Cholesterin (LDL, HDL)
Cholesterin ist ein essentielles (lebensnotwendiges) Sterol (Membranlipid) und ein zentraler Bestandteil der Plasmamembranen. Es dient als Vorstufe für Steroidhormone, Gallensäuren und Vitamin D. In den Blutkreislauf gelangt es über zwei Wege: durch endogene Synthese, insbesondere in der Leber, und durch die exogene Zufuhr über die Nahrung.
Aufgrund seiner Lipophilie (Fettlöslichkeit) ist Cholesterin nicht frei im Blut löslich und muss an Lipoproteine gebunden werden. Diese übernehmen den Transport zu den Geweben (LDL) bzw. zurück zur Leber (HDL).
LDL-Cholesterin („schlechtes Cholesterin“) transportiert Cholesterin von der Leber in periphere Gewebe und ist maßgeblich an der Entstehung und Progression der Atherosklerose beteiligt. HDL-Cholesterin („gutes Cholesterin“) hingegen vermittelt den reversen Cholesterintransport (RCT) zurück zur Leber und wirkt protektiv gegen vaskuläre Erkrankungen (Gefäßerkrankungen).
Synonyme
- LDL-C, HDL-C
- Lipoproteine hoher bzw. niedriger Dichte
- „gutes“ und „schlechtes“ Cholesterin
Das Verfahren
- Benötigtes Material
- Blutserum
- Lithium-Heparin-Plasma (LiH-Plasma)
- Vorbereitung des Patienten
- Eine Nüchternblutabnahme ist zur Bestimmung der Lipidfraktionen nicht mehr zwingend erforderlich [4]
- Postprandiale Blutabnahmen sind laut Studienlage (z. B. Dänemark) ebenfalls valide [5]
- Medikamentöse Beeinflussungen (z. B. Statine, Diuretika) sollten ggf. 3 Tage vor der Abnahme pausiert werden
- Störfaktoren
- Längeres Stauen bei Blutabnahme
- Einnahme von Monacolin K (z. B. in Rotschimmelreis)
- Schwangerschaft, akute Entzündungen, Lebererkrankungen
- Methode
- Enzymatische Farbtestverfahren
- Homogene Direktmessungen (für LDL-C)
- Berechnung nach Friedewald-Formel:
LDL-C = Gesamtcholesterin – HDL-C – (Triglyzeride/5) (nur bei Triglyzeriden < 400 mg/dl gültig)
Normalwerte für Gesamtcholesterin
Alter | Normwerte [mg/dl] | [mmol/l] |
> 40. Lebensjahr | < 240 mg/dl | < 6,2 mmol/l |
30.-40. Lebensjahr | < 220 mg/dl | < 5,7 mmol/l |
20.-29. Lebensjahr | < 200 mg/dl | < 5,2 mmol/l |
< 19. Lebensjahr | < 170 mg/dl | < 4,4 mmol/l |
Kinder | < 170 (-200 mg/dl) | < 4,4 (-5,2 mmol/l) |
Säuglinge | < 190 mg/dl | < 4,9 mmol/l |
Neugeborene | < 170 mg/dl | < 4,4 mmol/l |
Umrechnungsfaktor
- mg/dl x 0,02586 = mmol/l
Normalwerte für LDL-Cholesterin
Alter | Normwerte [mg/dl] | [mmol/l] |
Erwachsene | < 160 mg/dl | < 4,16 |
Kinder | < 100 mg/dl | < 2,6 |
Säuglinge | 45-117 mg/dl | 1,17-3,04 |
Neugeborene | 59-217 mg/dl | 1,53-5,64 |
Je höher der LDL-Wert, desto höher ist Ihr Atheroskleroserisiko!
LDL-Cholesterin [mg/dl] |
[mmol/l] | Klassifikation des Atheroskleroserisikos |
< 100 mg/dl | < 2,6 | optimal |
100-129 mg/dl | 2,6-3,35 | nahezu optimal |
130-159 | 3,38-4,13 | grenzwertig erhöht |
160-189 mg/dl | 4,16-4,91 | erhöht |
> 190 mg/dl | > 4,94 | stark erhöht |
Normalwerte für HDL-Cholesterin
Alter | Normwerte [mg/dl] | [mmol/l] |
Männer | 35-55 mg/dl | 0,91-1,43 |
Frauen | 45-65 mg/dl | 1,17-1,69 |
Kinder | 22-89 mg/dl | 0,57-2,31 |
Säuglinge | 13-53 mg/dl | 0,34-1,38 |
Neugeborene | 22-89 mg/dl | 0,57-2,31 |
Je geringer der HDL-Wert, desto höher ist Ihr Atheroskleroserisiko!
