Darmkrebsvorsorge

Zur Früherkennung von Kolonkarzinomen (Dickdarmkrebs) (Synonyme: Darmkrebs-Screening, Darmkrebsvorsorge) werden die nachfolgend beschriebenen diagnostischen Verfahren angewendet.

Anspruch auf Krebsfrüherkennungsuntersuchungen von Darmkrebs haben Männer und Frauen:

  • Anspruchsalter: 50-54 Jahre – jährliche Untersuchung auf okkultes Blut im Stuhl (verborgenes Blut im Stuhl)
  • Anspruchsalter: ab ≥ 50 Jahre für Männer und ≥ 55 Jahre für Frauen besteht Wahlmöglichkeit:
    • Alle 2 Jahre Untersuchung auf okkultes Blut im Stuhl (verborgenes Blut im Stuhl)
    • Maximal 2 Koloskopien (Darmspiegelungen), im Abstand von 10 Jahren

Beachte: Die United States Preventive Services Task Force (USPSTF) (US-Expertengremium) hat das Eintrittsalter für die Darmkrebsvorsorge auf 45 Jahre gesenkt, da eine deutliche Zunahme von Karzinomen (Krebserkrankungen) vor dem 50. Lebensjahr zu verzeichnen ist. Für die Altersgruppe 45-49 Jahre besteht eine B-Empfehlung (= zweithöchster Empfehlungsgrad) [3].

Die Konsensuskonferenz der neuen S3-Leitlinie empfiehlt weiterhin: Koloskopie (Darmspiegelung) alle zehn Jahre, Sigmoidoskopie (Enddarmspiegelung) alle fünf Jahre oder einen immunologischen Test auf okkultes Blut im Stuhl (iFOBT) alle ein bis zwei Jahre.

Labordiagnostik

Da Kolonkarzinome (Dickdarmkrebs) und deren Vorläuferläsionen (Polypen (Gewebewucherungen)) zu okkulten Blutungen führen können, ist der Nachweis von Blut im Stuhl ein zentrales, nicht-invasives Verfahren der Darmkrebsvorsorge.

Transport/Lagerung: Transport innerhalb von 24 Stunden, Zwischenlagerung im Kühlschrank (4-8 °C) bis zu 1 Tag möglich. Bei speziellen Abnahmesystemen ist das Material bei Raumtemperatur bis zu 5 Tage stabil.

Tests zum Nachweis von nicht sichtbarem Blut im Stuhl (FOBT; Fecal Occult Blood Test)

Haemoccult-Test (gFOBT; Guajak-basierter Test) [Dieser Test wurde von den immunologischen quantitativen Tests weitgehend abgelöst]

Der gFOBT ist ein enzymatisches Nachweisverfahren (Guajak-Reaktion (biochemische Farbreaktion)). Er reagiert auf humanes und tierisches Hämoglobin (roter Blutfarbstoff), weshalb eine fleischfreie Ernährung über 3 Tage erforderlich ist. Sensitivität 30-60 %, Spezifität 70-85 %, Nachweisgrenze ca. 100 µg/g Stuhl. Positiver Vorhersagewert: 40-65 % – das bedeutet, dass bei 40-65 % der positiven Testresultate ein Kolonkarzinom durch Koloskopie bestätigt wurde.

Immunologische Testverfahren (fecal immunochemical tests, FIT; iFOBT)

Immunologische Tests weisen ausschließlich humanes Hämoglobin (menschlicher roter Blutfarbstoff) nach. Sie benötigen keine Diätvorgaben und sind sensitiver als der Guajak-Test.

Schnelltest (Sandwich-Immunoassay)
Sensitivität 76 %, Spezifität 92 %, Nachweisgrenze ca. 10 µg/g Stuhl

Immunologischer Stuhltest (Immunoluminometrischer Assay)
Sensitivität 96 %, Spezifität > 95 %, Nachweisgrenze ca. 1 µg/g Stuhl Dieses Verfahren erkennt ca. 76-86 % der Kolonkarzinome.

