Lungenödem – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Beim Lungenödem kann eine kardiale von einer nichtkardialen Ursache unterschieden werden.

Es kommt beim Lungenödem zum Flüssigkeitsaustritt aus den Lungenkapillaren (kleine Lungengefäße) in das Interstitium (Zellzwischenraum; interstitielle Lungenödem) und/oder den Alveolarraum (intraalveoläres Lungenödem).

Die Ursache kann in einem erhöhten Lungenkapillardruck, einem erniedrigtem kolloidosmotische Druck (KOD) (auch onkotischer Druck; Druck, der durch Kolloide in einer Lösung ausgeübt wird) sowie in einer Steigerung der Permeabilität (Durchlässigkeit) der Kapillaren liegen.

Ätiologie (Ursachen)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Drogenkonsum
    • Heroin (intravenös, d. h. durch die Vene)

Krankheitsbedingte Ursachen

Atmungssystem (J00-J99)

  • ARDS (adult respiratory distress syndrome) ‒ lebensgefährliche akute Schädigung der Lunge; häufig mit einem Multiorganversagen (MOV) im Rahmen eines SIRS (Systemisches inflammatorisches Response-Syndrom; Krankheitsbild, das einer Sepsis ähnelt)
  • Pneumonie (Lungenentzündung)
  • Silikose ‒ zu den Pneumokoniosen zählende Lungenerkrankung, die durch das Einatmen von Quarzstaub bedingt ist
  • Sipe-Syndrom (engl. Swimming induced pulmonary edema; Schwimmen-induziertes Lungenödem): nicht kardial-bedingtes Lungenödem; Symptomatik: akutes Auftreten von akuter Dyspnoe, produktiven Husten (Husten, bei dem Schleim aus den Bronchien oder dem Rachenraum in den Mundraum hochgebracht wird) und/oder Hämoptysen (Bluthusten) während oder nach dem Schwimmen, wobei eine Wasseraspiration ausgeschlossen sein muss; Auftreten vor allem bei Schwimmern und Tauchern; im Regelfall innerhalb von 24 Stunden vorbei
    Das Krankheitsbild ist assoziiert mit weiblichem Geschlecht, Ausdauerdistanzen, Hypertonie (Bluthochdruck) sowie kleinerer Lungenkapazität und geringerem Atemfluss.
  • Strahlenpneumonitis (Synonym: Bestrahlungspneumonie) − Lungenentzündung als Folge einer Radiatio (Strahlentherapie); interstitielle Lungenerkrankung

Blut, blutbildende Organe – Immunsystem (D50-D90)

  • Disseminierte intravasale Gerinnung (DIC) ‒ erworbene Blutgerinnungsstörung durch übermäßigen Verbrauch von Gerinnungsfaktoren und Thrombozyten (Blutplättchen)

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)

  • Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)
  • Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)

Herzkreislaufsystem (I00-I99)

  • Aortendissektion (Synonym: Aneurysma dissecans aortae) – akute Aufspaltung (Dissektion) der Wandschichten der Aorta (Hauptschlagader), mit einem Einriss der inneren Schicht der Gefäßwand (Intima) und einer Einblutung zwischen der Intima und der Muskelschicht der Gefäßwand (äußere Media), im Sinne eines Aneurysma dissecans (krankhafte Ausweitung der Schlagader)
  • Endokarditis (Herzinnenhautentzündung)
  • Herzinsuffizienz (Herzschwäche), dekompensierte [häufigste Ursache]
  • Herzrhythmusstörungen, nicht näher bezeichnet
  • Hypertonus (Bluthochdruck)
  • Kardiomyopathie ‒ Herzmuskelerkrankung, die zu einer eingeschränkten Herzfunktion führt; insb. diabetische Kardiomyopathie
  • Klappenvitien (Herzklappenfehler), nicht näher bezeichnet
  • Koronare Herzkrankheit (KHK)
  • Lungenembolie ‒ Verschluss eines oder mehrerer Lungengefäße durch einen Embolus (Blutpfropf), meist auf Grundlage einer tiefen Beinvenenthrombose (TVT)
  • Myokardinfarkt (Herzinfarkt)
  • Myokarditis (Herzmuskelentzündung)

