Spinalkanalstenose – Einleitung
Die Spinalkanalstenose (Spinalstenose; Wirbelkanaleinengung) ist eine degenerative Erkrankung der Wirbelsäule (verschleißbedingte Erkrankung der Wirbelsäule), die durch eine Einengung des Spinalkanals (Wirbelkanals) mit vermindertem Platz für Nervenstrukturen (Nervengewebe) und Gefäße (Blutgefäße) gekennzeichnet ist. Die Stenose (Verengung) kann zentral, im lateralen Recessus (seitlichen Anteilen des Wirbelkanals) oder im Neuroforamen (Nervenwurzelkanal) auftreten und resultiert typischerweise in belastungsabhängigen lumbalen Rücken- und Beinschmerzen (Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und Beine) mit neurogener Claudicatio (nervenbedingten Gehbeschwerden). Zwischen bildgebend nachweisbarer Einengung und klinischer Symptomatik (Beschwerdebild) besteht jedoch nur eine begrenzte Korrelation, sodass Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte) und klinischer Befund für die Diagnose entscheidend bleiben [1, 2, 3, 4].
Im klinischen Alltag steht die degenerative lumbale Spinalkanalstenose (verschleißbedingte Einengung des Wirbelkanals im Lendenbereich) im Vordergrund, die vor allem ältere Patienten betrifft und eine der häufigsten spezifischen Ursachen von Kreuzschmerzen (tiefen Rückenschmerzen) und ganglimitierenden Beinsymptomen (beim Gehen auftretenden Beinschmerzen) darstellt. Sie entsteht meist auf dem Boden eines komplexen Zusammenspiels aus Bandscheibendegeneration (Verschleiß der Bandscheiben), Facettengelenksarthrose (Verschleiß der kleinen Wirbelgelenke), Hypertrophie (Verdickung) des Ligamentum flavum (gelbes Bandsystem der Wirbelsäule) und segmentaler Instabilität (Abschnittsinstabilität der Wirbelsäule), häufig in Kombination mit degenerativer Spondylolisthesis (Verschiebung eines Wirbelkörpers) [1, 2, 3, 4].
Therapeutisch kommen konservative (nicht operative) und operative Verfahren zum Einsatz. Initial wird leitliniengerecht eine multimodale, überwiegend konservative Strategie mit Aufklärung, Aktivitätsanpassung, Physiotherapie (Krankengymnastik) und Analgesie (Schmerzbehandlung) empfohlen. Langfristige Effekte vieler konservativer Maßnahmen sind jedoch begrenzt, während die chirurgische Dekompression (druckentlastende Operation) bei sorgfältig selektionierten Patienten eine anhaltende Besserung von Gehstrecke, Schmerz und Lebensqualität (Lebensqualität im Alltag) bewirken kann [2, 3, 4, 5, 6, 7, 8].
Synonyme und ICD-10: Claudicatio spinalis (spinal bedingte Gehbeschwerden); lumbale Spinalkanalstenose (Einengung des Wirbelkanals im Lendenbereich); zervikale Spinalkanalstenose (Einengung des Wirbelkanals im Halsbereich); zentrale Spinalkanalstenose (Einengung in der Mitte des Wirbelkanals); laterale Recessusstenose (Einengung der seitlichen Kanalanteile); foraminale Spinalkanalstenose (Einengung der Nervenwurzelkanäle); degenerative Spinalkanalstenose (verschleißbedingte Einengung des Wirbelkanals); spinale Stenose (Wirbelkanalverengung); ICD-10-GM M48.0-: Spinale Stenose (Wirbelkanalverengung nach Diagnoseschlüssel)
Anatomie und Funktionen
Die Wirbelsäule besteht aus Wirbelkörpern, Bandscheiben (Knorpelpuffern), Wirbelbögen, Facettengelenken (kleinen Wirbelgelenken), Bändern (Bandstrukturen) und den umgebenden Weichteilstrukturen (Muskeln und Bindegewebe). Der Spinalkanal (Wirbelkanal) wird von den Wirbelkörpern und Bandscheiben ventral (vorn), den Pedikeln (Verbindungsbögen) lateral (seitlich) und den Laminae (Wirbelbögen) sowie den Ligamenta flava (gelben Bändern) dorsal (hinten) begrenzt. In der Lendenwirbelsäule (Lendenwirbelsäulenbereich) verlaufen im Spinalkanal die Cauda-equina-Nervenwurzeln (Nervenfaserbündel im unteren Wirbelkanal), die über die Neuroforamina (Nervenwurzelkanäle) in die Peripherie (Körperaußenbereich) austreten.
