Low-Dose-CT der Lunge
Die Low-Dose-Computertomographie (Low-Dose-CT, LDCT) der Lunge ist ein spezialisiertes Verfahren der Schnittbilddiagnostik (bildgebenden Verfahren), das mit deutlich reduzierter Strahlendosis durchgeführt wird. Sie dient vor allem der Früherkennung von Lungenkarzinomen (Lungenkrebs) bei Risikopersonen sowie der Verlaufskontrolle pulmonaler Veränderungen (Veränderungen des Lungengewebes) bei Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen. Trotz der reduzierten Strahlendosis bietet die Low-Dose-CT eine ausreichend hohe Bildqualität zur Beurteilung der Lungenparenchymstruktur (Struktur des funktionellen Lungengewebes) und bronchialen Anatomie (Anatomie der Bronchien).
Synonyme
- Niedrigdosis-CT der Lunge
- LDCT (Low-Dose Computed Tomography)
- Lungenkrebs-Screening-CT
Beurteilbare Strukturen
- Lungenparenchym (z. B. Infiltrate, Noduli, Emphysem)
- Bronchialsystem (z. B. Bronchiektasen, zentrale Stenosen)
- Mediastinum (Mittelfellraum, z. B. Lymphknoten, Trachea, große Gefäße)
- Pleuraraum (Brustfellraum, z. B. Pleuraerguss, Verdickungen)
- Thoraxwand und knöcherne Strukturen (z. B. Rippenfrakturen)
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Früherkennung des Bronchialkarzinoms (Lungenkrebs) – insbesondere bei Hochrisikopersonen (z. B. Alter 50-75 Jahre, ≥ 20 Packungsjahre Raucheranamnese, aktive oder Ex-Raucher)
- Verlaufskontrolle pulmonaler Noduli (Lungenrundherde) – zur Detektion von Größenänderungen
- Lungenscreening im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge – z. B. bei Asbestexposition
- Beurteilung von Emphysem (Lungenüberblähung), Bronchiektasen (Bronchienerweiterungen), interstitiellen Lungenerkrankungen (Bindegewebserkrankungen der Lunge) – bei reduzierter Strahlenexposition
- Nachsorge bei reseziertem Lungenkarzinom (entferntem Lungenkrebs) – zur Detektion von Rezidiven (Wiederauftreten der Erkrankung) oder Zweittumoren
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Relative Kontraindikation bei Schwangerschaft – insbesondere im ersten Trimenon (ersten Drittel der Schwangerschaft)
- Nicht geeignet für detaillierte Tumor-Stadienbeurteilung – hier ist ein Standard-CT oder Kontrastmittel-CT vorzuziehen
- Begrenzte Aussagekraft bei adipösen Patienten (stark übergewichtigen Patienten) – durch Bildrauschen bedingt
Vor der Untersuchung
- Anamnese (medizinische Vorgeschichte) und Risikobewertung – Einschätzung des Lungenkrebsrisikos, insbesondere Nikotinexposition
- Vorliegende Bildgebung sichten – zur Beurteilung des zeitlichen Verlaufs von Befunden
- Aufklärung über Strahlenexposition (Strahlenbelastung) und Nutzen der Früherkennung
- Keine Nüchternheit oder spezielle Vorbereitung notwendig
Das Verfahren
Technik
- Einsatz von Multidetektor-CT (Mehrschicht-CT) mit spezieller Niedrigdosisprotokollierung (typisch: 1-1,5 mSv)
- Röhrenspannung: meist 100–120 kV, Röhrenstrom reduziert auf 30–80 mAs
- Dünnschicht-Aufnahmen (≤ 1 mm Schichtdicke) zur feinen Parenchymbeurteilung
- Rekonstruktion in axialen, sagittalen und koronaren Ebenen (Quer-, Längs- und Frontalbilder)
Ablauf der Untersuchung
- Untersuchung erfolgt im Liegen (meist Rückenlage), Arme über dem Kopf
- Atemkommando zur Inspirationshalte (Einatmung)
- Gesamtdauer der Untersuchung: wenige Sekunden
