Myoreflextherapie

Bei der Myoreflextherapie handelt es sich um ein therapeutisches Verfahren zur Behandlung einer erhöhten Grundspannung der Skelettmuskulatur, die mit einer Belastung sowohl der umgebenden Weichteilstruktur als auch der Gelenke einhergeht. Durch die Erzeugung sogenannter Umstellungsreize wird der Körper durch eine Balanceherstellung zur Regeneration des Bewegungssystems bewegt.

Zielsetzung und Wirkungsweise der Myoreflextherapie 

Zielsetzung der Myoreflextherapie

  • Schmerzreduktion: Chronische Schmerzzustände, die durch muskuläre Dysbalancen und Fehlhaltungen entstehen, sollen effektiv und nachhaltig gelindert werden.
  • Wiederherstellung der muskulären Balance: Ziel ist es, die natürliche muskuläre Balance und Harmonie wiederherzustellen, indem überhöhte Muskelspannungen reduziert und unteraktive Muskeln gestärkt werden.
  • Verbesserung der Körperhaltung: Durch die Normalisierung der Muskelspannungen soll auch eine Verbesserung der Körperhaltung erreicht werden, was wiederum präventiv gegenüber weiteren Beschwerden und Verletzungen wirkt.
  • Förderung der Beweglichkeit: Die Therapie strebt eine verbesserte Gelenkbeweglichkeit durch die Optimierung der muskulären Funktionen an.
  • Unterstützung der vegetativen Regulation: Indem die Therapie auf eine tiefere, neurologische Ebene des Muskelsystems einwirkt, werden auch vegetative Funktionen wie die Verdauung positiv beeinflusst.

Wirkungsweise der Myoreflextherapie

  • Neurophysiologische Stimulierung: Durch Druck auf spezifische Muskelansatzpunkte werden neurophysiologische Reaktionen ausgelöst, die das zentrale Nervensystem (ZNS) erreichen und dort verarbeitet werden. Diese Reizung bewirkt eine Anpassung der muskulären Spannungsverhältnisse im gesamten Körper.
  • Muskeltonus-Regulation: Die Therapie adressiert gezielt die Muskelspindeln, die für die Regulierung des Muskeltonus zuständig sind. Durch die Manipulation dieser Spindeln wird die Spannung in den Muskeln reduziert und das Gleichgewicht zwischen Agonisten und Antagonisten wiederhergestellt.
  • Integration des Bewegungssystems: Die Myoreflextherapie berücksichtigt die funktionellen Zusammenhänge des Bewegungssystems. Durch die Behandlung wird nicht nur ein lokaler Effekt erzielt, sondern es wird eine ganzheitliche Integration aller beteiligten Strukturen gefördert, was zu einer effizienteren Bewegungsführung führt.
  • Psychosomatische Komponente: Die Therapie erkennt und adressiert auch die psychosomatischen Zusammenhänge von Schmerz und muskulärer Dysfunktion. Stress und emotionale Belastungen, die sich oft in einer erhöhten muskulären Grundspannung manifestieren, werden durch die Behandlung ebenfalls gemindert.
  • Aktivierung der Selbstheilungskräfte: Indem die Myoreflextherapie die körpereigenen Regulationsmechanismen stimuliert, unterstützt sie die Selbstheilungskräfte des Körpers. Dies führt zu einer langfristigen Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens.