Umrechnungsfaktor
- mg/dl x 0,02586 = mmol/l
Beachte: HDL-Werte von über 60 Milligramm/Deziliter (1,5 mmo/L) hatten in einer Studie ein um fast 50 Prozent erhöhtes Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Krankheit zu versterben oder einen Myokardinfarkt zu erleiden [6].
Normalwerte für den LDL/HLD-Quotient
Der LDL/HDL-Quotient (LDL geteilt durch HDL) ist ein sehr guter Indikator zur Abschätzung des Atheroskleroserisikos.
LDH/HDL-Quotient |
Interpretation |
< 3,0 | Zielwert (ideal) |
3,0 - 5,0 | erhöhtes Risiko |
≥ 5 | hohes Risiko |
Normwerte für das Non-HDL-Cholesterin
Non-HDL-Cholesterin ist die Differenz aus den Messwerten von Gesamtcholesterin und HDL-Cholesterin. Es enthält somit auch die atherogenen VLDL- , IDL- und small-dense-LDL- Fraktionen.
Risiko-Kategorie und Non-HDL-Zielwerte bei Triglyceridwerten > 200 mg/dl (> 2.28 mmol/l)
Non-HDL-Zielwerte | Risiko-Kategorie |
< 100 mg/dl (< 2,59 mmol/l) | bei sehr hohem Risiko dokumentierte koronare Herzkrankheit (KHK) oder Diabetes mellitus oder eGFR < 60 ml/min oder HeartScore > 10 % (www.heartscore.org) |
< 130 mg/dl (< 3,37 mmol/l) | bei hohem Risiko prominente einzelne Risikofaktoren (z. B. familiäre Hypercholesterinämie, schwere Hypertonie) oder HeartScore > 5 % bis < 10 % |
< 145 mg/dl (< 3,75 mmol/l) | bei moderatem und niedrigem Risiko HeartScore < 5 % |
Indikationen
- Als Routineparameter zur Bestimmung des Atheroskleroserisikos
- Bei Kindern und Adoleszenten, deren Eltern oder Verwandte ersten Grades vor dem 60. Lebensjahr kardiovaskuläre Erkrankungen aufweisen
- Bei Kindern von Eltern, unter denen ein Teil an familiärer Hyperlipidämie leidet oder einen Cholesterinwert > 300 mg/dl (> 7,8 mmol/l) aufweist
- Bei Patienten mit einem Triglyceridspiegel von > 200 mg/dl und metabolisch bedingten Dyslipoproteinämien (z. B. Diabetes mellitus Typ 2, metabolisches Syndrom, androide Körperfettverteilung, das heißt abdominales/viszerales, stammbetontes, zentrales Körperfett (Apfeltyp) etc.)
