforderlich sein, um den Behandlungserfolg zu überwachen.

Mögliche Komplikationen

  • Lokale Irritationen: Rötungen, Schwellungen oder leichte Blutungen im Bereich der Akupunkturpunkte im Mund.
  • Infektionen: Obwohl selten, besteht ein geringes Risiko für Infektionen, insbesondere wenn die Mundhygiene nicht angemessen ist.
  • Allergische Reaktionen: Auf Materialien, die während der Therapie verwendet werden.
  • Unbeabsichtigte Verletzungen: Sehr selten können kleine Verletzungen im Mundraum entstehen.

Ihr Nutzen

Die Mundakupunktur ist schnell und wirkungsvoll durchzuführen und stellt eine sinnvolle Ergänzung zur konventionellen schulmedizinischen Therapie dar. Durch die Stimulation bestimmter Organpunkte werden körpereigene Regulationsmechanismen angeregt, und der Körper des Patienten wird in die Lage versetzt, seine Selbstheilungskräfte zu mobilisieren.

Literatur

  1. Gleditsch JM, Ogal HP: Mikroakupunktsysteme. Georg Thieme Verlag 2002
  2. Hecker U: Ohr-, Schädel-, Mund-, Hand-Akupunktur: Behandlung über das Somatotop. Georg Thieme Verlag 2002
     
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