Spinalkanalstenose – Folgeerkrankungen

Im Folgenden die wichtigsten Erkrankungen bzw. Komplikationen, die durch Spinalkanalstenose (Wirbelkanalverengung) mitbedingt sein können:

Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99)

  • Chronische lumbale Rückenschmerzen (chronische Kreuzschmerzen) mit funktioneller Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule
  • Gangstörungen (Störungen des Gehvermögens) und eingeschränkte Gehstrecke infolge neurogener Claudicatio (nervenbedingter Gehbehinderung)
  • Muskelschwäche (verminderte Muskelkraft) und Muskelatrophie (Muskelrückbildung)/Sarkopenie (altersbedingter Muskelabbau) der unteren Extremitäten durch Schonhaltung und Bewegungsmangel
  • Kontrakturen (Gelenkversteifungen) der Hüft- und Kniegelenke (Beugekontrakturen) bei längerfristiger Flexionshaltung
  • Osteoporose (Knochenschwund) und osteoporotische Wirbelkörperfrakturen (Wirbelbrüche), begünstigt durch Immobilität, Inaktivität und ggf. Glukokortikoidtherapie
  • Sekundäre Arthrosen (Gelenkverschleiß) der benachbarten Segmente (angrenzenden Gelenke), z. B. Hüft- oder Kniegelenk durch geändertes Gangbild und Fehlbelastungen

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

  • Chronische Schmerzsyndrome (chronische Schmerzerkrankungen) mit zentraler Sensibilisierung (Überempfindlichkeit des Nervensystems) und Chronifizierung der Beschwerden
  • Depressive Episoden und depressive Störungen (Depressionen) im Rahmen anhaltender Schmerzen, Funktionsverlust und sozialer Einschränkung [2, 3]
  • Angststörungen (Angsterkrankungen) z. B. Angst vor Bewegung/Belastung, Sturzangst mit Vermeidungshaltung und weiterer Dekonditionierung
  • Insomnie (Schlaflosigkeit) und nicht-erholsamer Schlaf durch schmerzbedingte Ein- und Durchschlafstörungen
  • Radikulopathien (Nervenwurzel-Erkrankungen) mit dermatombezogenen Sensibilitätsstörungen, Parästhesien (Kribbel- oder Taubheitsgefühl) und Paresen (Lähmungserscheinungen) infolge foraminaler oder lateraler Recessusstenose
  • Myelopathische Syndrome (Rückenmarksschädigungen) bei zervikaler Spinalkanalstenose (Halswirbelkanalverengung) mit Gangunsicherheit, feinmotorischen Störungen und Spastik (Muskelsteifigkeit)
  • Cauda-equina-Syndrom (Schädigung des Nervenfaserbündels im unteren Wirbelsäulenbereich) mit Reithosenanästhesie (Taubheitsgefühl im Gesäß- und Oberschenkelbereich), Blasen- und Mastdarmfunktionsstörung (Störung von Wasserlassen und Stuhlgang) als seltene, aber schwerwiegende Komplikation

Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99)

  • Chronische Schmerzen (R52) mit erhöhtem Analgetikaverbrauch (Schmerzmittelbedarf) und Risiko für Medikamentennebenwirkungen
  • Geh- und Mobilitätseinschränkung (Bewegungseinschränkung im Alltag) mit Verlust der Selbstständigkeit im Alltag
  • Sturzneigung (erhöhte Sturzgefahr) und Stürze mit erhöhtem Risiko für Frakturen (Knochenbrüche) und hospitalisierungspflichtige Verletzungen [1, 3]
  • Funktionelle Einschränkung und Pflegebedürftigkeit (Hilfs- und Pflegebedarf) bei fortgeschrittener Erkrankung
  • Reduzierte gesundheitsbezogene Lebensqualität (eingeschränkte Lebensqualität durch Krankheit) und soziale Isolation