- Wirbelkörper und Bandscheiben: Tragen die Hauptlast und ermöglichen über die Bandscheiben die Beweglichkeit der Segmente (Bewegungsabschnitte); degenerative Höhenminderung (Höhenverlust) und Protrusionen (Vorwölbungen) können den Spinalkanal und die Neuroforamina einengen.
- Facettengelenke: Führen und stabilisieren die Bewegungssegmente; arthrotische Umbauprozesse (verschleißbedingte Veränderungen) mit Hypertrophie (Verdickung), Osteophyten (Knochenausziehungen) und Kapselverdickung tragen zur lateralen und foraminalen Stenose (seitlichen und nervenwurzelnahen Verengungen) bei.
- Ligamentum flavum: verbindet die Laminae und begrenzt dorsal den Spinalkanal; Degeneration (Verschleiß), Hypertrophie (Verdickung) und „Einfalten“ bei Extension (Rückwärtsbeugung) führen zu einer zusätzlichen zentralen und lateralen Einengung.
- Neuroforamina: Dienen als Durchtrittsstellen der Nervenwurzeln (Nervenabgänge); Absenkung der Bandscheibenhöhe, Spondylolisthesis (Wirbelgleiten), Osteophyten und Facettengelenkshypertrophie (Verdickung der kleinen Wirbelgelenke) reduzieren den foraminalen Querschnitt (Querschnitt des Nervenkanals) und verursachen radikuläre Symptome (nervenwurzelbedingte Beschwerden).
Die Funktion des lumbalen Bewegungssegmentes (Bewegungsabschnittes der Lendenwirbelsäule) besteht in der kontrollierten Bewegungsübertragung bei gleichzeitigem Schutz neuraler Strukturen (Nervengewebe). Degenerative Strukturveränderungen (Verschleißveränderungen) stören dieses Gleichgewicht und führen über mechanische Kompression (Druckbelastung) und sekundäre neurovaskuläre Veränderungen (Veränderungen an Nerven und Gefäßen) zu den typischen Beschwerden der Spinalkanalstenose [2, 3, 4].
Charakteristische Befunde der Bildgebung
Die Bildgebung (bildgebende Untersuchungsverfahren) dient dem Nachweis der anatomischen Einengung und der Beurteilung von Ausmaß (Schweregrad), Lokalisation (genauem Ort) und möglicher Instabilität (Instabilität der Wirbelsäule). Sie ersetzt jedoch nicht die klinische Beurteilung, da die Schwere der bildgebenden Befunde nicht zuverlässig mit der Symptomintensität (Stärke der Beschwerden) korreliert [1, 3, 4].
- Magnetresonanztomographie (MRT): Methode der ersten Wahl bei Verdacht auf lumbale Spinalkanalstenose; Beurteilung von zentralem Spinalkanal, lateralen Recessus, Neuroforamina, Bandscheiben, Facettengelenken, Ligamentum flavum und neurovaskulären Strukturen (Nerven und Gefäße).
- Typische MRT-Merkmale der lumbalen Spinalkanalstenose:
- Verminderung des sagittalen Durchmessers des Spinalkanals (Verkleinerung der Tiefe des Wirbelkanals; absolute Stenose häufig bei < 10 mm, relative Stenose etwa bei 10-14 mm, abhängig von Messmethode und Referenzsegment).
- Reduktion der Querschnittsfläche des Duralsacks (z. B. Werte < ca. 75 mm² als Hinweis auf relevante Stenose, je nach Studie und Definition).
- Hypertrophie und Einfaltung des Ligamentum flavum, konvexe Vorwölbung nach ventral (nach vorn).
- Facettengelenksarthrose mit Gelenkhypertrophie, Osteophyten, Kapselverdickung und ggf. Synovialzysten (flüssigkeitsgefüllten Gelenkzysten).
- Degenerative Bandscheibenveränderungen mit Protrusion/Prolaps (Vorwölbung/Verlagerung von Bandscheibengewebe), Höhenminderung und Modic-Veränderungen der Grundplatten (Veränderungen des Wirbelknochens angrenzend an die Bandscheibe).
- Neuroforaminale Einengung mit Kontakt oder Kompression von Nervenwurzeln (Nervenabgängen) (wurzelnahe Signalveränderungen, Kaliberschwankungen).
