Interstitielle Zystitis – Einleitung

Die interstitielle Zystitis (IC) (Synonyme: Blasenschmerz-Syndrom; chronische interstitielle Zystitis; Hunner-Zystitis; Hunnersche Variante; interstitielle Cystitis; nicht bakterielle Blasenentzündung; abakterielle Zystitis; schmerzhaftes Blasen-Syndrom; engl.: bladder pain syndrome (BPS); ICD-10-GM N30.1: Interstitielle Zystitis (chronisch)) ist eine chronische Entzündung der Blasenwandschichten, die abakteriell (nicht bakteriell bedingt) ist. Dabei besteht seit mehr als sechs Monaten ein andauernder urogenitaler Beckenschmerz. Zudem liegt mindestens eine begleitende Harnblasensymptomatik wie Algurie (Schmerzen beim Wasserlassen) oder Pollakisurie (häufiger Harndrang ohne vermehrte Wasserausscheidung) vor.

Bislang existiert weltweit keine einheitliche Definition des Krankheitsbildes [1, 2].

Die Betroffenen müssen bis zu 60 Mal am Tag Wasserlassen. Nach dem Wasserlassen bessern sich die Schmerzen im Unterbauch nur für kurze Zeit.

Unter Berücksichtigung der pathologischen (krankhaften) Veränderungen werden folgende Typen der interstitiellen Zystitis unterschieden:

  • Hunner-Typ mit Hunner-Läsionen – ulzerative Form; bei ca. 10 % der Fälle; in der Regel sind die Betroffenen 10 Jahre älter als die des Nicht-Hunner-Typs
  • Nicht-Hunner-Typ – nicht-ulzerative Form

Geschlechterverhältnis: Männer zu Frauen beträgt 1 : 5-8.

Häufigkeitsgipfel: Die Diagnose wird meist im 4. Lebensjahrzehnt gestellt.

Die Krankheit ist sehr selten. Schätzungen nach kommen in eine Hausarzt-/internistische Praxis im Jahr sieben Patienten mit entsprechender Symptomatik.

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) liegt für Frauen bei 52-500 pro 100.000 Einwohnern (Deutschland)Männer haben eine Prävalenz von 8-41 pro 100.000 Einwohnern

Beachte: Die interstitielle Cystitis ist eine Erkrankung mit sehr hoher Dunkelziffer.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Die interstitielle Zystitis (IC) verläuft langsam und progredient (fortschreitend). Initial sind die Beschwerden meist nur schwach ausgeprägt, nehmen jedoch im Laufe der Zeit an Intensität zu. Häufig treten die Symptome bei Frauen etwa eine Woche vor Einsetzen der Menstruation verstärkt auf und werden durch sexuelle Aktivität intensiviert. Typisch für die Erkrankung ist ein undulierender Verlauf der Beschwerden, wobei die Symptomatik zwischen besseren und schlechteren Phasen schwanken kann.

In den fortgeschrittenen Stadien kommt es zu Ulzerationen (Geschwüren) an der Blasenwand und zur Entwicklung einer Schrumpfblase. Die emotionale Verfassung der Betroffenen kann sowohl zu einem Aufflammen als auch zu einer Remission (Rückbildung) der Symptome führen. Die Erkrankung bringt erhebliche Einschränkungen mit sich, die alle Bereiche des Lebens betreffen, insbesondere aufgrund des häufigen Harndrangs, der auch nachts auftritt und einen erholsamen Schlaf verhindert. Bis zur endgültigen Diagnosestellung vergehen im Durchschnitt etwa neun Jahre, da die IC häufig mit anderen Krankheitsbildern wie Harnwegsinfekten oder Harninkontinenz verwechselt wird [1, 2, 6].

Prognose

Die interstitielle Zystitis ist eine chronische Erkrankung mit einem langwierigen und belastenden Verlauf. Eine kausale Therapie existiert bislang nicht, daher liegt der Fokus der Behandlung auf der Schmerzlinderung und Verbesserung der Lebensqualität. Mit schnellen Therapieerfolgen ist nicht zu rechnen. Aufgrund des langwierigen Krankheitsverlaufs ist eine psychologische oder psychiatrische Betreuung empfohlen, um die emotionale Belastung zu verringern und das Krankheitsmanagement zu unterstützen (S2k-Leitlinie).

Komorbiditäten 

Begleiterkrankungen sind Apoplex (Schlaganfallrisiko um 52 % erhöht), Endometriose (≤ 50 % aller IC-Patientinnen), Fibromyalgie, Reizdarmsyndrom (RDS) und Urothelkarzinom* (Risiko gegenüber Kontrollen erhöht) [S2k-Leitlinie].
*Tumoren des oberen Harntraktes
, die vom mehrschichtigen Deckgewebe (Übergangsepithel; Urothel) des Nierenbeckens oder des Harnleiters ausgehen.

Literatur

  1. Goldman HB: Interstitial cystitis—the great enigma. J Urol 2000;164(6):1921
  2. Homma Y et al (2016) Clinical guidelines for interstitial cystitis and hypersensitive bladder updated in 2015. Int J Urol 2016;23(7):542-549 doi: 10.1111/iju.13118. Epub 2016 May 24.

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Interstitiellen Zystitis. (AWMF-Registernummer: 043-050), September 2018 Langfassung