Jodsupplementierung in der Schwangerschaft und Stillzeit
Das Spurenelement Jod ist für die Synthese der Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) verantwortlich. Jod ist essentiell, sodass der Organismus auf eine ausreichende Zufuhr über die Nahrung angewiesen ist, um die Funktion der Schilddrüse zu gewährleisten.
Bereits ein milder Jodmangel wirkt sich ungünstig auf die Gehirnentwicklung des Kindes aus [1]. Hierbei ist v. a. im ersten Trimenon (Schwangerschaftsdrittel) eine ausreichende Jodversorgung für die kognitive Entwicklung entscheidend [2, 3]. Daher wird allen Schwangeren eine zusätzliche Jodaufnahme empfohlen. Dies betrifft auch Frauen mit Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse wie Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow in Remission (vorübergehende oder dauerhafte Nachlassen von Krankheitssymptomen).
Zudem ist die Jodversorgung in Deutschland nicht ausreichend [4], was eine Jod-Substitution der Mutter in der Schwangerschaft ebenfalls notwendig macht. Mithilfe einer prophylaktischen Jod-Supplementierung kann eine gesunde Entwicklung sowie ein ungestörtes Wachstum des Kindes gesichert werden.
Während der Schwangerschaft und der Stillzeit ist der Bedarf an Jod erhöht. Der Bedarf beträgt in der Schwangerschaft 230 µg/Tag und in der Stillzeit 260 µg/Tag. Die mittlere Aufnahme liegt derzeit jedoch nur bei ca. 120 µg Jod/Tag (inkl. Jodsalzverwendung und Verzehr aller mit Jodsalz hergestellten Lebensmittel).
Das Merkblatt für Frauenärzte und Hebammen „Jodmangel in Schwangerschaft und Stillzeit“ empfiehlt folgende Jodsupplementierungen [8]:
- Struma (Schilddrüsenvergrößerung): 200 µg Jodid/Tag während der gesamten Schwangerschaft und Stillzeit
(Bei bekannten autonomen Adenomen (Erkrankung der Schilddrüse, die einen gutartigen, vom Drüsenepithel ausgehenden Knoten aus autonomem Schilddrüsengewebe, bezeichnet) in einer Struma mit latenter Hyperthyreose kein Jodid in der Schwangerschaft.) - Hashimoto-Thyreoiditis (Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, die mit einer Schilddrüsenentzündung einhergeht): 100 µg Jodid spätestens ab der 12. Schwangerschaftswoche bis zum Ende der Stillzeit
- Schwangerschafts-Hyperthyreose (Schwangerschafts-Schilddrüsenüberfunktion): 100 µg Jodid ab der Normalisierung des TSH (meist ab dem 2. Trimester)
- Morbus Basedow (Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, die mit einer Schilddrüsenüberfunktion einhergeht): Nur im Falle einer manifesten Hyperthyreose muss auf eine Jodidgabe verzichtet werden.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Deutschland sagt zur Jod-Supplementierung, dass durch den bestimmungsgemäßen Verzehr von jodiertem Speisesalz oder den damit hergestellten Speisen und Lebensmitteln weder ein gesundheitliches Risiko besteht noch die Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen durch diese Jodsalz-Prophylaxemaßnahmen erschwert wird [7]:
- „Nur eine dauerhafte Überschreitung des geltenden Höchstwertes von 500 µg Jod pro Tag könnte für Patienten mit einer Schilddrüsenautonomie (Verselbstständigung von Teilen des Schilddrüsengewebes vom thyreotropen Regelkreis, sodass die Produktion von Schilddrüsenhormonen nicht bedarfsgerecht stattfindet) problematisch sein“.
- „Die gegenwärtige mittlere alimentäre Jodzufuhr (Lebensmittel + Jodsalz) bereitet Patienten, die aufgrund einer Basedow-Erkrankung behandelt werden, keine Probleme“.
- „Die gegenwärtige mittlere alimentäre Jodzufuhr in Deutschland stellt für Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis kein Problem dar. Ein Verzicht auf jodiertes Speisesalz ist nicht erforderlich“.
„Nur Patienten mit aktiver Entzündung sollten auf Jodtabletten und besonders jodhaltige Speisen (Algen, japanische Speisen) verzichten“.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt eine Supplementierung von 100-150 µg Jod pro Tag für Schwangere und Stillende [6].
Literatur
- Remer T, Johner SA, Gärtner R, Thamm M, Kriener E: Jodmangel im Säuglingsalter – ein Risiko für die kognitive Entwicklung. Dtsch. Med. Wochenschr 2010; 135: 1551-6. doi: 10.1055/s-0030-1262446
- Bath SC, Steer CD, Golding J et al.: Effect of inadequate iodine status in UK pregnant women on cognitive outcomes in their children: results from the Avon Longitudinal Study of Parents and Children (ALSPAC). Lancet. 2013; 382: 331-7. doi: 10.1016/S0140-6736(13)60436-5
- Hynes KL, Otahal P, Hay I et al.: Mild iodine deficiency during pregnancy is associated with reduced educational outcomes in the offspring: 9-year follow-up of the gestational iodine cohort. J Clin Endocrinol Metab 2013; 98: 1954-62. doi: 10.1210/jc.2012-4249
- Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Jodversorgung in Deutschland: Ergebnisse des aktuellen Jodmonitoring. www.bmel.de/DE/Ernaehrung/GesundeErnaehrung/_Texte/DEGS_JodStudie.html
- Bundesinstitut für Risikobewertung: Verwendung von Mineralstoffen in Lebensmitteln – Toxikologische und ernährungsphysiologische Aspekte. Domke A, Großklaus R, Niemann B, Przyrembel H, Richter K, Schmidt E, Weißenborn A, Wörner B, Ziegenhagen R (Hrsg.), Kap. 15, Seiten 201-240, BfR-Wissenschaft 04/2004, Berlin
- Bundesinstitut für Risikobewertung: Jod, Folat/Folsäure und Schwangerschaft. BfR-Wissenschaft 2014, Berlin
- Ehlers Anke: Nutzen und Risiken der Jodprophylaxe in Deutschland. Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Aktualisierte Stellungnahme vom 21.03.2012
- Arbeitskreis Jodmangel e. V.: Merkblatt für Frauenärzte und Hebammen: „Jodmangel in Schwangerschaft und Stillzeit“ derzeit aktueller Stand