Dopplersonographie der kindlichen Gefäße

Die Dopplersonographie der kindlichen Gefäße ist ein nicht-invasives (nicht eingreifendes), dynamisches Ultraschallverfahren zur Beurteilung der hämodynamischen Verhältnisse (Blutströmungsverhältnisse) bei Ungeborenen (fetale Dopplersonographie), Neugeborenen, Säuglingen und Kindern. Sie dient der Darstellung und quantitativen Analyse der Blutflussgeschwindigkeiten in arteriellen und venösen Gefäßen und findet Anwendung in der Pränataldiagnostik (Untersuchung vor der Geburt) sowie in der pädiatrischen Kardiologie (Kinderherzmedizin), Angiologie (Gefäßmedizin), Nephrologie (Nierenheilkunde) und Intensivmedizin. Ziel ist die frühzeitige Detektion (Erkennung) hämodynamischer Störungen und die Überwachung bei Risikokonstellationen (Risikoverläufen).

Synonyme

  • Farbduplexsonographie der fetalen und kindlichen Gefäße
  • Dopplersonographische Gefäßdiagnostik in der Pädiatrie und Pränatalmedizin
  • Duplexsonographie bei Ungeborenen, Neugeborenen und Kindern

Beurteilbare Strukturen

  • Fetale Gefäße (ungeborenes Kind):
    • Arteria umbilicalis (Nabelarterie)
    • Vena umbilicalis (Nabelvene)
    • Ductus venosus (fetaler Venenleiter)
    • Arteria cerebri media (mittlere Gehirnarterie)
    • Aortenbogen, Ductus arteriosus Botalli (Kurzschlussverbindung zwischen Lungenarterie und Aorta)
    • Herznahe große Gefäße (untere Hohlvene und absteigende Hauptschlagader)
  • Zerebrale Gefäße (Neugeborene/Kinder):
    • Arteria cerebri anterior/media/posterior (vordere/mittlere/hintere Gehirnarterie)
    • Vena cerebri magna, Sinus sagittalis (große Gehirnvene, Längssinus im Gehirn)
  • Halsgefäße:
    • Arteria carotis communis, interna, externa (Halsarterien)
    • Vena jugularis interna (innere Halsvene)
  • Thorakale und abdominelle Gefäße (Brust- und Bauchgefäße):
    • Aorta ascendens/descendens (aufsteigende/absteigende Hauptschlagader)
    • Truncus coeliacus, Arteria mesenterica superior (Baucharterienstämme)
    • Arteria renalis, Vena cava inferior, Vena portae (Nierenarterie, untere Hohlvene, Pfortader)
  • Periphere Gefäße:
    • Arm- und Beinarterien und -venen zur Thrombosediagnostik oder Kreislaufbeurteilung

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • In der Schwangerschaft (fetale Dopplersonographie):
    • Verdacht auf Plazentainsuffizienz oder intrauterine Wachstumsrestriktion (mangelhafte Funktion des Mutterkuchens bzw. Wachstumsverzögerung im Mutterleib)
    • Beurteilung der zerebralen Perfusion, z. B. „Brain-sparing“ (Durchblutung des Gehirns bei drohender Unterversorgung)
    • Kontrolle bei Zwillingsschwangerschaft mit transfusionsassoziierten Komplikationen, z. B. TTS (fetofetales Transfusionssyndrom)
    • Abklärung kardialer Fehlbildungen oder fetaler Anämie (angeborene Herzfehler oder Blutarmut)
    • Beurteilung des Ductus venosus in der Ersttrimesterdiagnostik
  • Bei Neugeborenen und Kindern:
    • Zerebrale Perfusionsdiagnostik, z. B. bei Hypoxie, intraventrikulären Blutungen (Gehirndurchblutung bei Sauerstoffmangel oder Hirnblutung)
    • Nachweis oder Ausschluss von Thrombosen, z. B. katheterassoziiert (Blutgerinnsel)
    • Vaskuläre Fehlbildungen, z. B. arteriovenöse Malformationen (angeborene Gefäßfehlbildungen)
    • Renale Perfusion bei Nierenarterienstenose, Pyelonephritis oder Transplantatüberwachung (Nierendurchblutung bei Gefäßverengung, Entzündung oder nach Transplantation)
    • Verlaufskontrolle bei Kawasaki-Syndrom (Gefäßentzündung der Koronararterien)
    • Postoperative Gefäßüberwachung, z. B. nach Organtransplantation
    • Beurteilung bei Vaskulitiden, Koagulopathien, Sepsis (Gefäßentzündung, Gerinnungsstörung, Blutvergiftung)

