Prostatakarzinom – Einleitung

Beim Prostatakarzinom (PCa) – umgangssprachlich Prostatakrebs genannt – handelt es sich um eine bösartige Neubildung der Prostata (Vorsteherdrüse).

Synonyme und ICD-10: Prostataadenokarzinom; Prostatacarcinom; Prostate carcinoma; Prostate carzinoma; ICD-10-GM C61: Bösartige Neubildung der Prostata

Das Prostatakarzinom ist die fünfthäufigste maligne (bösartige) Erkrankung weltweit. Es ist mit 25,4 % aller diagnostizierten Krebserkrankungen die häufigste Krebserkrankung des Mannes in Deutschland.

Die Erkrankung kann in unterschiedlichen Bereichen der Prostata beginnen und breitet sich zunächst innerhalb der Prostata aus. Im weiteren Verlauf gelangen Tumorzellen sowohl lymphogen (über die Lymphbahnen zu den Lymphknoten) als auch hämatogen (über die Blutbahn) zu anderen Körperregionen. Dort kann es zur Bildung von Metastasen (Tochtertumoren) kommen. Betroffen sind insbesondere das Skelett, die Leber sowie die Lungen.

Formen des Prostatakarzinoms

Das Prostatakarzinom wird eingeteilt in:

  • Inzidentelles Prostatakarzinom: normaler Palpationsbefund (Tastbefund); Tumor wurde nach Operation wegen benigner Prostatahyperplasie (BPH) entdeckt
  • Manifestes Prostatakarzinom: Tumor rektal tastbar
  • Okkultes Prostatakarzinom: Erstmanifestation des Tumors durch Nachweis von Metastasen ohne Nachweis des Primärtumors
  • Latentes Prostatakarzinom: klinisch unauffällig, erst nach dem Tod festgestellt

Epidemiologie

Allgemein

  • Die Erkrankung tritt ab dem 45. Lebensjahr auf und steigt mit zunehmendem Alter deutlich an, nimmt im höheren Alter wieder etwas ab.
  • Bis zu 80 % der über 70-Jährigen haben ein latentes (unentdecktes) Prostatakarzinom.
  • Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 69 Jahren (2006).

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen)

  • Ca. 110 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr in Deutschland.
  • Altersabhängige Inzidenz je 100.000 Männer:
    • 45-49 Jahre: ca. 15
    • 50-54 Jahre: ca. 61
    • 55-59 Jahre: ca. 212
    • 60-64 Jahre: ca. 417
    • 65-69 Jahre: ca. 608
    • 70-74 Jahre: ca. 716
    • 75-79 Jahre: ca. 719
    • 80-84 Jahre: ca. 611
    • Ab 85 Jahren: ca. 498

Geografische Unterschiede

  • Europa: Gefälle von Nord nach Süd und West nach Ost.
  • Weltweit: Höchste Inzidenz in Australien und den USA, geringste in Asien und Indien.
  • Schwarze US-Amerikaner erkranken häufiger als weiße.

Früherkennung

  • Das Prostatakarzinom wird zunehmend immer früher entdeckt: Die meisten Männer (65,5 %) werden bereits im Stadium I der Krebserkrankung und 30 % im Stadium II diagnostiziert; nur 2 % der Männer hatten zum Zeitpunkt der Diagnose schon Metastasen (Tochtergeschwülste) [4].

PSA-Werte

  • Im Alter von 45 Jahren weisen 89 % der Männer PSA-Werte unter 1,5 ng/ml auf, was mit einem geringen Risiko für die Entwicklung eines Prostatakarzinoms einhergeht; 9,3 % haben ein mittleres Risiko (PSA: 1,5-2,99 ng/ml); 0,8 % hatten ein Hochrisiko (PSA: > 3 ng/ml). Den Patienten der Hochrisikogruppe wurde eine Biopsie empfohlen; 64,5 % davon ließen eine Biopsie durchführen; in 48 Fällen wurde ein Prostatakarzinom diagnostiziert. Dieses geht mit einer Gesamtprävalenz (Krankheitshäufigkeit) von 0,2 % einher [7].

Lebenszeitprävalenz:

  • Das Risiko eines Mannes, im Laufe seines Lebens an einem Prostatakarzinom zu erkranken, beträgt 12,3 %.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Frühstadium
    • Die Erkrankung verläuft beschwerdefrei.
  • Fortgeschrittenes Stadium
    • Zu den Symptomen zählen Miktionsstörungen (Blasenentleerungsstörungen) und Knochenschmerzen.
    • Bei symptomatischen Patienten hat häufig bereits eine Metastasierung in die lokalen Lymphknoten oder in das Skelett stattgefunden.
    • Die Chancen auf Heilung sind am größten, wenn noch keine Metastasen vorliegen und der Tumor die Organgrenzen noch nicht überschritten hat.

