Restless-Legs-Syndrom – Medikamentöse Therapie
Therapieziel
-
Verbesserung der Symptomatik (Beschwerden): Reduktion der sensomotorischen Unruhe (Missempfindungen und Bewegungsdrang), Besserung von Ein- und Durchschlafstörungen (Schlafprobleme), Steigerung der Tagesfunktion (Leistungsfähigkeit) und Lebensqualität.
Therapieempfehlungen
- Schweregradadaptierte, individuelle Therapie: Indikationsstellung bei relevanter Beeinträchtigung von Schlaf/Tagesbefinden; Einsatz der niedrigsten wirksamen Dosis; regelmäßiges Monitoring auf Augmentation (Überstimulation der Dopaminrezeptoren) [S2k-Leitlinie].
- Eisen als Basis der Behandlung: Eisenstatus bestimmen (Ferritin, Transferrinsättigung); Substitution bei Ferritin ≤ 75 µg/l und/oder Transferrinsättigung < 45 %; Zielwerte: Ferritin ≥ 75 µg/l, Transferrinsättigung > 20 % [1].
- Pharmakologische Erstlinien: α2-δ-Liganden (Gabapentin, Pregabalin) oder nicht-Ergot-Dopaminagonisten (Pramipexol, Ropinirol, Rotigotin) – Auswahl nach Begleiterkrankungen (Komorbiditäten), Nebenwirkungsprofil, Augmentationsrisiko [S2k-Leitlinie].
- Levodopa: nicht für die Dauertherapie (nur intermittierend bei sporadischem Restless-Legs-Syndrom (RLS)) [S2k-Leitlinie].
- Zweitlinie/refraktär: Oxycodon/Naloxon retard bei mittel- bis schwerem Restless-Legs-Syndrom nach Versagen oder Unverträglichkeit der Erstlinien [S2k-Leitlinie].
Übersicht – medikamentöse Therapie beim Restless-Legs-Syndrom (RLS)
| Wirkstoffgruppe | Wirkstoff | Rolle | Kurz-Besonderheiten |
|---|---|---|---|
| Eisen | Eisen(II)-sulfat p. o. | Basis | Indiziert bei Ferritin ≤ 75 µg/l oder TSAT < 45 %; Ziel: Ferritin ≥ 75 µg/l, TSAT > 20 % [1] |
| Ferrocarboxymaltose i. v. | Basis (bei Versagen p. o.) | Mittel-/schweres Restless-Legs-Syndrom, Resorptionsstörung oder unzureichende Response [S2k-Leitlinie] | |
| α2-δ-Liganden | Gabapentin | Erste Wahl | Nierenfunktionsabhängige Dosis; günstig bei Schmerz/Insomnie (Schlafstörung) [S2k-Leitlinie] |
| Pregabalin | Erste Wahl | Geringere Augmentation (Überstimulation) vs. Pramipexol [2] | |
| Dopaminagonisten (nicht-Ergot) | Pramipexol | Alternative erste Wahl | Niedrigste wirksame Dosis; Augmentation (Überstimulation) beachten [S2k-Leitlinie] |
| Ropinirol | Alternative erste Wahl | Abends günstig bei Einschlafstörungen (Schlafproblemen) [S2k-Leitlinie] | |
| Rotigotin Pflaster | Alternative erste Wahl | Vor Magnetresonanztomographie (MRT) entfernen (Aluminium-Backing) [S2k-Leitlinie] | |
| L-Dopa | L-Dopa/Benserazid | Nur intermittierend | Keine Dauertherapie (hohes Augmentationsrisiko) [S2k-Leitlinie] |
| Opioid-Analgetika | Oxycodon/Naloxon retard | Zweite Wahl / refraktär | Bei schwerem Restless-Legs-Syndrom und Versagen dopaminerger Therapie [S2k-Leitlinie] |
Eisen
- Wirkweise: Eisenrepletion korrigiert den funktionellen Eisenmangel im zentralen Nervensystem (ZNS) und stabilisiert dopaminerge Signalwege (Nervenübertragung).
- Indikationen: Ferritin ≤ 75 µg/l und/oder Transferrinsättigung < 45 %; Zielwerte: Ferritin ≥ 75 µg/l, TSAT > 20 % [1].
- Dosierung: p. o. nüchtern (+ Vitamin C), intravenös bei Resorptionsstörung oder unzureichender Wirkung.
- Nebenwirkungen: p. o. Magen-Darm-Beschwerden, intravenös Hypophosphatämie (Phosphatmangel).
- Kontrollen: 3-4 Wochen nach Beginn, dann alle 3-6 Monate.
α2-δ-Liganden (Gabapentin, Pregabalin)
- Wirkweise: Binden an die α2-δ-Untereinheit spannungsabhängiger Calciumkanäle → Reduktion sensorischer Dysästhesien (Missempfindungen).