Zusammengefasst bietet die Myoreflextherapie eine umfassende Methode zur Behandlung und Prävention von muskulär bedingten Beschwerden und Schmerzen, indem sie auf einer tiefen neurologischen und muskulären Ebene wirkt und dabei den ganzen Menschen in seinen physischen und psychischen Aspekten berücksichtigt.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Haltungsasymmetrie − als Folge der muskulären Symmetriestörung, die häufig mit einer dauerhaften Fehlbelastung einhergeht, können chronische Haltungsasymmetrien hervorgerufen werden. Die Behandlung vorliegender Haltungsasymmetrien lässt sich durch die Myoreflextherapie als zusätzlicher therapeutisches Mittel oder als Primärtherapie durchführen.
  • Chronische Schmerzzustände − durch eine dauerhafte Fehlhaltung kommt es unweigerlich zu Verspannungen des muskulären Systems, die einen Reizzustand der umliegenden Nervenfasern auslösen können. Hieraus resultiert gegebenenfalls eine Schonhaltung des Patienten, die mit einer verstärkten Haltungsasymmetrie einhergehen kann und die chronischen Schmerzzustände weiter aufrecht hält beziehungsweise die Symptomatik weiter verstärkt.
  • Vegetative Symptome − muskuläre Schmerzen und Haltungsasymmetrien beeinträchtigen nicht nur die Funktion des Bewegungsapparates, auch die vegetativen Funktionen des Organismus können gestört sein. Insbesondere die Funktion des Gastrointestinaltraktes (Magen-Darm-Trakt) kann durch die erhöhte Grundspannung der Skelettmuskulatur beeinträchtigt werden.
  • Allgemeines Unwohlsein − als Folge der muskulären Symptome können auch psychische Belastung auftreten und eine Verstärkung von Symptomen weiterer vorliegender Erkrankungen kann hieraus resultieren.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Akute Entzündungen: Vorliegen von akuten Entzündungen in den zu behandelnden Muskeln oder Gelenken.
  • Schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Bei Patienten mit schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist Vorsicht geboten.
  • Infektionskrankheiten: Systemische oder lokale Infektionen, insbesondere im Bereich der Muskulatur.
  • Schwere neurologische Erkrankungen: Bestimmte neurologische Erkrankungen können eine Kontraindikation darstellen.
  • Schwangerschaft: Besonders im ersten Trimester (Schwangerschaftsdrittel) oder bei Risikoschwangerschaften.
  • Krebs: Vorliegen von Krebserkrankungen, besonders in den zu behandelnden Bereichen.
  • Gerinnungsstörungen: Risiko von Blutungen aufgrund von Gerinnungsstörungen.

Vor der Therapie

  • Medizinische Anamnese: Erfassung der medizinischen Vorgeschichte und aktueller Beschwerden.
  • Physikalische Untersuchung: Überprüfung des Muskeltonus und der Gelenkfunktionen.
  • Zielsetzung: Festlegung der Therapieziele in Absprache mit dem Patienten.
  • Aufklärung: Erläuterung der Methode, des Ablaufs und der erwarteten Empfindungen während der Therapie.

Beachte: Chronische Schmerzzustände oder Haltungsanomalien können nicht nur Haltungsasymmetrien zugrunde liegen, auch chronische Infektionen oder auch bösartige Prozesse können zu diesen Symptomen führen. Aufgrund dessen darf auf eine ausführliche Anamnese und Diagnostik nicht verzichtet werden.

Das Verfahren

Das Verfahren der Myoreflextherapie beruht auf dem Modell des Regelkreises. Der behandelnde Therapeut führt durch Stimulation eines Faserbündels der Muskulatur diese zu einer Muskelaktivität und einer muskulären Bewegung. Als Folge dieser Stimulation erfolgt über die Verschaltung der Neurone des Rückenmarks auch eine zentrale Stimulation (im Gehirn). Die periphere Reizung führt somit zu einer Beeinflussung der zentralen Kontrolle der Aktivierungsmuster der Stütz- und Zielmotorik. Über diesen Mechanismus kann mithilfe der Myoreflextherapie vom Therapeuten durch Stimulation eines einzelnen peripheren Druckpunktes eine positive Beeinflussung des gesamten Bewegungsapparates hervorgerufen werden. 

Als Basis der Myoreflextherapie lassen sich Elemente der modernen evidenzbasierten Medizin, der Komplementärmedizin und der Physik nennen.

Nach der Therapie

  • Nachsorgehinweise: Anweisungen zur Vermeidung von Überlastung und Empfehlungen für Bewegungsübungen.
  • Beobachtung: Überwachung von Reaktionen des Körpers auf die Therapie.
  • Regenerationszeit: Berücksichtigung einer angemessenen Regenerationszeit nach der Therapie.
  • Folgetermine: Planung von weiteren Sitzungen zur Beurteilung und Fortsetzung der Therapie.

Mögliche Komplikationen

  • Schmerzverstärkung: Kurzfristige Verstärkung der Symptome oder Schmerzen nach der Therapie.
  • Muskuläre Reaktionen: Muskelkater oder Ermüdungserscheinungen.
  • Hautreaktionen: In seltenen Fällen leichte Hautreizungen im Bereich der Behandlung.
  • Übermäßige Reaktion: Überreaktion des Körpers auf die Therapiereize.

Literatur

  1. Bergsmann O: Myoreflextherapie. Facultas Verlag 2000
  2. Mosetter K, Mosetter R: Der Körper-in-seiner-Umwelt – eine dialektische Einheit. Zeitschrift für Psychotraumatologie und Psychologische Medizin. 2006.
  3. Mosetter K: Entwicklung der Myoreflextherapie. In Stacher A, Marktl W: Ganzheitsmedizin in der Zukunft. Bericht des 1. Zukunftssymposiums der Wiener Internationalen Akademie für Ganzheitsmedizin. 2001
  4. Mosetter K: Myoreflextherapie II. Vesalius Verlag 2010