- Röntgenaufnahmen (inkl. Funktionsaufnahmen): Beurteilung von Alignment (Ausrichtung der Wirbelsäule), Spondylolisthesis (Wirbelgleiten), Skoliose (Seitverbiegung der Wirbelsäule), Segmenthöhe (Höhe der Wirbelabschnitte) und degenerativen Veränderungen; Funktionsaufnahmen können Hinweise auf Instabilität liefern.
- Computertomographie (CT): hochauflösende Darstellung knöcherner Strukturen (Knochenstrukturen) (Osteophyten, Spangen, ossäre Engen), insbesondere bei Kontraindikation (Gegenanzeige) gegen eine MRT oder zur genaueren OP-Planung (Operationsplanung).
- Myelo-CT: heute nur noch bei speziellen Fragestellungen eingesetzt; kann in Einzelfällen zur Beurteilung knöchern bedingter Engen und zur OP-Planung hinzugezogen werden.
Die Leitlinien betonen, dass die Bildgebung nur bei klinischem Verdacht und in Zusammenschau mit Anamnese und körperlichem Untersuchungsbefund interpretiert werden darf. Zufallsbefunde einer radiologischen Stenose ohne korrespondierende Symptome rechtfertigen keine invasive Therapie (Eingriffe wie Injektionen oder Operationen) [1, 2, 3, 4].
Formen der Erkrankung
Die Spinalkanalstenose kann nach anatomischer Lokalisation (Lage im Wirbelkanal), Ätiologie (Ursache) und betroffener Wirbelsäulenregion (Wirbelsäulenabschnitt) klassifiziert werden [2, 3, 4].
- Nach Lokalisation der Einengung:
- Zentrale Spinalkanalstenose: Einengung des zentralen Duralsacks (Röhrenstruktur um die Nerven), häufig durch Kombination aus Bandscheibenprotrusion, Ligamentum-flavum-Hypertrophie und Facettengelenksarthrose.
- Laterale Recessusstenose: Kompression der Nervenwurzel (Nervenabgang) im lateralen Kanalabschnitt (Recessus lateralis) durch osteoligamentäre Engen (Knochen-Band-Verengungen).
- Foraminale Spinalkanalstenose: Einengung des Neuroforamens (Nervenwurzelkanals) mit Kompression der austretenden Nervenwurzel, typischerweise durch Höhenminderung der Bandscheibe, Facettengelenkshypertrophie und Osteophyten.
- Nach Ätiologie:
- Degenerative Spinalkanalstenose (häufigste Form): altersabhängiger Verschleiß von Bandscheiben, Facettengelenken und Bändern mit sekundärer Instabilität.
- Angeborene/konstitutionelle Spinalkanalstenose: primär enger Spinalkanal (z. B. kurze Pedikel, Achondroplasie) mit früherem Auftreten von Symptomen.
- Posttraumatische/postoperative Stenose: narbige, knöcherne oder ligamentäre Engen nach Trauma (Verletzung) oder Operation (z. B. Reossifikation, iatrogene Instabilität).
- Seltenere Ursachen: metabolische oder knöcherne Systemerkrankungen (z. B. Morbus Paget), epidurale Lipomatose (Fettansammlung im Wirbelkanal), Raumforderungen (Tumoren, Zysten).
- Nach betroffener Region:
- Lumbale Spinalkanalstenose (häufigste klinische Form) (Einengung im Lendenwirbelsäulenbereich).
- Zervikale Spinalkanalstenose mit Myelopathie-Risiko (Einengung im Halswirbelsäulenbereich mit Gefahr einer Rückenmarksschädigung).
- Thorakale Spinalkanalstenose (selten, oft sekundär) (Einengung im Brustwirbelsäulenbereich).
Ursachen
Die häufigste Ursache der symptomatischen Spinalkanalstenose ist der degenerative Verschleiß (altersbedingter Verschleiß) der lumbalen Bewegungssegmente. Dieser führt über ein komplexes Zusammenspiel struktureller Veränderungen zur Verengung des Spinalkanals und der Neuroforamina [2, 3, 4].
- Degenerative Ursachen:
- Bandscheibendegeneration mit Höhenminderung, Protrusion oder Prolaps und konsekutiver Einengung des Spinalkanals und der Neuroforamina.
