Geburtsvorbereitung: Welche Kurse, Positionen und Übungen helfen wirklich?

Die Geburtsvorbereitung umfasst ein Spektrum von Angeboten: von strukturierten Kursen über gezielte physische Übungen bis zu Empfehlungen für Geburtspositionen und Atem-/Entspannungstechniken. Dadurch sollen Ängste reduziert, die körperliche Geburtskompetenz gestärkt und mögliche Risiken minimiert werden. Studien zeigen, dass Bewegung in der Schwangerschaft nicht nur die Geburtsdauer verkürzen, sondern auch das Risiko für operative Entbindungen und Schwangerschaftskomplikationen senken kann [1, 2].

Wichtig ist: Nicht alle Kurse oder Übungen sind gleich wirksam – der Nutzen hängt stark von Zielsetzung, Regelmäßigkeit und individueller Anpassung ab. Zudem gibt es medizinische Kontraindikationen (Gegenanzeigen), die beachtet werden müssen.

Kurse zur Geburtsvorbereitung

Inhalte und Ziele

Kurse zur Geburtsvorbereitung verfolgen meist mehrere Ziele:

  • Information und Aufklärung (Ablauf, Interventionen, Schmerzmanagement)
  • Psychische Vorbereitung, Stressreduktion, Reduktion von Angst
  • Körperliche Fitness, Beweglichkeit, Atem- und Entspannungsübungen
  • Förderung einer aktiven Geburtsgestaltung (z. B. durch Bewegung, Positionswechsel)

Damit sollten sie idealerweise sowohl Wissen als auch praktische Fertigkeiten vermitteln.

Wirksamkeit

Laut Studien verbessert körperliche Aktivität in der Schwangerschaft die Wahrscheinlichkeit einer spontanen Geburt und reduziert die Kaiserschnittrate signifikant [1].
Auch psychische Faktoren werden positiv beeinflusst: Regelmäßige Bewegung senkt das Risiko für Angststörungen und Depressionen in der Schwangerschaft [3].

Körperliche Übungen in der Geburtsvorbereitung

Mobilisations- und Dehnungsübungen

Diese Übungen verbessern die Beweglichkeit des Beckens, der Hüften, der Wirbelsäule und des Brustkorbs. Sie sind besonders nützlich, um Spannung abzubauen und optimale Bewegungsreserven zu schaffen.

Beispiele:

  • Cat-Cow (im Vierfüßler, Wechsel zwischen Rund- und Hohlkreuz)
  • Beckenkreisen/“Kreisen auf dem Ball”
  • Beckennicken/-kippung im Sitzen
  • Hüftöffner-O-Stehen (leichtes Spreizen der Beine bei halb geöffnetem Stand)
  • Seitliches Beugen im Stehen
  • Brustwirbelsäulenmobilisation (z. B. Arme kreisen, seitliche Dehnung)

Diese Übungen lassen sich gut in einen Geburtsvorbereitungskurs integrieren und mehrfach täglich durch Schwangere selbst durchführen.

Kraft-, Stabilisations- und Halteübungen

Diese zielen darauf ab, muskuläre Stabilität (Rumpf, Beckenboden, Hüftmuskulatur) aufzubauen, um die körperlichen Belastungen der Geburt besser abzufedern:

  • Isometrische Rumpfhaltung (in Seitlage, Bauchlage modifiziert, Rückenlage mit Unterstützung)
  • Brücke/Hüftheben mit Absicherung
  • Beinabduktionsübungen (z. B. im Liegen, mit Theraband)
  • Training mit elastischen Bändern (Rückenstrecker, Schulteröffner)
  • Gluteus- und Beinmuskulatur (z. B. Standübungen, Step-Ups mit niedriger Höhe)
  • Rumpf-Stabilisation (unter Beachtung der Sicherheit, kein Valsalva)

Empfohlen sind moderate Belastungen, ohne Überlastung, und angepasst an den Schwangerschaftsverlauf (z. B. längere Pausen, Veränderung der Ausgangsposition).

Beckenbodenübungen und Inkontinenzprophylaxe

Ein starker, koordinierter Beckenboden ist essentiell – sowohl zur Unterstützung in der Geburtsphase als auch in der postnatalen Rückbildung.

  • Submaximale Kontraktionen (keine Überanspannung)
  • Koordination von Anspannung und Entspannung
  • Integration in Alltagsbewegungen (z. B. beim Atmen, beim Aufstehen)
  • Übungen in verschiedenen Positionen (liegend, sitzend, stehend)
  • Progression nach Bedarf, Rücksicht auf Beschwerden (z. B. Harnwegsbeschwerden)

Wie oben erwähnt, deuten Studien darauf hin, dass früh beginnendes Beckenbodentraining das Risiko für Schwangerschafts-Harninkontinenz senken kann [3].