- Therapie-Kontrolle bei der Behandlung mit lipidsenkenden Medikamenten
Interpretation
Interpretation erhöhter Werte
1. Vererbliche primäre beziehungsweise reine Hypercholesterinämie:
- Polygene Hypercholesterinämie, Typ IIa, sehr häufig, hohes Atheroskleroserisiko
- Familiäre Hypercholesterinämie, Typ IIa, Häufigkeit heterozygot 1 : 500, homozygot 1 : 1.000.000, sehr hohes Risiko (heterozygot) bzw. extrem hohes Risiko (homozygot)
- Kombinierte Hyperlipidämie Typ IIa, IIb oder IV, Häufigkeit 1 : 300, hohes Risiko
- Familiäres defektes Apo B100 (FDB), Typ IIa, Häufigkeit 1 : 100 - 1 : 300, hohes Risiko
Ein Screening von Kindern, Erwachsenen und Familien wg. Verdacht auf familiäre Hypercholesterinämie (FH) ist erforderlich, wenn:
- Gesamtcholesterin bei einem Erwachsenen höher als 310 mg/dl (8 mmol/l) und bei einem Kind höher als 230 mg/dl (6 mmol/l) ist
- FH bei einem Familienmitglied diagnostiziert wurde
- Früh aufgetretene koronare Herzkrankheit (KHK) oder Xanthome (Lipidablagerungen) an den Sehnen bestehen
- Plötzlicher Herztod (PHT) schon in einer relativ frühen Lebensphase aufgetreten ist
2. Sekundäre Hypercholesterinämie:
- Adipositas (Übergewicht)
- Ernährung – zu viele gesättigte Fettsäuren und zu viel Cholesterin
- Bewegungsmangel
- Rauchen
- Schwangerschaft
- Hyperurikämie (Gicht)
- Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)
- Schlecht eingestellter Diabetes mellitus
- Chronische Erkrankungen von Leber, Nieren oder Gallenblase
wie beispielsweise Hepatom – gutartige oder bösartige Neubildung der Leberzellen,
Nephrotisches Syndrom – klinischer Symptomenkomplex einhergehend mit:
- Proteinurie (Einweißausscheidung im Harn)
- Hypo- und Dysproteinämie (Abweichungen im Verhältnis der Eiweißkörper des Blutplasmas)
- Hyperlipidämie (Fettstoffwechselstörung)
- Hypocalcämie (Calciummangel)
- Beschleunigte BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit)
- Ödembildung (Wassereinlagerungen)
- Anorexia nervosa (Magersucht)
- Akute intermittierende Porphyrie – erblicher Enzymdefekt mit gestörter Porphyrin-Synthese in der Leber
- Einige Medikamente können zur LDL-Cholesterinerhöhung beitragen:
- Androgene
- Beta-Rezeptorenblocker (Betablocker)
- Diuretika
- Glucocorticoide (Cortisol)
- hormonelle Kontrazeptiva (Östrogene/Gestagene)
Interpretation erniedrigter Werte
- Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)
- Konsumierende Erkrankungen wie Krebs oder chronische Infektionen
- Lebererkrankungen wie beispielsweise Leberzirrhose – Umbau des Lebergewebes mit Funktionsverlust
- Malabsorption – Störung der Resorption (Aufnahme) der Nahrung im Darm
- Malnutrition – Fehl- oder Mangelernährung
- Operationen
- Proteinmangel (Mangel an Eiweiß)
- Venöse Thromboembolie – LDL-C < 70 mg/dL könnte ein Prädiktor für Blutungskomplikationen sein: schwerwiegende Blutungen (adjustierte Hazard Ratio, aHR 1,49). Hämatome stellten die häufigste Blutungskomplikation dar (aHR 2,11). [10].
Weiterführende Diagnostik
- Triglyzeride (zur vollständigen Lipidprofilanalyse)
- Lipoprotein(a) bei familiärer Vorbelastung oder Frühinfarkten
- Apolipoprotein B und A1 zur differenzierten kardiovaskulären Risikobewertung
- C-reaktives Protein (CRP), HbA1c, Kreatinin zur Risikoeinschätzung bei metabolischem Syndrom
Weitere Hinweise
- Gesamt-Cholesterin
- Ein erhöhter Cholesterin-Serumspiegel ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für die Atherosklerose (Arterienverkalkung). Dieses wiederum führt zu einem deutlich erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie Myokardinfarkt (Herzinfarkt) oder Apoplex (Schlaganfall).
- Bei einem Gesamtcholesterin über 200 mg/l ist bereits ein erhöhtes koronares Risiko möglich!
- Das Gesamtcholesterin und das HDL-Cholesterin schwankt, wenn nicht nüchtern, um weniger als 2 % (im Vergleich zu einem Kollektiv mit Blutentnahme im nüchternen Zustand). Die LDL-Cholesterinwerte werden durch eine Mahlzeit um ca. 10 % verändert.
- LDL-Cholesterin
- Erhöhte LDL-Cholesterinwerte reduzieren das Risiko für Diabetes mellitus Typ 2 (Hazard-Ratios (HR) betrugen 0,65 und für familiäre Hypercholesterinämie (FH), 0,72) und erhöhen zugleich das Risiko für die koronare Herzkrankheit [9].