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Infektionserkrankungen wie virale Infektionen, Mykoplasmen
  • Sepsis (Blutvergiftung)

Leber, Gallenblase und Gallenwege – Pankreas (Bauchspeicheldrüse) (K70-K77; K80-K87)

  • Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung)

Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)

  • Lymphangiosis carcinomatosa ‒ Ausbreitung einer bösartigen Neubildung in den Lymphgefäßen

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

  • Neurogenes Lungenödem ‒ z. B. nach einem Schädel-Hirn-Trauma (SHT), intrakranielle Blutung (Blutung innerhalb des Schädels; parenchymatöse, subarachnoidale, sub- und epidurale sowie supra- und infratentorielle Blutungen)/intrazerebrale Blutung (ICB; Hirnblutung) oder einem Status epilepticus

Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett (O00-O99)

  • Eklampsie (Schwangerschaftsvergiftung)

Urogenitalsystem (Nieren, Harnwege – Geschlechtsorgane) (N00-N99)

  • Niereninsuffizienz (Nierenschwäche)

Verletzungen, Vergiftungen und andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)

  • Anaphylaktischer Schock (allergischer Schock)
  • Aspiration (Verschlucken) von Magensaft, Süß-, Salzwasser)
  • Lungenkontusion (Lungenprellung)
  • Postobstruktionslungenödem (engl. negative pressure pulmonary edema, NPPE) –  durch Unterdruck hervorgerufenes Lungenödem; nach dem auslösenden Ereignis können Stunden vergehen, bis sich das Lungenödem manifestiert
  • Schädelhirntrauma (SHT)
  • Thoraxtrauma ‒ Verletzung des Brustkorbs und der inneren Organe
  • Traumata (Verletzungen), nicht näher bezeichnet
  • Verbrennungen

Weitere Ursachen

  • Höhenlungenödem (HAPE ‒ high altitude pulmonary edema)Flüssigkeitsansammlung (Ödem) in der Lunge, die beim Bergsteigen in großen Höhen auftreten kann; bei Höhen von > 2.000 m, Auftreten typischerweise bei Aufstieg von einer niedrigeren bis zu einer höheren Höhewird durch eine hypoxische Lungenvasokonstriktion (Zusammenziehen der Lungengefäße aufgrund von Sauerstoffmangel) verursacht; gute Prognose bei schneller Behandlung
  • Kardiopulmonaler Bypass bei Operationen (Herzlungenmaschine)
  • Massentransfusion von Blutprodukten
  • Postexpansionsödem ‒ Ödem durch zu schnelle Entlastung eines Pleuraergusses (> 1,5 l/Tag)
  • Reperfusionslungenödem ‒ Lungenödem, welches nach einer Wiedereröffnung von verschlossenen Blutgefäßen auftreten kann
  • Unterdruck-Lungenödem ‒ tritt selten nach einer Vollnarkose auf
  • Zustand nach Kardioversion ‒ therapeutisches Verfahren in der Kardiologie zur Wiederherstellung eines regelmäßigen Herzrhythmus (Sinusrhythmus) bei Herzrhythmusstörungen
  • Zustand nach Lungentransplantation (LUTX)
  • Zustand nach Pneumektomie (Entfernung eines Lungenflügels)

Medikamente

  • Anthracycline ‒ Gruppe von Wirkstoffen, die gegen bakterielle Infektionen wirken
  • Azathioprin (Immunsuppressivum)
  • Betamimetika (Synonyme: β2-Sympathomimetika, auch β2-Adrenozeptor-Agonisten) – Fenoterol, Formoterol, Hexoprenalin, Ritodrin, Salbutamol, Salmeterol, Terbutalin [besonders in Kombination mit Glucocorticoide]
  • Bleomycin (Zytostatikum)
  • Heroin
  • Methadon
  • Naloxon ‒ Gegenspieler von Opioiden
  • Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) → nichtkardiales Lungenödem [1]
  • Salicylate
  • Venlafaxin (Antidepressivum)

Umweltbelastungen – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Intoxikationen mit Rauchgas, Chlor, Phosgen, Ozon, Nitrose Gase (Stickstoffoxide) etc.

Literatur

  1. Camus P. The Drug-Induced Respiratory Disease Website. www.​pneumotox.​com.(zugegriffen: 6. 11. 2018)