Im Vergleich zum gFOBT zeigen immunologische Tests laut DKFZ-Analyse (Deutsches Krebsforschungszentrum) eine etwa doppelt so hohe Entdeckungsrate für Kolonkarzinome und nahezu dreifache Rate für fortgeschrittene Vorstufen, bei gleichzeitig höherer Spezifität [1].

Hämoglobin-Haptoglobin-Komplex
Durch Blutungen gelangt Hämoglobin in den Stuhl und wird dort teilweise an Haptoglobin (Transportprotein für Hämoglobin) gebunden. Der Komplex ist stabiler als freies Hämoglobin, sodass auch Blutungen aus proximalen Darmabschnitten sicherer erkannt werden können. Der Test erkennt etwa 92 % der Patienten mit Kolonkarzinomen.

Beachte: Ein positiver FIT kann auch durch eine Neoplasie (Neubildung) des oberen Gastrointestinaltraktes (Magen-Darm-Trakt) (Ösophagus (Speiseröhre), Magen, Dünndarm) bedingt sein. In einer großen retrospektiven Kohortenstudie betrug der Anteil dieser Tumoren nach positivem FIT 0,25 % gegenüber 0,07 % bei negativem FIT. Drei Jahre nach dem Test war die Inzidenz für Tumoren des oberen GI-Trakts (Magen-Darm-Trakt) bei positivem FIT dreimal höher; ein zwischenzeitlich diagnostiziertes Kolonkarzinom war ein unabhängiger Prädiktor für das Risiko einer oberen GI-Neoplasie [4].

Weitere Testverfahren

M2-PK-Darmkrebstest
Nachweis der tumorassoziierten Form der Pyruvatkinase (M2-PK) (Stoffwechselenzym). Spezifität: ca. 78 %, Sensitivität: 74-83 %.

„Multitarget stool DNA test“ (mtsDNA-Stuhltest)
Nachweis von KRAS-Mutationen (Genveränderungen), Methylierungen der Gene NDRG4 und BMP3 (epigenetische Veränderungen) sowie Beta-Actin (Strukturprotein). Kombination mit Hämoglobin-Immunoassay. In einer Studie mit knapp 10.000 Personen (Alter 50-84 Jahre) lag die Sensitivität für Kolonkarzinome bei 93,2 %; der immunologische Stuhltest (iFOBT) erreichte 73,8 %. Auch für Karzinome im Stadium I-III war der DNA-Test sensitiver (93 % vs. 73 %) [2].

Medizingerätediagnostik

Koloskopie

Die Koloskopie (Darmspiegelung) gilt als das diagnostische Standardverfahren (Goldstandard; s. u. Koloskopie). Sie ermöglicht die direkte Inspektion der Schleimhaut, die Entnahme von Biopsien (Gewebeproben) sowie die Abtragung von Polypen (Vorstufen von Darmkrebs) im gleichen Untersuchungsgang.

Endosonographie

Durch eine Endosonographie (Ultraschall von innen) des Kolons sind direkte Aufnahmen der Darmwände und der angrenzenden Strukturen möglich. Dies ermöglicht bei Tumorerkrankungen die Einschätzung der Infiltrationstiefe und ggf. der lokoregionären Lymphknoten (regionale Lymphknoten).

Virtuelle Koloskopie

Die virtuelle Koloskopie (CT-Koloskopie; computertomographische Darmspiegelung) stellt derzeit noch kein Standardverfahren für die Darmkrebsdiagnostik dar. Es handelt sich um die Darstellung des kompletten Darms durch eine schnelle Mehrschicht-Computertomographie (Schicht-Röntgenaufnahme).
Die virtuelle Koloskopie wurde als mögliche Alternative zur Koloskopie mit dem optischen Endoskop entwickelt. Dabei wird das Kolon – wie bei der Koloskopie – mit Luft gefüllt.