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Fetale Dopplersonographie:
    • Keine Kontraindikationen, sofern fachgerechte Durchführung gewährleistet ist
    • Vorsicht bei unnötig häufiger Wiederholung ohne medizinische Indikation
  • Pädiatrische Dopplersonographie:
    • Keine absoluten Kontraindikationen
    • Relative Einschränkungen bei:
      • starker Unruhe oder fehlender Lagerungsfähigkeit des Kindes
      • Luftüberlagerung (Meteorismus – Gasansammlung), Wundgebiete

Vor der Untersuchung

  • Pränatal (vor der Geburt):
    • Erhebung der maternalen Anamnese, fetaler Wachstumsverlauf, vorbestehende Risikofaktoren, z. B. Präeklampsie (medizinische Vorgeschichte der Mutter, Wachstum des Kindes, Schwangerschaftsvergiftung)
    • Kombination mit anderen Screening-Parametern, z. B. Biometrie, Fruchtwassermenge (Messwerte und Flüssigkeit rund um das Kind)
  • Postnatal (nach der Geburt)/pädiatrisch:
    • Detaillierte Anamneseerhebung, z. B. perinatal, kardiovaskulär, nephrologisch (zur Geburt, Herz und Nieren betreffend)
    • Lagerung: Rücken-, Seiten- oder Bauchlage je nach Untersuchungsregion
    • Beruhigung ggf. medikamentös bei Unruhe

Das Verfahren

  • Untersuchungstechnik:
    • Hochfrequente Linearschallköpfe (7-15 MHz bei Kindern), Sektorschallköpfe bei transfontaneller und fetaler Diagnostik (Untersuchung über die Fontanelle oder bei Ungeborenen)
    • Dopplerverfahren: Farbdoppler, Power-Doppler, Spektraldoppler
  • Messgrößen:
    • Pulsatilitätsindex (PI) – Schwankung des Blutflusses innerhalb des Herzzyklus
    • Resistenzindex (RI) – Maß für den Gefäßwiderstand
    • Peak systolic velocity (PSV) – maximale Flussgeschwindigkeit während des Herzschlags
    • Enddiastolische Flussgeschwindigkeit (EDV) – Flussgeschwindigkeit am Ende der Herzfüllphase
  • Besonderheiten bei fetaler Diagnostik:
    • Arteria umbilicalis: PI > 95. Perzentile → Hinweis auf Plazentainsuffizienz
    • Arteria cerebri media: Erniedrigter PI oder erhöhter Fluss → Hinweis auf fetale Anämie („brain-sparing“)
    • Ductus venosus: Pathologische A-Welle → Hinweis auf kardiale oder chromosomale Auffälligkeit

Mögliche Befunde

  • Fetale Gefäße:
    • Pathologische Flussmuster in der Nabelarterie oder im Ductus venosus
    • „Brain-sparing“-Effekt bei Hypoxie (Umverteilung des Bluts bei Sauerstoffmangel)
    • Zeichen einer fetalen Anämie oder Herzinsuffizienz (Blutarmut oder Herzschwäche des Ungeborenen)
  • Neonatal/pädiatrisch:
    • Zerebrale Perfusionsstörung mit erhöhtem PI
    • Thrombose: fehlende Komprimierbarkeit, intraluminale Echoarmut (nicht zusammendrückbares Gefäß mit Blutgerinnsel)
    • AV-Malformation: turbulente Hochflusszonen (Kurzschlussverbindung zwischen Arterie und Vene)
    • Nierenarterienstenose: erhöhter RI > 0,7 (Hinweis auf Engstelle)
    • Kawasaki-Syndrom: Erweiterung oder Stenose der Koronararterien (Herzkranzgefäße)

Nach der Untersuchung

  • Fetale Diagnostik:
    • Dokumentation der Flusskurven und Indizes, z. B. PI, RI
    • Entscheidung über engmaschige Verlaufskontrollen oder Entbindungszeitpunkt
  • Pädiatrische Gefäßdiagnostik:
    • Vergleich mit Vorbefunden
    • Interdisziplinäre Fallbesprechung, z. B. mit Neonatologen, Kinderradiologen