Atem- und Entspannungstechniken

Neben Mobilität und Kraft sind Atem- und Entspannungstechniken ein zentraler Bestandteil:

  • Geburts-Atemtechniken (z. B. ruhiger Atem, Wechselatmung, „Atemwellen“)
  • Progressive Muskelrelaxation
  • Visualisierung/mentale Geburtsvorstellung
  • Biofeedback oder Entspannungsmethoden (z. B. autogenes Training)
  • Achtsamkeits- bzw. Yoga-Elemente (z. B. bewusstes Loslassen, Bodenwahrnehmung)

Der Nutzen liegt weniger in messbarer physiologischer Veränderung, sondern in Stress- und Schmerzkontrolle, Bewegungskoordination und mentaler Souveränität in der Geburtsphase.

Praktische Empfehlungen

Integration in die ärztlich/hebammengeleitete Betreuung

  • Empfehlung zur Teilnahme an Geburtsvorbereitungskursen möglichst früh (ab 2. Trimenon (Schwangerschaftsdrittel))
  • Kooperation mit qualifizierten Kursleitungen (Hebammen, Physiotherapeut:innen mit Spezialisierung)
  • Bei Risikopatientinnen (z. B. Mehrlingsschwangerschaft, Herz-Kreislauf-Erkrankungen) frühzeitig individuelle Anpassung oder Ausschluss prüfen
  • Sensibilisierung der Schwangeren dafür, Übungen regelmäßig zu Hause durchzuführen – z. B. kleine Einheiten mehrfach täglich
  • Schriftliche Handouts, Übungsvideos oder Apps zur Unterstützung
  • Monitoring von Beschwerden (z. B. Rücken, Symphysenschmerzen, Inkontinenz) und Anpassung des Übungsprogramms
  • Feedbackmechanismen (Kursfeedback, Fragebögen zur Selbstwahrnehmung, Ängste) etablieren

Warnhinweise und Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Bei Hochrisiko-Schwangerschaften, Blutungsneigung, Plazentainsuffizienz (Mutterkuchenschwäche), vorzeitigem Blasensprung oder akuten Beschwerden: Rücksprache mit Spezialisten nötig
  • Schmerz, Blutung, Kreislaufbeschwerden, plötzlicher Schwindel: Übungen abbrechen
  • Im Verlauf der Schwangerschaft: Vermeidung von Überlastung, Überhitzung oder starker Valsalva-Anstrengung (z. B. zu kraftvolles Pressen in Übungen)
  • Bei Beschwerden der Symphyse oder Instabilität: Belastungsintensität reduzieren, alternative Positionen wählen

Fazit

Ein multimodaler Ansatz – bestehend aus körperlicher Aktivität, Atmung, Entspannung und Geburtswissen – zeigt den größten Nutzen. Regelmäßige Bewegung reduziert Kaiserschnittraten, verbessert das Wohlbefinden und stärkt die Geburtskompetenz.

Literatur

  1. Barakat R, Pelaez M, Lopez C, Montejo R, Coteron J: Exercise during pregnancy reduces the rate of cesarean and instrumental deliveries: results of a randomized controlled trial. J Matern Fetal Neonatal Med. 2012;25(12):2372-2376. doi: 10.3109/14767058.2012.696165.
  2. Magro-Malosso ER, Saccone G, Di Tommaso M, Roman A, Berghella V: Exercise during pregnancy and risk of gestational hypertensive disorders: a systematic review and meta-analysis. Acta Obstet Gynecol Scand. 2017;96:921-931. doi: 10.1111/aogs.13151.
  3. Davenport MH, McCurdy AP, Mottola MF et al.: Impact of prenatal exercise on both prenatal and postnatal anxiety and depressive symptoms: a systematic review and meta-analysis. Br J Sports Med. 2018;52(21):1376-1385. doi: 10.1136/bjsports-2018-099697.
  4. Lawrence A, Lewis L, Hofmeyr GJ, Styles C: Maternal positions and mobility during first stage of labour. Cochrane Database Syst Rev. 2013;(10):CD003934. doi: 10.1002/14651858.CD003934.pub4.
  5. Dumoulin C, Hay-Smith J et al.: Pelvic floor muscle training versus no treatment, or inactive control treatments, for urinary incontinence in women. Cochrane Database Syst Rev. 2018;(10):CD005654. doi: 10.1002/14651858.CD005654.pub4.
  6. Ghandali NY, Iravani M, Habibi A, Cheraghian B: The effectiveness of a Pilates exercise program during pregnancy on childbirth outcomes: a randomized controlled clinical trial. BMC Pregnancy Childbirth. 2021;21:416. doi.org/10.1186/s12884-021-03922-2.