Die computertomographischen Bilddaten werden zu einer dreidimensionalen Innenansicht (3D-Darstellung) rekonstruiert, wobei der Untersucher durch den gesamten Dickdarm „fliegen“ kann. Die Methode erlaubt keine therapeutischen Maßnahmen und ist der Standardkoloskopie hinsichtlich der Detektion kleiner Polypen weiterhin unterlegen.

MR-Koloskopie

Vorteil der MR-Koloskopie (Magnetresonanztomographie des Kolons; MRT-Darmspiegelung) ist die fehlende Strahlenexposition. Das Verfahren ist noch sehr neu, sodass nur wenige Daten zur Sensitivität für fortgeschrittene Adenome (fortgeschrittene Darmpolypen) vorliegen. Aufgrund der eingeschränkten räumlichen Auflösung gilt sie nicht als Routineuntersuchung.

Kapselendoskopie

Die Kapselendoskopie (Kamera-Kapsel) stellt für die Untersuchung des Dünndarms den Goldstandard dar. Für die Untersuchung des Kolons ist die Datenlage noch sehr begrenzt. Die Kolonkapsel kann für Patienten mit unvollständiger Koloskopie oder bei Kontraindikationen (Gegenanzeigen) gegen

Ergebnisse der COLONPREV-Studie – Koloskopie versus FIT

Kernaussagen der randomisierten Nichtunterlegenheitsstudie (COLONPREV):

  • Koloskopie (Darmspiegelung) und FIT (engl. fecal immunochemical test; Stuhltest) zeigten nach 10 Jahren kein unterschiedliches Risiko der darmkrebsbedingten Mortalität (Sterberate) (0,22 % vs. 0,24 %).
  • Auch die Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) kolorektaler Karzinome (Krebs des Dickdarms (Kolon) oder des Mastdarms (Rektum)) unterschied sich nicht – beide Screeningstrategien waren hinsichtlich der Krebsentstehung über 10 Jahre vergleichbar.
  • FIT erzielte höhere initiale Teilnahmequoten (39,9 % vs. 31,8 %), sank jedoch in späteren Screeningrunden deutlich.
  • Etwa 18 % der FIT-Teilnehmer wechselten aufgrund positiver Testergebnisse zur Koloskopie.
  • Koloskopie kann – im Gegensatz zum FIT – Krebsvorstufen entfernen und damit das Erkrankungsrisiko senken; FIT kann primär eine frühe Tumorentdeckung ermöglichen.
  • Der FIT ist weniger belastend, potenziell kostensparend und ökologisch günstiger, während die Koloskopie invasiv und teurer ist.

Literatur

  1. Brenner H, Tao S: Superior diagnostic performance of fecal immunochemical tests for hemoglobin in a head-to-head comparison with guaiac based fecal occult blood test among 2235 participants of screening colonoscopy. European Journal of Cancer 2013. http://dx.doi.org/10.1016/j.ejca.2013.04.023
  2. Imperiale TF et al.: Multitarget Stool DNA Testing for Colorectal-Cancer Screening. New England Journal of Medicine 2014. doi: 10.1056/NEJMoa1311194
  3. US Preventive Services Task Force Recommendation Statement May 18, 2021 Screening for Colorectal Cancer US Preventive Services Task Force Recommendation Statement JAMA. 2021;325(19):1965-1977. doi:10.1001/jama.2021.6238
  4. Zhou MJ et al.: Risk of Proximal Gastrointestinal Cancer after Positive Fecal Immunochemical Test. Clin Gastroenterol Hepatol 2022; https://doi.org/10.1016/j.cgh.2022.11.032
  5. Castells A, Lanas Á, et al. Effect of invitation to colonoscopy versus faecal immunochemical test screening on colorectal cancer mortality (COLONPREV): a pragmatic, randomised, controlled, non-inferiority trial. The Lancet. 2025;405(10486):1231-1239. doi: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(25)00145-X

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Kolorektales Karzinom. (AWMF-Registernummer: 021 - 007OL), November 2017 Kurzfassung Langfassung