Radioallergosorbent-Test (RAST)
Der Radioallergosorbent-Test (RAST) ist ein immunologisches Verfahren zur Bestimmung von allergievermittelten IgE-Antikörpern im Patientenserum. Er dient primär dazu, allergische Sensibilisierungen gegen verschiedene Umweltallergene, Nahrungsmittel oder Inhalationsallergene nachzuweisen. Trotz seines altersbedingten Rückzugs zugunsten modernerer Verfahren (z. B. ImmunoCAP) bietet der RAST – in manchen Fällen auch als Referenzverfahren – wertvolle diagnostische Informationen.
Das Verfahren
Beim RAST wird das Prinzip der Antigen-Antikörper-Reaktion genutzt. Zunächst werden spezifische Allergene an einen festen Träger (häufig Papierstreifen oder Kunststoffträger) gebunden. Anschließend wird das zu untersuchende Serum, das gegebenenfalls spezifische IgE-Antikörper enthält, über den Träger geleitet. Falls eine Sensibilisierung vorliegt, binden die IgE-Antikörper an das immobilisierte Allergen. Um diese Bindung sichtbar zu machen, wird ein radioaktiv markierter anti-IgE-Antikörper zugegeben, der an die bereits gebundenen IgE-Antikörper anlagert. Die nachfolgende Quantifizierung der radioaktiven Signale erlaubt die Abschätzung der Antikörperkonzentration im Serum.
Benötigtes Material
- Patientenserum: Aus dem Blut gewonnen, wird das Serum für die Analyse verwendet.
- Allergenpräparate: Je nach Verdachtsallergie wird das entsprechende Allergen auf den Träger appliziert.
- Radioaktiv markierter anti-IgE-Antikörper: Dient als Detektionsreagenz.
- Messgeräte: Radioaktivitätszähler zur Quantifizierung der gebundenen Radioisotope.
Vorbereitung des Patienten
Im Gegensatz zu allergischen Hauttests erfordert der RAST keine spezielle Vorbereitung. Allerdings sollten folgende Punkte beachtet werden:
- Medikamenteneinnahme: Der Patient sollte möglichst auf Antihistaminika verzichten, da diese die systemische IgE-Produktion indirekt beeinflussen könnten.
- Zeitpunkt der Blutentnahme: Idealerweise erfolgt die Blutentnahme in einer Phase, in der akute allergische Reaktionen abgeklungen sind, um eine stabile Messung zu gewährleisten.
Störfaktoren
Mehrere Faktoren können das Testergebnis beeinflussen:
- Antiallergika: Vor allem Antihistaminika können, direkt oder indirekt, das IgE-Niveau modulieren.
- Immuntherapeutische Maßnahmen: Eine laufende spezifische Immuntherapie (SIT) kann die IgE-Antikörpertiter verändern.
- Technische Variabilitäten: Unterschiede in der Allergenreinigung, Variationen in den Bindungsbedingungen und die Halbwertszeit des verwendeten radioaktiven Markers können zu abweichenden Ergebnissen führen.
- Kreuzreaktivitäten: Strukturähnlichkeiten zwischen Allergenen können falsch-positive Reaktionen hervorrufen.
Normwerte
Die Resultate des RAST werden üblicherweise in Klassen eingeteilt, die Rückschlüsse auf die Höhe der spezifischen IgE-Antikörpertiter erlauben. Die Klasseneinteilung variiert je nach Labor und verwendeter Methode, typisch sind:
- Klasse 0: Keine oder kaum messbare Sensibilisierung (Wert im Normbereich).
- Klasse 1: Geringe Sensibilisierung.
- Klasse 2: Mäßige Sensibilisierung.
- Klasse 3: Deutliche Sensibilisierung.
- Klasse 4 und höher: Hohe bis sehr hohe Sensibilisierung, häufig mit klinischer Relevanz.
Die exakten Grenzwerte sollten immer in Abhängigkeit vom verwendeten Testsystem interpretiert werden.
Indikationen
Der RAST wird eingesetzt in:
- Diagnose von Allergien: Bei Patienten mit Verdacht auf IgE-vermittelte Überempfindlichkeitsreaktionen, wenn ein Hauttest kontraindiziert oder nicht durchführbar ist (z. B. bei Kindern, Hauterkrankungen oder laufender Antihistamintherapie).
- Allergenspezifische Sensibilisierungsprofile: Zur Identifizierung der auslösenden Allergene bei allergischen Erkrankungen wie Pollinose, Hausstaubmilbenallergie, Lebensmittelallergien oder tierischen Allergien.
- Therapiekontrolle: Im Rahmen der Evaluation von spezifischen Immuntherapien kann der Verlauf der spezifischen IgE-Titer beobachtet werden, obwohl hier das Testverfahren oft ergänzend eingesetzt wird.
Interpretation
Die Interpretation der RAST-Ergebnisse orientiert sich an den gemessenen IgE-Werten:
- Niedrige Werte (Klasse 0-1): Deuten auf keine oder nur eine geringe Sensibilisierung hin – klinisch oft unbedeutend.
- Moderate bis hohe Werte (Klasse 2-4): Sprechen für eine relevante Sensibilisierung. Die klinische Relevanz sollte jedoch in Kombination mit anamnestischen Befunden und ggf. zusätzlichen Tests (z. B. Provokationstests) bewertet werden.
- Sehr hohe Werte (Klasse 5-6): Deuten meist auf eine starke allergische Sensibilisierung hin, die mit ausgeprägten Symptomen einhergehen kann. Es besteht hier ein erhöhtes Risiko für systemische Reaktionen.
Wichtig ist, dass Laborwerte stets im klinischen Kontext interpretiert und mögliche Kreuzreaktionen mitberücksichtigt werden.
Weitere Diagnostik
Neben dem RAST können zur umfassenden allergologischen Abklärung folgende Maßnahmen indiziert sein:
- Prick-Test: Ein direkter Hauttest zur Überprüfung der IgE-vermittelten Sensibilisierung.
- Serologische Ergänzungstests: Moderne Immunoassays (wie ImmunoCAP) liefern oft präzisere quantitative Ergebnisse.
- Provokationstests: Vor allem wenn die Testergebnisse uneindeutig sind oder der Zusammenhang zwischen Laborbefund und klinischer Symptomatik geklärt werden soll.
- Anamnese und klinische Befunderhebung: Unerlässlich zur abschließenden Beurteilung der allergischen Erkrankung.