Alpha-Fetoprotein (AFP)
Beim Alpha-Fetoprotein (AFP) handelt es sich um ein onkofetales Protein, welches physiologischerweise in der Leber, im Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt) und im Dottersack (frühe Versorgungsstruktur des Embryos) gebildet wird. Der Dottersack übernimmt bis zur Ausbildung der fetalen Leber zentrale Stoffwechselfunktionen und ist Quelle hämatopoetischer Stammzellen.
Das AFP ist ein etablierter Parameter in der Pränataldiagnostik (vorgeburtliche Diagnostik) zur Risikobewertung fetaler Fehlbildungen. Des Weiteren besitzt AFP eine klinische Bedeutung als Tumormarker (Krebsmarker), insbesondere bei malignen Erkrankungen der Leber und bei Keimzelltumoren.
Synonyme
- AFP
- α-1-Fetoprotein
ICD-10 (Auswahl)
- C22.0 – Hepatozelluläres Karzinom (Leberzellkrebs)
- C62.- – Bösartige Neubildung des Hodens (Hodenkrebs)
- C56 – Bösartige Neubildung des Ovars (Eierstockkrebs)
- Z36.- – Pränatales Screening (vorgeburtliche Vorsorgeuntersuchung)
Charakteristische Laborbefunde
- Hepatozelluläres Karzinom: AFP kann deutlich erhöht sein; sehr hohe Konzentrationen sprechen für eine hohe Tumorlast, sind jedoch nicht obligat und nicht allein beweisend.
- Keimzelltumoren (Nicht-Seminom): AFP ist häufig erhöht und dient in Kombination mit β-humanem Choriongonadotropin und Laktatdehydrogenase der Stadieneinteilung, Prognoseabschätzung und Verlaufskontrolle.
- Benigne Lebererkrankungen: Chronische Hepatitis und Leberzirrhose können mit moderaten AFP-Erhöhungen einhergehen.
- Schwangerschaft: AFP-Werte sind gestationsabhängig erhöht und müssen alters- und schwangerschaftsspezifisch interpretiert werden.
Das Verfahren
Benötigtes Material
- Blutserum
Vorbereitung des Patienten
- Keine spezielle Vorbereitung erforderlich
Störfaktoren
- Therapie mit hohen Biotin-Dosen (> 5 mg/Tag); Blutentnahme sollte mindestens 8 Stunden nach der letzten Einnahme erfolgen
- Schwangerschaft und Neugeborenenperiode
Methode
- Immunoassay
Normbereiche (je nach Labor)
Normwert (AFP als Tumormarker)
| Normwert | < 7,0 ng/ml |
| Grauzone | 7,1-20 ng/ml |
Normwert (AFP im Serum in der Schwangerschaft: 14.-21. Schwangerschaftswoche)
| Normbereich | 0,5-2,0 MoM |
| Grenzwertig | 2,0-2,5 MoM |
| Verdacht auf Neuralrohrdefekt (Fehlbildung des Nervensystems) | > 2,5 MoM |
MoM („multiple of the median“) beschreibt das Verhältnis des gemessenen AFP-Wertes zum medianen Referenzwert des entsprechenden Gestationsalters.
Indikationen
- Verdacht auf hepatozelluläres Karzinom
- Verlaufskontrolle und Rezidivdiagnostik bei hepatozellulärem Karzinom
- Verdacht auf Keimzelltumoren (Hoden, Ovarien, extragonadal)
- Verlaufskontrolle bei Nicht-Seminomen
- Pränatales Screening auf Neuralrohrdefekte
Interpretation
Interpretation erhöhter Werte
- Hepatozelluläres Karzinom
- Keimzelltumoren, insbesondere Nicht-Seminome
- Gastrointestinale Tumoren
- Chronische Lebererkrankungen wie Hepatitis oder Leberzirrhose
- Schwangerschaft
- Anenzephalie
- Spina bifida
- Mehrlingsschwangerschaft
- Falsch datiertes Gestationsalter
- Neugeborene und Säuglinge
Interpretation erniedrigter Werte
- Niedrige AFP-Werte zwischen der 14. und 20. Schwangerschaftswoche können auf ein erhöhtes Risiko für Trisomie 21 (Down-Syndrom) hinweisen
Weiterführende Diagnostik
- Bildgebung der Leber bei persistierend erhöhter AFP-Konzentration
- Kombinierte Tumormarkerdiagnostik bei Keimzelltumoren
- Serielle Verlaufskontrollen zur Beurteilung der Dynamik