- HDL-Cholesterin:
- Der Zusammenhang zwischen HDL‑Cholesterin (HDL-C) und dem Risiko einer Koronaren Herzkrankheit (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung) ist nicht linear; ab einem HDL‑C von etwa 60 mg/dl (1,5 mmol/l) ist keine weitere Verbesserung der Prognose mehr zu erkennen [1].
- HDL-Werte von über 60 Milligramm/Deziliter (1,5 mmo/L) hatten in einer Studie ein um fast 50 Prozent erhöhtes Risiko, an einer Herz-Kreislaufkrankheit zu versterben oder einen Myokardinfarkt (US-amerikanische Studie) zu erleiden [6].
- Studien zeigen, dass sehr hohe Konzentrationen des HDL‑C wieder mit einer Zunahme des KHK-Risikos (koronare Herzkrankheit) einhergehen können [2].
- In einer US-Studie hatten nur Weiße bei niedrigen HDL-Werten ein erhöhtes Herzinfarkt-Risiko, nicht aber Schwarze. Hohe HDL(high density lipoprotein)-Cholesterin-Werte bieten unabhängig von der Rasse keinen kardiovaskulären Schutz [43].
- Handlungsempfehlungen für eine adäquate Diagnostik, Therapie und Langzeitbehandlung von Dyslipoproteinämie siehe unter Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga) e. V. [3].
Literatur
- Di Angelantonio E, Sarwar N, Perry P et al.: Major lipids, apolipoproteins, and risk of vascular disease. JAMA 2009 Nov 11;302(18):1993-2000. doi: 10.1001/jama.2009.1619.
- van der Steeg WA, Holme I, Boekholdt SM et al.: High-density lipoprotein cholesterol, high-density lipoprotein particle size, and apolipoprotein A‑I: significance for cardiovascular risk: the IDEAL and EPIC-Norfolk studies. J Am Coll Cardiol 2008 Feb 12;51(6):634-42. doi: 10.1016/j.jacc.2007.09.060.
- Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie von Fettstoffwechselstörungen in der Ärztlichen Praxis (Stand Januar 2012. publiziert im Mitteilungsblatt der DGFF "Der Lipidreport", Ausgabe 2/1995, Seiten 5 - 12, ISNN 0940-3221; laufend aktualisiert gemäß aktuellen ESC/EAS-Guidelines. Nicht in allen stimmen die DGFF-Empfehlungen mit den EAS-Empfehlungen überein.). Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga) e. V
- Bethany D et al.: Prognostic Value of Fasting vs. Non-Fasting Low Density Lipoprotein Cholesterol Levels on Long-term Mortality: Insight from the National Health and Nutrition Survey III (NHANES-III). CIRCULATIONAHA.114.010001 Published online before print July 11, 2014. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.114.010001
- Nordestgaard BG et al.: Fasting is not routinely required for determination of a lipid profile: clinical and laboratory implications including flagging at desirable concentration cut-point – a joint consensus statement from the European Atherosclerosis Society and European Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine. doi: http://dx.doi.org/10.1093/eurheartj/ehw152 ehw152 First published online: 26 April 2016
- Allard-Ratick M et al.: Elevated HDL-C is associated with adverse cardiovascular outcomes. European Heart Journal, Volume 39, Issue suppl_1, August 2018, ehy564.50, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehy564.50
- Yi SW et al.: High-density lipoprotein cholesterol and cardiovascular mortality: a prospective cohort study among 15.8 million adults European Journal of Preventive Cardiology, zwab230, Published: 31 December 2021 https://doi.org/10.1093/eurjpc/zwab230
- Zakai NA et al.: Race-Dependent Association of High-Density Lipoprotein Cholesterol Levels With Incident Coronary Artery Disease Journal of the American College of Cardiology 2022;80(22):2104-2115 https://doi.org/10.1016/j.jacc.2022.09.027
- Ravi A et al.: Genetic Predisposition to Low-Density Lipoprotein Cholesterol and Incident Type 2 Diabetes JAMA Cardiol. Published online January 15, 2025. doi:10.1001/jamacardio.2024.5072
- Siniscalchi C et al.: Low-Density Lipoprotein Cholesterol Levels and Bleeding Risk in Venous Thromboembolism JAMA Netw Open. 2025;8(5):e259467. doi:10.1001/jamanetworkopen.2025.9467