Prognose

  • Metastasiertes Prostatakarzinom bei jungen Patienten
    • Ein metastasiertes Prostatakarzinom vor einem Alter von 50 Jahren ist mit einer signifikant schlechteren Prognose assoziiert. Nach Abgleich bestimmter Tumormerkmale war die Mortalität um 28 % erhöht im Vergleich zur Mortalität (Sterberate) von Männern im Alter zwischen 50 und 59 Jahren [2].
  • Allgemeine Mortalität
    • Die Mortalität (Sterberate) beträgt 20 je 100.000 Männer. Damit steht das Prostatakarzinom bei den tödlich verlaufenden Tumorerkrankungen des Mannes mit 10,1 % in Deutschland nach dem Bronchialkarzinom (Lungenkrebs) und dem kolorektalen Karzinom (Darmkrebs) an dritter Stelle, bei der Betrachtung aller Todesursachen an siebter Stelle.
  • Risikofaktoren
    • Erhöhte Triglycerid-Serumspiegel sind assoziiert mit einem erhöhten Risiko für ein Prostatakarzinomrezidiv (Wiederauftreten eines Prostatakrebs) [1].
  • Überlebensraten
    • Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei 89 % und die 10-Jahres-Überlebensrate bei 88 % (Durchschnitt aller Formen des Prostatakarzinoms) [5].
    • Im Frühstadium liegt die 10-Jahres-Überlebensrate bei nahezu 100 %.
    • Bei einer Ausbreitung in die regionären Lymphknoten überleben mehr als 90 % der Patienten 10 Jahre oder länger.
    • Bei Vorliegen von Fernmetastasen sinkt die 5-Jahres-Überlebensrate auf ca. 30 %, nach 10 Jahren leben nur noch ca. jeder fünfte Patient (USA) [6].

Komorbiditäten

Mit der Alopecia androgenetica steigt das Risiko der Männer, an einer aggressiven Form des Prostatakarzinoms (OR 1,60; 95 %-KI 1,37-1,86) zu erkranken. Nicht assoziiert hingegen war die androgenetische Alopecia (OR 1,05, 95 %-KI 0,90-1,06) mit den nichtaggressiven Formen des Prostatakarzinoms [3].

Literatur

  1. Allott EH, Howard LE, Cooperberg MR, Kane CJ, Aronson WJ, Terris MK, Amling CL, Freedland SJ: Serum Lipid Profile and Risk of Prostate Cancer Recurrence: Results from the SEARCH Database. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev. 2014 Oct 10.
  2. Thorstenson A et al.: Cancer-specific mortality in men diagnosed with prostate cancer before age 50 years, a nationwide population-based study. J Urol 2016, online 17. Juni; doi: 10.1016/j.juro.2016.06.080
  3. Jin T et al.: Association between male pattern baldness and prostate disease: A meta-analysis. Urol Oncol 2017, online 17. Oktober doi: http://dx.doi.org/10.1016/j.urolonc.2017.09.022
  4. Gielchinsky I et al.: Prostate Cancer in 432 men under the age of 50 years in the Prostate Specific Antigen era – a new outlook. BJU International 2018; online 10. Oktober. doi: https://doi.org/10.1111/bju.14586
  5. Zentrum für Krebsregisterdaten, Robert Koch-Institut: Krebs in Deutschland für 2015 / 2016, Prostata. Robert Koch-Institut, 2019
  6. Siegel DA et al.: Prostate Cancer Incidence and Survival, by Stage and Race/Ethnicity — United States, 2001-2017 Centers for Disease Control and Prevention (CDC) October 16, 2020 / 69(41);1473-1480
  7. Albers P et al.: A Randomized Trial of Risk-Adapted Screening for Prostate Cancer in Young Men – Updated Results of the First Screening Round of the PROBASE Trial Oncol Res Treat 2022;45 Abstract 852

Leitlinien

  1. Patientenleitlinie: Früherkennung von Prostatakrebs; Ratgeber für Patientinnen und Patienten. Juli 2015. Leitlinienprogramm Onkologie
  2. Patientenleitlinie: Prostatakrebs 1 – lokal begrenztes Prostatakarzinom; Ratgeber für Patientinnen und Patienten. November 2018. Leitlinienprogramm Onkologie
  3. Patientenleitlinie: Prostatakrebs 2 - Lokal fortgeschrittenes und metastasiertes Prostatakarzinom; Ratgeber für Patientinnen und Patienten. November 2018. Leitlinienprogramm Onkologie
  4. S3-Leitlinie: Prostatakarzinom. (AWMF-Registernummer: 043 - 022OL), Mai 2024 Kurzfassung Langfassung