Harter Bauch in der Schwangerschaft: So unterscheiden sich Übungswehen von Geburtswehen

Das Erkennen, ob es sich bei den Wehen tatsächlich um Geburtswehen handelt, kann sowohl für Schwangere als auch für Hebammen und Ärzte im Einzelfall herausfordernd sein. Wehen treten bereits Wochen vor der Geburt auf und erfüllen unterschiedliche physiologische Aufgaben im Verlauf der Schwangerschaft [1, 2]. Entscheidend ist, die Art, Intensität und Regelmäßigkeit richtig zu deuten. Ein harter Bauch, wie ihn viele Schwangere im zweiten oder dritten Trimenon verspüren, ist meist Ausdruck von harmlosen Übungswehen.

Eine alte Hebammenregel hilft zudem bei der Orientierung: Übungswehen und auch Senkwehen lassen bei einem warmen Bad in der Regel nach – Geburtswehen dagegen werden stärker und regelmäßiger.

Im Zweifelsfall sollte die Schwangere ärztlich oder in einer Geburtsklinik vorgestellt werden. Mittels Cardiotokographie (CTG; Wehenschreiber) und vaginaler Untersuchung lässt sich sicher feststellen, ob die Geburt begonnen hat [1].

Wehenarten im Überblick

Während der gesamten Schwangerschaft treten Uteruskontraktionen auf, die durch eine Tokographie (Wehenmessung) objektiv erfasst werden können. Sie lassen sich in verschiedene Typen einteilen, die unterschiedliche Funktionen im Schwangerschafts- und Geburtsverlauf erfüllen [2].

Alvarez-Wellen

  • Charakter: kleine, lokale, diskoordinierte und unregelmäßige Uteruskontraktionen (Zusammenziehungen der Gebärmutter)
  • Frequenz: etwa 10 pro 10 Minuten mit einer Intensität von 2-3 mmHg
  • Auftreten: ab etwa der 20. Schwangerschaftswoche (SSW)
  • Funktion: Förderung des Muskelwachstums und der Plazentadurchblutung (Durchblutung des Mutterkuchens)

Diese Wellen gelten als Ausdruck der zunehmenden Reifung des Myometriums (Muskelschicht der Gebärmutter) und treten häufig unbemerkt auf [2].

Braxton-Hicks-Kontraktionen (Übungswehen)

  • Charakter: unregelmäßige, diskoordinierte Kontraktionen größerer Gebärmutterabschnitte
  • Frequenz: etwa 1-3 pro Stunde
  • Druckanstieg: 10-30 mmHg
  • Auftreten: ab etwa der 20.-30. SSW zunehmend nachweisbar
  • Funktion: Vorbereitung der Gebärmuttermuskulatur auf die Geburt

Im Schwangerschaftsverlauf verändern sich diese Übungswehen:

  • Bis zur 28. SSW: etwa 3 Kontraktionen pro Stunde
  • Um die 30.-32. SSW: bis zu 5-6 Kontraktionen pro Stunde, danach meist Abnahme

Senkwehen (meist 36.-38. SSW)

  • Dauer: 30 Sekunden bis 1 Minute
  • Verlauf: unregelmäßige Intervalle über 2-3 Stunden (> 15 Minuten Abstand)
  • Funktion: Absenken des kindlichen Kopfes in den Beckeneingang, Reifung der Portio
  • Wahrnehmung: harter Bauch, Rückenschmerzen, nachlassender Druck auf das Zwerchfell („besser Luft bekommen“)
  • Klinischer Befund: Fundus uteri tastbar tiefer als zuvor

Senkwehen markieren häufig die letzte Phase vor Geburtsbeginn und können von der Schwangeren deutlich gespürt werden [1].

Vorwehen

  • Charakter: stärkere, aber noch unregelmäßige Kontraktionen mit geringerer Frequenz und fehlender fundaler Dominanz
  • Funktion: Vorbereitung auf die Geburt durch leichte Eröffnung und Erweichung des Muttermundes
  • Hinweis: häufig begleitet vom Abgang des Schleimpfropfs

Vorwehen zeigen an, dass sich der Körper zunehmend auf die Eröffnungsphase vorbereitet, ohne dass bereits eine regelmäßige Zervixdilatation (Erweiterung des Gebärmutterhalses) stattfindet.

Geburtswehen

Geburtswehen gehen meist fließend aus den Vorwehen hervor. Sie zeichnen sich durch regelmäßige, koordinierte und zunehmend stärkere Kontraktionen aus, die zur kontinuierlichen Muttermundseröffnung führen.

Typisch für Geburtswehen:

  • Zu Beginn etwa alle 10 Minuten
  • Später alle 2-3 Minuten
  • Zunehmend schmerzhafter, rhythmischer Verlauf
  • Kein Nachlassen bei Wärme oder Ruhe

Eröffnungswehen

  • Funktion: Öffnung des Muttermundes und Tiefertreten des kindlichen Kopfes
  • Dauer: ca. 30 Sekunden
  • Druckanstieg: bis zu 60 mmHg
  • Frequenz: frühe Phase ≈ 3 Wehen/10 Minuten, späte Phase ≈ 4 Wehen/10 Minuten

Austreibungswehen (Presswehen)

  • Funktion: Austreibung des Kindes
  • Druckanstieg: bis 220 mmHg
  • Frequenz: etwa 5 Wehen/10 Minuten
  • Basaltonus: 12-60 mmHg

Nachwehen

  • Beginn: wenige Minuten nach der Geburt
  • Charakter: meist schmerzarm, diskoordiniert
  • Funktion: Lösung und Ausstoßung der Plazenta, Blutstillung, Rückbildung der Gebärmutter
  • Rückbildung: Gewicht der Gebärmutter sinkt innerhalb von 6 Wochen von etwa 1 kg auf 50 g
  • Hinweis: Mit zunehmender Geburtenzahl nehmen Intensität und Schmerzhaftigkeit der Nachwehen zu [2].

Wann ist ärztliche Abklärung erforderlich?

Eine Schwangere sollte die Geburtsklinik oder Hebamme kontaktieren, wenn:

  • Wehen regelmäßig alle 5 Minuten auftreten,
  • die Fruchtblase geplatzt ist,
  • Blutungen oder ungewöhnliche Schmerzen auftreten,
  • das Kind sich weniger bewegt als gewohnt.

Fazit

Geburtswehen sind regelmäßige, rhythmische und zunehmend intensivere Kontraktionen, die zu einer fortschreitenden Muttermundseröffnung führen. Übungs- und Senkwehen dienen der Vorbereitung, unterscheiden sich jedoch durch ihre Unregelmäßigkeit und das Nachlassen unter Wärme. Bei Unsicherheit sollte stets eine geburtshilfliche Kontrolle erfolgen, um Mutter und Kind Sicherheit zu geben [1].

Literatur

  1. Gnirs J: Geburtsüberwachung. In: Schneider H, Husslein P, Schneider KTM (Hrsg.): Die Geburtshilfe. Springer, Berlin Heidelberg, 2006, S. 604 ff. doi: 10.1007/978-3-540-33897-0_32.
  2. Martius G, Rath W: Physiologie der Geburt. In: Geburtshilfe und Perinatalmedizin. Thieme, Stuttgart, S. 357 ff. doi: 10.1055/b-002-10339.