- Keine Kontrastmittelgabe erforderlich
- Bildauswertung erfolgt digital, ggf. mit Computer-gestützter Detektion (CAD)
Mögliche Befunde
- Solide und subsolide pulmonale Noduli (feste und teilweise durchsichtige Lungenrundherde) – Bewertung nach Lung-RADS
- Frühstadien von Lungenkarzinomen – z. B. < 2 cm große, spikulierte Rundherde (kleine, gezackte Tumoren)
- Emphysemausprägung – zentrilobulär, panlobulär, bullös (verschiedene Formen der Lungenüberblähung)
- Zeichen interstitieller Lungenerkrankungen – z. B. Milchglastrübungen, Fibrose (bindegewebige Umbauprozesse)
- Frühdetektion asbestassoziierter Veränderungen – z. B. Pleuraplaques (Verdickungen des Brustfells)
- Zufallsbefunde – koronare Verkalkungen, Wirbelsäulenpathologien, Leberzysten
Nach der Untersuchung
- Aufklärung über Befunde – ggf. interdisziplinäre Fallkonferenz bei suspekten Läsionen (auffälligen Befunden)
- Empfehlungen zur Nachsorge – z. B. erneute Low-Dose-CT nach 3, 6 oder 12 Monaten
- Dokumentation im Kontext eines Screenings – inkl. Lung-RADS-Klassifikation (Klassifizierung zur Risikoeinschätzung)
Strahlenexposition
- Effektive Dosis: typischerweise 0,8-1,5 mSv (ca. 10-20 % eines konventionellen Thorax-CT)
- Vergleich: jährliche natürliche Hintergrundstrahlung in Deutschland ca. 2,1 mSv
Weitere Hinweise
- Die Größenbestimmung eines Lungentumors sollte aus axialen CT-Bildern ermittelten mittleren Länge und Breite des Tumors berechnet werden (= 3-D-Rekonstruktion der CT-Datensätze), da die Durchmesserbestimmung zu ungenau ist. In einer Studie wurde nachgewiesen, dass im Vergleich zur Volumetrie die Durchmesserbestimmung zu einer deutlichen Überschätzung des Tumorvolumens führt [3].
- Niedrigdosis-Thorax-CT bei Nichtrauchern: Dabei weist knapp die Hälfte der Männer und mehr als ein Drittel der Frauen solide Lungenknötchen mit einem Volumen über 30 mm3 auf. Bei 11 % dieser Fälle wurden klinisch relevante Knötchen (≥ 100 mm3) gefunden, die in der Regel weitere Untersuchungen nach sich gezogen haben. Knötchen mit dringendem Handlungsbedarf (> 300 mm 3) zeigten 2,3 % aller Untersuchten [4].
- Zufallsbefund eines größeren Rundherds: Bei Knoten über 8 mm wird in 10 % der Fälle ein Lungenkarzinom diagnostiziert [5].
Literatur
- National Lung Screening Trial Research Team. Reduced Lung-Cancer Mortality with Low-Dose Computed Tomographic Screening. N Engl J Med. 2011;365(5):395-409. https://doi.org/10.1056/NEJMoa1102873
- de Koning HJ et al.: Reduced Lung-Cancer Mortality with Volume CT Screening in a Randomized Trial. N Engl J Med. 2020;382:503-513. https://doi.org/10.1056/NEJMoa1911793
- Heuvelmans MA et al.: Disagreement of diameter and volume measurements for pulmonary nodule size estimation in CT lung cancer screening. Thorax 2017 Oct 22. pii: thoraxjnl-2017-210770. doi: 10.1136/thoraxjnl-2017-210770
- Cai J et al.: Distribution of Solid Lung Nodules Presence and Size by Age and Sex in a Northern European Nonsmoking Population Radiology Aug 13 2024 https://doi.org/10.1148/radiol.231436
- Vachani A et al.: The probability of lung cancer in patients with incidentally detected pulmonary nodules: clinical characteristics and accuracy of prediction models. Chest 2021; https://doi.org/10.1016/j.chest.2021.07.2168