Prognosefaktoren

  • Symptomdauer und Ausgangsschwere: Länger bestehende Symptome, stark eingeschränkte Gehstrecke und hohe Schmerzintensität zu Beginn sind mit ungünstigeren funktionellen Verlaufaussichten assoziiert [1, 3].
  • Alter und Komorbiditäten (Begleiterkrankungen): Höheres Lebensalter, kardiovaskuläre und metabolische Komorbiditäten (z. B. Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), Adipositas (Fettleibigkeit)) sowie ausgeprägte Multimorbidität (Mehrfacherkrankungen) verschlechtern die funktionelle Prognose und erhöhen das Komplikationsrisiko sowohl unter konservativer Therapie (nicht-operativer Behandlung) als auch nach Operation [2, 3].
  • Lebensstilfaktoren: Bewegungsmangel, Rauchen und erhöhter Body-Mass-Index (BMI) sind mit schnellerer Progression degenerativer Veränderungen und ungünstigeren Behandlungsergebnissen assoziiert [2, 4, 5].
  • Psychosoziale Faktoren: Depressive Symptomatik (depressive Beschwerden), Katastrophisieren (Tendenz zur dramatisierenden Bewertung), passive Schmerzbewältigung und geringe Therapieerwartung beeinträchtigen den Erfolg konservativer und operativer Maßnahmen und begünstigen die Chronifizierung [2, 3].
  • Bildgebender Schweregrad: Ausmaß und Verteilung der Stenose (Einengung) in der Bildgebung korrelieren nur eingeschränkt mit der klinischen Symptomatik; dennoch sind hochgradige zentrale oder kombinierte Stenosen häufig mit ausgeprägteren Beschwerden und höherer Wahrscheinlichkeit einer operativen Therapie (Operation) assoziiert [1, 3].
  • Therapiestrategie und -adhärenz (Therapietreue): Multimodale nicht-operative Konzepte (Kombinationsbehandlungen) wie Aufklärung, manualtherapeutische und übungsbasierte Verfahren, verhaltensorientierte Ansätze können bei guter Mitarbeit zu relevanten Verbesserungen führen; fehlende Adhärenz und unzureichende Aktivierung sind mit persistierenden Einschränkungen verbunden [2].
  • Operative Ergebnisse: Bei sorgfältig selektionierten Patienten ist die Dekompressionsoperation (Druckentlastungsoperation an der Wirbelsäule) der allein konservativen Behandlung hinsichtlich Schmerz, Gehstrecke und Lebensqualität über mehrere Jahre überlegen; Reoperationen (Wiederholungsoperationen) sind im Langzeitverlauf jedoch nicht selten und werden durch Progression benachbarter Segmente (angrenzender Wirbelsäulenabschnitte) und Instabilität begünstigt [1, 3].

Literatur

  1. Wessberg P, Frennered K: Central lumbar spinal stenosis: natural history of non-surgical patients. Eur Spine J. 2017;26(10):2536-2542. doi: https://doi.org/10.1007/s00586-017-5075-x
  2. Ammendolia C, Hofkirchner C, Plener J et al.: Non-operative treatment for lumbar spinal stenosis with neurogenic claudication: an updated systematic review. BMJ Open. 2022;12(1):e057724. doi: https://doi.org/10.1136/bmjopen-2021-057724
  3. Katz JN, Zimmerman ZE, Mass H, Makhni MC: Diagnosis and Management of Lumbar Spinal Stenosis: A Review. JAMA. 2022;327(17):1688-1699. doi: https://doi.org/10.1001/jama.2022.5921
  4. Zileli M, Cagli S, Koc RK et al.: Natural Course and Diagnosis of Lumbar Spinal Stenosis: WFNS Spine Committee Recommendations. World Neurosurg X. 2020;7:100073. doi: https://doi.org/10.1016/j.wnsx.2020.100073
  5. Wan B, Ma N, Lu W: Evaluating the causal relationship between five modifiable factors and the risk of spinal stenosis: a multivariable Mendelian randomization analysis. PeerJ. 2023;11:e15087. doi: https://doi.org/10.7717/peerj.15087