- Facettengelenksarthrose mit Hypertrophie, Osteophyten und Gelenkzysten (flüssigkeitsgefüllten Gelenkzysten), die den lateralen Recessus und das Foramen einengen.
- Hypertrophie und Einfaltung des Ligamentum flavum, insbesondere bei Extension.
- Degenerative Spondylolisthesis und segmentale Instabilität mit relativer Verschiebung der Wirbelkörper und Dynamik der Stenose.
- Skoliotische Fehlstellungen (Seitverbiegungen der Wirbelsäule) mit asymmetrischer Belastung und ungleichmäßiger Foraminalenge.
- Angeborene/konstitutionelle Faktoren:
- Primär enger Spinalkanal durch kurze Pedikel oder abnorme Wirbelbogenmorphologie (abweichende Wirbelform).
- Skelettdysplasien (z. B. Achondroplasie) mit generalisierter Kanalverengung.
- Seltenere sekundäre Ursachen:
- Morbus Paget und andere knöcherne Systemerkrankungen mit verdickten Wirbelbögen.
- Epidurale Lipomatose (Fettgewebszunahme im Wirbelkanal) (z. B. bei Adipositas oder langdauernder Glukokortikoidtherapie).
- Epidurale Raumforderungen (Tumoren, Metastasen, Synovialzysten, epidurale Hämatome (Blutansammlungen)).
- Postoperative oder posttraumatische narbige und knöcherne Engen.
Epidemiologie
Die degenerative lumbale Spinalkanalstenose ist eine häufige Ursache spezifischer Kreuzschmerzen und ganglimitierender Beinsymptome im höheren Lebensalter. Sie stellt weltweit eine der häufigsten Indikationen für Wirbelsäulenoperationen (Wirbelsäuleneingriffe) bei älteren Patienten dar [3, 4, 7, 8].
- Häufigkeitsgipfel: typischerweise ab dem 60. Lebensjahr, mit zunehmender Prävalenz (Häufigkeit) in höheren Altersdekaden [3, 4].
- Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind in den meisten Kohorten (Patientengruppen) etwa gleich häufig betroffen [3, 4].
- Prävalenz: Bildgebungsstudien zeigen bei einem erheblichen Anteil älterer Personen (z. B. > 60 Jahre) radiologische Zeichen einer lumbalen Spinalkanalstenose, wobei ein relevanter Teil klinisch asymptomatisch (beschwerdefrei) bleibt [3, 4].
- Symptomatische Erkrankung: die Prävalenz symptomatischer lumbaler Spinalkanalstenose nimmt mit dem Alter deutlich zu und wird in bevölkerungsbasierten und klinischen Studien als relevante Ursache von Einschränkung der Gehstrecke (verminderter Gehstrecke) und Funktionsverlust bei älteren Patienten beschrieben [3, 4, 6, 7].
- Operationen: In vielen Gesundheitssystemen gehört die Dekompressionsoperation bei lumbaler Spinalkanalstenose zu den häufigsten elektiven Wirbelsäuleneingriffen; die Operationsraten variieren länder- und systemabhängig [4, 7, 8].
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Frühe Phase: langsam progrediente (langsam fortschreitende), belastungsabhängige lumbale Rückenschmerzen, gelegentlich ausstrahlend in Gesäß und Beine; subjektive Unsicherheit beim Gehen, ohne deutlich limitierte Gehstrecke; die Befunde werden häufig zunächst als „unspezifischer Rückenschmerz“ eingeordnet [3, 4].
- Mittlere Phase: Entwicklung einer typischen Claudicatio spinalis mit deutlicher Limitierung der Gehstrecke; Zunahme der Beschwerden beim Gehen und Stehen, Besserung in Flexion (beugende Körperhaltung; Sitzen, Vorneigen, Fahrradfahren); Hypästhesien/Parästhesien (Taubheits- und Kribbelgefühle) und Schwächegefühl der Beine nehmen zu [3, 4].
- Späte Phase: ausgeprägte Einschränkung der Mobilität mit deutlicher Reduktion der Gehstrecke, teils Ruheschmerzen und neurologische Defizite (Funktionsausfälle von Nerven); bei zervikaler Stenose Risiko einer progredienten Myelopathie (Rückenmarksschädigung) mit feinmotorischen Störungen und Gangunsicherheit [3, 4].
