Bauchspeicheldrüsenschwäche (Pankreasinsuffizienz) – Einleitung

Die Pankreasinsuffizienz, umgangssprachlich als Bauchspeicheldrüsenschwäche bezeichnet, ist eine Funktionsstörung der Bauchspeicheldrüse (Pankreas), bei der diese nicht mehr ausreichend Verdauungsenzyme (exokrine Pankreasinsuffizienz, EPI) und in fortgeschrittenen Stadien auch Hormone wie Insulin (endokrine Pankreasinsuffizienz) produziert. Sie tritt häufig als Folge einer chronischen Pankreatitis (chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung), eines Pankreaskarzinoms (Bauchspeicheldrüsenkrebs) oder bei Patienten mit zystischer Fibrose (Mukoviszidose) auf.

Synonyme und ICD-10: Pancreatic insufficiency; Pankreasfunktion, unzureichend; ICD-10-GM E16.9: Störung der inneren Sekretion des Pankreas, nicht näher bezeichnet

Charakteristische Laborbefunde

  • Erniedrigte Fäkalelastase-1: Fäkalelastase-1 ist ein wichtiger Marker für die exokrine Pankreasfunktion. Bei Pankreasinsuffizienz sind die Elastase-1-Werte im Stuhl stark vermindert (< 200 µg/g Stuhl). Werte unter 100 µg/g Stuhl weisen auf eine schwere Pankreasinsuffizienz hin.
  • Erniedrigte Chymotrypsinwerte im Stuhl: Ähnlich wie Elastase-1 ist Chymotrypsin ein Pankreasenzym, dessen Aktivität im Stuhl bei exokriner Pankreasinsuffizienz vermindert ist.
  • Erhöhte Fettausscheidung im Stuhl (Steatorrhoe): Aufgrund des Mangels an Lipase, einem Pankreasenzym, das für die Fettverdauung erforderlich ist, kommt es zur Ausscheidung von unverdauten Fetten im Stuhl. Dies führt zu Steatorrhoe, die sich durch einen erhöhten Fettgehalt im Stuhl (> 7 g Fett/Tag) auszeichnet.
  • Verminderte Serumspiegel von fettlöslichen Vitaminen: Vitamin A, D, E, K: Da die Fettverdauung gestört ist, können auch fettlösliche Vitamine nicht ausreichend absorbiert werden. Dies führt zu niedrigen Serumspiegeln dieser Vitamine, was zu entsprechenden Mangelsymptomen führen kann (z. B. Nachtblindheit bei Vitamin-A-Mangel, Osteomalazie (Knochenerweichung) bei Vitamin-D-Mangel, erhöhter Blutungsneigung bei Vitamin-K-Mangel).
  • Maldigestion von Proteinen und Kohlenhydraten: Dies kann zu erniedrigten Serumspiegeln von Aminosäuren und Glucose führen, da die Pankreasenzyme zur Verdauung dieser Makronährstoffe fehlen.
  • Erniedrigte Serumtrypsinogenwerte: In Fällen von schwerer Pankreasinsuffizienz kann das Serumtrypsinogen, ein Vorläuferenzym von Trypsin, reduziert sein, was auf die verminderte Enzymproduktion hinweist.
  • Bicarbonat im Sekretin-Test: Ein Sekretin-Test, der die Bicarbonatkonzentration im Duodenalsaft nach Stimulation mit Sekretin misst, zeigt bei Pankreasinsuffizienz eine verminderte Bicarbonatsekretion.

Diese Laborbefunde sind essenziell für die Diagnose und das Management der exokrinen Pankreasinsuffizienz. Sie geben Hinweise auf den Schweregrad der Insuffizienz und helfen bei der Überwachung der therapeutischen Maßnahmen, wie der Enzymsubstitutionstherapie.

Formen der Pankreasinsuffizienz

Exokrine Pankreasinsuffizienz (EPI)

  • Unzureichende Produktion von Verdauungsenzymen (Lipase, Amylase, Protease)
  • Führt zu Malabsorption und Verdauungsstörungen

Endokrine Pankreasinsuffizienz

  • Unzureichende Produktion von Hormonen, insbesondere Insulin
  • Führt zu Diabetes mellitus (insulinpflichtig)

Symptome

Symptome einer Pankreasinsuffizienz entwickeln sich erst recht spät. Meistens sind dann schon mehr als 90 % des Pankreas (Bauchspeicheldrüse) zugrunde gegangen. Zu den Symptomen gehören:

  • Steatorrhoe (fettige Stühle)
  • Gewichtsverlust
  • Blähungen
  • Bauchschmerzen
  • Mangelerscheinungen, insbesondere fettlösliche Vitamine (A, D, E, K)

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer sind annähernd doppelt so häufig betroffen wie Frauen.

Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung tritt vorwiegend zwischen dem 45. und 54. Lebensjahr auf.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) für eine exokrine Pankreasinsuffizienz (EPI) ist bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 oder 2 erhöht. Beim Typ-1-Diabetes liegt die Prävalenz zwischen 26 und 57 % und bei den Typ 2-Diabetikern leidet jeder Dritte an einer EPI (in Deutschland).

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) beträgt ca. 3-4 Erkrankungen pro 1.000 Krankenhauseinweisungen pro Jahr (in Europa).

Verlauf und Prognose

Verlauf

Die Pankreasinsuffizienz entwickelt sich meist schleichend und bleibt oft über längere Zeit unbemerkt, da Symptome erst auftreten, wenn bereits über 90 % der Pankreasfunktion verloren gegangen sind. Initiale Symptome der exokrinen Pankreasinsuffizienz umfassen Steatorrhoe (fettige Stühle), Gewichtsverlust, Blähungen und Bauchschmerzen. Ohne adäquate Behandlung führt die ungenügende Produktion von Verdauungsenzymen zu ausgeprägten Verdauungsstörungen und Mangelerscheinungen, insbesondere an fettlöslichen Vitaminen (A, D, E und K).

Bei fortschreitender Schädigung der Bauchspeicheldrüse kann die endokrine Pankreasinsuffizienz auftreten, die zur Entwicklung eines insulinpflichtigen Diabetes mellitus führt. Die Patienten benötigen dann eine Insulintherapie.

Prognose

Eine Pankreasinsuffizienz ist nicht reversibel, das heißt, sie kann nicht geheilt werden. Die exokrine Pankreasinsuffizienz erfordert eine lebenslange Zufuhr von Verdauungsenzymen in Form von Medikamenten mit den Mahlzeiten. Zusätzlich muss die Ernährung entsprechend angepasst werden, einschließlich Alkoholabstinenz, kohlenhydratreicher und fettarmer Kost, sowie mehreren kleinen Mahlzeiten pro Tag. Gegebenenfalls ist auch die Substitution der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K notwendig.

Bei der endokrinen Pankreasinsuffizienz wird ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus diagnostiziert, der eine Insulintherapie erfordert. Mit einer adäquaten Therapie können die meisten Patienten eine gute Lebensqualität aufrechterhalten und die typischen Komplikationen der Pankreasinsuffizienz vermeiden oder zumindest minimieren.

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Pankreatitis. (AWMF-Registernummer: 021-003), September 2021 Langfassung