Beckenendlage: Sicher entbinden trotz Steißlage – was heute möglich ist

Eine Beckenendlage (BEL) bedeutet, dass das Kind am Ende der Schwangerschaft mit dem Gesäß oder den Füßen nach unten liegt, statt in der normalen Schädellage. In etwa 3-5 % aller Einlingsschwangerschaften findet man eine solche Lage. Eine spontane Geburt ist möglich, aber sie erfordert eine sehr sorgfältige Vorbereitung und erfahrene Betreuung.

Besonderheiten und Risiken bei spontaner Geburt aus Beckenendlage

Das Hauptproblem liegt darin, dass der Kopf des Kindes – als größtes Körperteil – zuletzt geboren wird. Beim Durchtritt durch das mütterliche Becken kann es dabei zu einer Kompression der Nabelschnur kommen, wodurch die Sauerstoffzufuhr kurzfristig unterbrochen wird. Um das Risiko einer Hypoxie (Mangelversorgung mit Sauerstoff) und möglichen Hirnschädigung zu minimieren, darf diese Phase nicht länger als 3 bis 5 Minuten andauern.

Ein weiteres Hindernis kann sein, dass die Arme des Kindes „hochschlagen“ (sie legen sich vor den Kopf) und so den Geburtsweg blockieren. Hier ist schnelles, geübtes Eingreifen der Geburtshelfer erforderlich. Wegen dieser Risiken gilt die Beckenendlage-Geburt als Risikogeburt und benötigt optimale Rahmenbedingungen.

Kaiserschnitt vs. Spontangeburt – was sagen Studien?

Im Verlauf der letzten Jahrzehnte hat der Kaiserschnitt bei Beckenendlage weitgehend an Sicherheit gewonnen, sodass die Risiken für Mutter und Kind heute kaum noch von denen einer vaginalen Entbindung differieren. Aufgrund dieser Entwicklung ist in vielen Ländern die Sectio bei Beckenendlage häufiger geworden, um mögliche Komplikationen zu vermeiden.

Dennoch zeigen Studien, dass bei sorgfältiger Auswahl und optimaler Betreuung keine deutlichen Unterschiede in den kindlichen Ergebnissen zwischen geplanter Spontangeburt und geplanter Kaiserschnittentbindung bestehen. In Frankreich und Belgien etwa ergab eine prospektive Beobachtungsstudie, dass geplante vaginale Geburten bei ausgewählten Fällen sicher durchgeführt werden können, ohne dass die neonatalen Ergebnisse signifikant schlechter sind [1].

Einfluss der Geburtsposition – neue Erkenntnisse

Eine interessante, relativ neue Erkenntnis ist, dass die Position der Mutter während der Geburt eine entscheidende Rolle spielen kann. Aufrechte Geburtspositionen (z. B. Knie-Ellenbogen oder „Vierfüßler“-Position) scheinen physiologisch günstiger zu sein als die klassische Rückenlage.

In einer Studie von Louwen et al. aus dem Jahr 2017 wurde gezeigt, dass bei aufrechter Geburtsposition weniger handgriffartige Eingriffe nötig waren, der zweite Geburtsabschnitt kürzer war und weniger Geburtsverletzungen auftraten als bei Geburten in Rückenlage [2]. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass aufrechte Positionen mit reduzierter Eingriffshäufigkeit und ähnlichem fetalen Ergebnis gegenüber geplanter Sectio vergleichbar sind [2].

Auch in einer Studie zur Einführung von vaginalen Beckenendlagegeburten mit trainierten Ärzten zeigte sich, dass die fetale Morbidität (Gesundheitsrisiken für das Kind) nicht signifikant von der Vorerfahrung abhängt und eine strukturierte Schulung den sicheren Einsatz der Methode unterstützt [3].

Voraussetzungen für eine sichere Beckenendlage-Geburt

Wenn sich Eltern und das Team für eine spontane Geburt aus Beckenendlage entscheiden, sollten folgende Bedingungen erfüllt sein:

  1. Erfahrung der Klinik und des Teams: Die Klinik sollte regelmäßig Beckenendlagengeburten durchführen und über ausreichend Erfahrung mit solchen Geburten verfügen.
  2. Umfassende Aufklärung und Beratung – sowohl über Risiken als auch über Alternativen (Kaiserschnitt) und persönliche Präferenzen.
  3. Option zur äußeren Wendung: Die Möglichkeit, das Kind vor der Geburt manuell in die Schädellage zu drehen, sollte vorhanden sein.
  4. Ausführliche Diagnostik und Auswahlkriterien: Es dürfen keine Kontraindikationen vorliegen, und das fetale Gewicht, die Beckenmorphologie und andere Faktoren müssen geprüft werden.
  5. Strukturelle Rahmenbedingungen: Es sollten sogenannte BEL-Teams existieren, die Erfahrung mit dieser Art der Geburt haben, sowie 24/7 verfügbare Anästhesie- und Kinderarztteams.
  6. Notfallplan: Für den Fall einer Komplikation muss eine reibungslose Umwandlung in eine Sectio (Kaiserschnitt) möglich sein.

Praktische Tipps

  • Frühzeitige Planung: Ab der 34. Schwangerschaftswoche sollte die Lage festgestellt und ein Geburtsplan diskutiert werden.
  • Lageübungen: Bestimmte Lagerungsübungen oder Übungen (wie „Knie-Ellenbogen-Lage“) können das Baby dazu anregen, sich zu drehen – unter Anleitung durch Hebammen oder Geburtsvorbereitungskurse.
  • Ganzheitliche Methoden: Methoden wie Akupunktur oder Moxibustion (Verfahren aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM)) können unterstützend sein – jedoch nur in erfahrenen Händen und mit kritischer Abwägung.
  • Klinikwahl: Werdende Eltern sollten gezielt nach Kliniken fragen, die explizit Erfahrung mit Beckenendlagengeburten haben.
  • Geburtspositionswunsch äußern: Wenn möglich, schon in der Geburtsplanung sicherstellen, dass aufrechte Geburtspositionen angeboten werden.

Fazit

Ja – eine spontane Geburt bei Beckenendlage ist möglich. Aber sie darf keineswegs unvorbereitet erfolgen. Nur in einem erfahrenen Team, mit klaren Auswahlkriterien, einem soliden Geburtsplan und einem Notfallkonzept ist sie eine realistische Option. Neue Daten zeigen, dass durch geeignete Geburtspositionen die Risiken weiter reduziert werden können.

Literatur

  1. Goffinet F et al.: Is planned vaginal delivery for breech presentation at term still an option? Am J Obstet Gynecol. 2006;194(4):1002-1011. doi: 10.1016/j.ajog.2005.10.817.
  2. Louwen F, Daviss B-A, Johnson K, Reitter A: Does breech delivery in an upright position instead of on the back improve outcomes and avoid cesareans? Int J Gynecol Obstet. 2017;136(2):151-161. doi: 10.1002/ijgo.12033.
  3. Jennewein L, Allert R, Möllmann CJ et al.: Learning Breech Birth in an Upright Position Is Influenced by Preexisting Experience: Prospective Cohort Study. J Clin Med. 2021;10(10):2117. doi: 10.3390/jcm10102117.
  4. Jennewein L, Allert R, Möllmann CJ, Paul B, Kielland-Kaisen U, Raimann FJ et al.: The influence of the fetal leg position on the outcome in vaginally intended deliveries out of breech presentation at term – A FRABAT prospective cohort study. PLoS ONE. 2019;14(12):e0225546. doi: 10.1371/journal.pone.0225546.