- Indikationen: Erste Wahl bei chronisch persistierendem Restless-Legs-Syndrom, insbesondere bei Schmerz oder Insomnie (Schlafstörung) [S2k-Leitlinie].
- Dosierung: Nierenfunktionsadaptierte Titration, abendliche Gabe bevorzugt.
- Nebenwirkungen: Schwindel, Benommenheit, Ödeme, Gewichtszunahme.
- Evidenz: Pregabalin mit geringerer Augmentation (Überstimulation) vs. Pramipexol [2].
Dopaminagonisten (Pramipexol, Ropinirol, Rotigotin)
- Wirkweise: Stimulation von D2/D3-Rezeptoren (Dopaminrezeptoren) in den Basalganglien (Nervenzentren für Bewegungen).
- Indikationen: Alternative erste Wahl [S2k-Leitlinie].
- Dosierung: Niedrigste wirksame Dosis, Retard- oder Pflasterpräparate bevorzugt bei nächtlicher Symptomatik.
- Nebenwirkungen: Übelkeit, Blutdruckabfall (Orthostase), Tagesmüdigkeit (Somnolenz), Halluzinationen, Impulskontrollstörungen (z. B. Spielsucht, gesteigertes Essverhalten).
- Beachte: Augmentation (Überstimulation) dosisabhängig; bei Zeichen Dosis senken oder Wechsel (z. B. α2-δ-Ligand).
L-Dopa/Benserazid (nur intermittierend)
- Wirkweise: Dopamin-Vorstufe + Decarboxylasehemmung (Verhinderung des Dopaminabbaus).
- Indikationen: Nur situativ (z. B. Reisen, Einzelabende) [S2k-Leitlinie].
- Dosierung: Kleine Abenddosis, Tageshöchstdosis beachten.
- Nebenwirkungen: Augmentation (Überstimulation) bei Dauergebrauch, klassische dopaminerge Nebenwirkungen.
Opioide (Oxycodon/Naloxon retard)
- Wirkweise: Bindung an μ-Rezeptoren (Schmerzrezeptoren) mit peripherem Antagonismus durch Naloxon.
- Indikationen: Zweite Wahl bei schwerem, therapieresistentem Restless-Legs-Syndrom [S2k-Leitlinie].
- Nebenwirkungen: Sedierung (Beruhigung), Verstopfung (Obstipation), Atemdepression, Abhängigkeitspotenzial.
Augmentation – Erkennen und Handeln
- Definition: Frühere Symptombeginn (≥ 2 Stunden), Ausbreitung, Wirkverkürzung unter dopaminerger Therapie.
- Prävention: Eisen optimieren, niedrigste Dopaminagonisten-Dosis, kein Dauergebrauch von L-Dopa [1].
- Management: Dosis reduzieren oder Wechsel auf α2-δ-Ligand bzw. langwirksamen Dopaminagonisten [S2k-Leitlinie].
Schwangerschaft
- Häufigkeit: 15-20 %, meist im 3. Schwangerschaftsdrittel (Trimenon).
- Priorität: Eisen substituieren (Ferritin < 75 µg/l); intravenös ab dem 2. Trimenon möglich [S2k-Leitlinie].
- Pharmakotherapie: Kurzzeitige L-Dopa/Carbidopa-Gabe möglich, Benserazid vermeiden; Dopaminagonisten nicht anwenden [S2k-Leitlinie].
Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)
Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für die Gesundheit von Nerven und Psyche sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:
- Vitamine (A, C, E, D3, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, Folsäure, Biotin)
- Mineralstoffe (Calcium, Kalium, Magnesium)
- Spurenelemente (Molybdän, Selen, Zink)
- Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA))
- Sekundäre Pflanzenstoffe (Beta-Carotin, Grüntee-Polyphenole, Epigallocatechingallate)
- Weitere Vitalstoffe (Coenzym Q10 (CoQ10), Phosphatidylserin, Fruchtsäuren – Citrat (gebunden in Magnesium-, Kalium- und Calciumcitrat))
Bei Vorliegen einer Insomnie (Schlafstörung) infolge eines Restless-Legs-Syndroms s. u. Insomnie/Medikamentöse Therapie/Supplemente.
Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.
Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.
Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.
Literatur
- Allen RP et al.: The Management of Restless Legs Syndrome: An Updated Algorithm. Mayo Clin Proc. 2021;96(7):1920-1932. https://doi.org/10.1016/j.mayocp.2020.12.026
- Winkelman JW et al.: Treatment of Restless Legs Syndrome and Periodic Limb Movement Disorder: An American Academy of Sleep Medicine Clinical Practice Guideline. J Clin Sleep Med. 2024;20(3):343-367. https://doi.org/10.5664/jcsm.11390
Leitlinien
- S2k-Leitlinie: Restless Legs Syndrom (RLS). (AWMF-Registernummer: 030 - 081), Juni 2022 Langfassung