Computertomographie (CT): Technik, Indikationen, Risiken und moderne Entwicklungen
Die Computertomographie (CT) – auch bekannt als CT-Scan oder Computer Axial Tomography – ist ein modernes bildgebendes Verfahren, das auf der Kombination von Röntgentechnik (Röntgenstrahlung) und computerbasierter Bildrekonstruktion (Bildberechnung am Computer) basiert. Sie ermöglicht die Erstellung überlagerungsfreier Querschnitts- und Volumenbilder (3D-Aufnahmen) nahezu aller Körperregionen und stellt heute eines der wichtigsten Verfahren der medizinischen Bildgebung dar.
Die Bildgebung erfolgt durch rotierende Röntgenstrahlen, die in verschiedenen Winkeln durch den Körper gesendet und von gegenüberliegenden Detektoren (Strahlenempfängern) gemessen werden. Die daraus errechneten Schwächungswerte der Gewebe werden in sogenannte Hounsfield-Einheiten (HU) umgerechnet, die eine differenzierte Darstellung von Gewebedichten in Graustufen ermöglichen. Dabei gelten typische HU-Werte wie:
- Luft: -1.000 HU
- Wasser: 0 HU
- Knochen: +300 bis +1.000 HU
- Metall: > 1.000 HU
Zur Beschreibung der Gewebedichte werden die Begriffe hypodens (weniger dicht) und hyperdens (dichter) verwendet. Besonders vorteilhaft ist die CT bei der Darstellung von Strukturen, die in der konventionellen Röntgendiagnostik (klassisches Röntgenbild) überlagert wären – etwa bei Weichteilen (Muskeln, Organe), Gefäßen oder komplexen Frakturen (Knochenbrüchen).
Historische Entwicklung und Gerätetypen
Die CT wurde in den 1960er-Jahren von Allan Cormack und Godfrey Hounsfield entwickelt, wofür sie später den Nobelpreis erhielten. Seitdem hat sich die Technologie in mehreren Schritten weiterentwickelt:
- 1. Generation – Translation-Rotations-Prinzip (Bewegung von Seite zu Seite und Drehung) mit Einzelstrah
- 2. Generation – Verwendung mehrerer Röntgenstrahlen
- 3. Generation – Fächerstrahltechnik (strahlenförmige Verteilung) mit rotierender Röhre und Detektoren
- Spiral-CT – kontinuierliche Bewegung von Patiententisch und Röhre (seit 1989)
- Multidetektor-CT (MDCT) – parallele Detektorzeilen für große Volumenbereiche
- Dual-Source-CT – zwei Röntgenröhren und Detektorsysteme für schnellere Scans
- Photonenzählende CT – hochauflösende spektrale Bildgebung (Trennung von Röntgenenergien) mit Dosisreduktion
Aufbau und Funktionsweise eines modernen CT-Systems
Ein heutiger Computertomograph besteht aus zwei zentralen Komponenten: dem Frontend, also dem eigentlichen Scanner mit Röntgenröhre, Detektorsystem, Rotationsmechanik und Kühlung, sowie dem Backend, das aus der Steuerkonsole und der Bildverarbeitungsstation besteht. Die erzeugten Rohdaten werden mithilfe komplexer Rekonstruktionsalgorithmen (z. B. durch künstliche Intelligenz) in diagnostisch nutzbare Bilder umgewandelt.
Die eingesetzte Röntgenstrahlung entsteht durch die Beschleunigung von Elektronen auf eine Anode (positiver Pol), wobei durch Bremsstrahlung und charakteristische Strahlung Photonen (Lichtteilchen) erzeugt werden, die das Körpergewebe durchdringen. Je nach Dichte und Zusammensetzung des Gewebes variiert dessen Absorption (Aufnahme der Strahlung), was sich im Grauwert des Bildes widerspiegelt.
Klinische Einsatzgebiete der CT
Die CT kommt in nahezu allen medizinischen Fachdisziplinen zum Einsatz. Zu den wichtigsten Indikationen (Anwendungsgebieten) gehören:
Neurologie / Neuroradiologie
-
Schlaganfall (Durchblutungsstörung des Gehirns), Hirnblutung, Tumoren, Hydrozephalus (Wasserkopf)
Thoraxdiagnostik
- Lungenembolie (Blutgerinnsel in der Lunge)
- Lungenkrebs-Screening (Früherkennung), Pneumonie (Lungenentzündung), Lungenfibrose
Kardiologie
- Koronar-CT-Angiographie (Darstellung der Herzkranzgefäße)
- Beurteilung von Stents (Gefäßstützen), Plaques (Ablagerungen) und Calciumscore (Verkalkungsgrad)
- Dual-Source-Technologie: Untersuchung auch bei Herzrhythmusstörungen möglich
Abdomen und Becken
- Tumorstaging (Beurteilung der Ausbreitung von Krebs)
- Blinddarmentzündung, Divertikulitis (Entzündung von Darmausstülpungen), Darmdurchblutungsstörung
- CT-Kolonographie (virtuelle Darmspiegelung)
Traumatologie
- Polytrauma-Diagnostik (Mehrfachverletzung nach Unfall)
- Knochenbrüche, Organverletzungen
Interventionelle Verfahren
- CT-gesteuerte Gewebeproben (Biopsien)
- CT-gestützte Gewebezerstörung bei Tumoren (Thermoablation mit Radiofrequenz oder Mikrowelle)
Pädiatrie / Spezialprotokolle
-
Low-Dose-CT (niedrig dosierte Bildgebung) bei Mukoviszidose, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und zur Bestimmung des Skelettalters bei Kindern
Vorteile der Computertomographie
- Überlagerungsfreie Darstellung aller Körperregionen
- Hohe Auflösung, auch bei Weichteilen und Gefäßen
- Sehr schnelle Untersuchung, ideal im Notfall
- 3D-Bildgebung möglich
- Vielfältige Spezialprotokolle, z. B. mit Kontrastmittel, geringer Strahlendosis oder spektraler Auflösung
Strahlenexposition und Risiken
Die Strahlenbelastung der CT ist deutlich höher als bei einer klassischen Röntgenaufnahme. Das Risiko für strahlenbedingte Krebserkrankungen steigt dabei mit der Dosis. Besonders empfindlich sind Kinder und junge Frauen.
Eine große Studie aus dem Jahr 2019 zeigte [5]:
- Schilddrüsenkrebs: 2,5-fach erhöhtes Risiko
- Leukämie: ca. 1,5-fach erhöhtes Risiko
- Non-Hodgkin-Lymphom:
- Unter 35 Jahren: 2,7-fach erhöht
- Zwischen 36-45 Jahren: 3,05-fach erhöht
Zur Risikominimierung werden heute spezielle Protokolle eingesetzt:
- Low-Dose- und Ultra-Low-Dose-Techniken
- KI-basierte Bildrekonstruktionen mit geringerer Strahlenmenge
- Zielgerichtete Kontrastmitteldosierung
Literatur
- Kramme R: Medizintechnik: Verfahren – Systeme – Informationsbearbeitung. Springer Verlag 2006
- Buzug T: Einführung in die Computertomographie: Mathematisch-physikalische Grundlagen der Bildrekonstruktion. Springer Verlag 2005
- Goretzki G: Medizinische Strahlenkunde: Physikalisch-technische Grundlagen. Elsevier Verlag 2004
- Johnson T: Dual Energy CT in Clinical Practice. Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
- Shao YH et al.: Exposure to Tomographic Scans and Cancer Risks. JNCI Cancer Spectrum 19 November 2019, pkz072, https://doi.org/10.1093/jncics/pkz072