- Natürlicher Verlauf ohne Operation: Verlaufsstudien zeigen, dass sich ein Teil der Patienten unter allein konservativer Behandlung stabilisiert oder leicht bessert, während ein anderer Teil über Jahre eine Progredienz (Verschlechterung) der Symptome erfährt; eine klinisch relevante Verbesserung oder Verschlechterung ist nicht allein aus dem Ausmaß der bildgebenden Stenose ableitbar [3, 4, 6].
Prognose
- Unter konservativer Therapie: Kurzfristig sind symptomatische Verbesserungen durch Physiotherapie, Aktivitätsanpassung und Analgesie häufig möglich; die langfristige Wirksamkeit vieler nicht-operativer Verfahren ist jedoch begrenzt und die Evidenzqualität (Aussagekraft der Studien) in Metaanalysen überwiegend niedrig bis moderat [4, 5, 6].
- Nach operativer Dekompression: Randomisierte Studien (Zufallsstudien) und Metaanalysen zeigen, dass die Dekompression bei selektionierten Patienten der rein konservativen Therapie hinsichtlich Schmerzreduktion, Gehstrecke und Lebensqualität überlegen sein kann; dieser Effekt kann über mehrere Jahre anhalten [4, 7, 8].
- Reoperationsraten und Langzeitverlauf: Reoperationen (erneute Operationen) (z. B. wegen Rest-/Re-Stenose, Progression benachbarter Segmente oder Instabilität) sind im Langzeitverlauf nicht selten; die berichteten Reoperationsraten liegen im Zehnjahresverlauf im zweistelligen Prozentbereich, variieren jedoch je nach Kollektiv, Technik und Definition [7, 8].
- Einfluss individueller Faktoren: Muskuläre Situation (Muskelkraft und -funktion), Komorbiditäten (Begleiterkrankungen) (z. B. kardiovaskuläre und metabolische Erkrankungen), psychosoziale Faktoren (seelische und soziale Umstände) und Erwartungshaltung beeinflussen den Verlauf maßgeblich. Realistische Therapieziele und eine individualisierte Behandlungsplanung gelten als entscheidend für den Therapieerfolg [1, 3, 4].
Komorbiditäten
Patienten mit degenerativer lumbaler Spinalkanalstenose weisen häufig multiple Begleiterkrankungen (zusätzliche Erkrankungen) auf, die Symptomatik, Therapieentscheidung und Prognose beeinflussen [3, 4, 6, 7].
- Degenerative muskuloskelettale Begleiterkrankungen: Gonarthrose (Kniegelenkverschleiß), Coxarthrose (Hüftgelenkverschleiß), Spondylarthrose (Wirbelgelenkverschleiß), degenerative Skoliose, andere Ursachen spezifischer oder unspezifischer Kreuzschmerzen.
- Neurologische und schmerzassoziierte Komorbiditäten: Polyneuropathie (Nervenschädigung an Armen/Beinen), radikuläre Schmerzsyndrome anderer Genese (andere Nervenwurzelbeschwerden), chronische Schmerzsyndrome, Schlafstörungen.
- Metabolische und kardiovaskuläre Komorbidität: Adipositas (Fettleibigkeit), Diabetes mellitus, Hypertonie (Bluthochdruck), kardiovaskuläre Erkrankungen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen) mit zusätzlicher Einschränkung der Belastbarkeit.
- Psychische Komorbidität: depressive Symptome (Niedergeschlagenheit), Angststörungen, Schmerzverarbeitungsstörungen, die Krankheitswahrnehmung und Rehabilitation wesentlich mitbestimmen.
- Geriatrische Multimorbidität: erhöhte Vulnerabilität (Anfälligkeit), Sarkopenie (Muskelabbau im Alter), Sturzrisiko und Polypharmazie (gleichzeitige Einnahme mehrerer Medikamente), die insbesondere die Planung invasiver Maßnahmen (z. B. Narkose und Operation) (Anästhesierisiko, postoperative Rehabilitation) beeinflussen.
Literatur
- S2k-Leitlinie „Spezifischer Kreuzschmerz“. AWMF-Registernummer 187-059; 2024.
Verfügbar unter: https://register.awmf.org/assets/guidelines/187-059m_S2k_Spezifischer-Kreuzschmerz_2024-08.pdf - Kreiner DS, Shaffer WO, Baisden JL et al.: An evidence-based clinical guideline for the diagnosis and treatment of degenerative lumbar spinal stenosis (update). Spine J. 2013;13(7):734-743. doi: https://doi.org/10.1016/j.spinee.2012.11.059
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