Zytologie und Labordiagnostik

Die zytologische Diagnostik (Zelldiagnostik) ist ein zentrales Instrument in der modernen Labormedizin zur Früherkennung, Differentialdiagnose (Unterscheidung verschiedener Erkrankungen) und Therapiekontrolle zahlreicher Erkrankungen – insbesondere in der Onkologie (Krebsmedizin), Gynäkologie (Frauenheilkunde) und Pneumologie (Lungenheilkunde). Sie basiert auf der mikroskopischen Beurteilung einzelner Zellen oder Zellverbände, die aus verschiedenen Körperflüssigkeiten oder durch Abstriche, Punktate (Flüssigkeitsproben aus Körperhöhlen) oder Lavagen (Ausspülungen) gewonnen werden. Die Aussagekraft zytologischer Verfahren kann durch immunzytochemische (färberische Nachweisverfahren für Zellmerkmale) und molekularbiologische Methoden erheblich erweitert werden.

Relevante zytologische Verfahren und deren diagnostische Bedeutung

  • Dünnschichtzytologie (Liquid-based cytology)
    • Standardisierte Methode zur Zellgewinnung, insbesondere aus dem Cervixabstrich (Gebärmutterhalsabstrich).
    • Grundlage für den HPV-DNA-Nachweis (Virusnachweis bei Gebärmutterhalskrebs-Vorsorge).
  • HPV-DNA-Nachweis aus Dünnschichtzytologie
    • Molekulardiagnostisches Verfahren (Erkennung genetischer Informationen) zur Identifikation von Hochrisiko-HPV-Typen (krebserregende humane Papillomviren).
    • Wird als Co-Test gemeinsam mit der Zytologie eingesetzt und hat hohe Sensitivität (Treffsicherheit) für präkanzeröse Läsionen (Vorstufen von Krebserkrankungen).
  • Immunzytochemie mit p16/Ki-67
    • Ergänzendes Verfahren zur morphologischen Beurteilung (Bewertung der Zellform), v. a. in der Cervixzytologie.
    • Nachweis einer gleichzeitigen Expression von p16 und Ki-67 spricht für eine Transformationszone mit Dysplasiegrad II oder höher (mittelschwere bis schwere Zellveränderung).
  • Papanicolaou-Färbung (Pap-Färbung)
    • Standardfärbung zur Beurteilung zytologischer Präparate (Färbemethode zur Darstellung von Zellmerkmalen).
    • Ermöglicht Differenzierung zwischen reaktiven, infektiösen und malignitätsverdächtigen Veränderungen (gutartigen, entzündlichen oder verdächtigen Zellbildern).
  • Punktatzytologie
    • Untersuchung von Körperhöhlenflüssigkeiten (z. B. Pleuraerguss, Aszites, Perikarderguss) (z. B. Flüssigkeit aus Brustfell, Bauchhöhle oder Herzbeutel).
    • Differenzierung zwischen entzündlichen, reaktiven und neoplastischen Veränderungen (gutartigen oder tumorverdächtigen Veränderungen).
  • Sputum- und BAL-Zytologie
    • Gewinnung von Material aus den Atemwegen zur Diagnostik pulmonaler Erkrankungen (Lungenerkrankungen).
    • Nachweis maligner Zellen (Krebszellen) bei Bronchialkarzinomen oder entzündlicher Zellbilder bei Infektionen.
  • Urinzytologie
    • Screening-Verfahren (Suchtest) zur Erkennung von Urothelkarzinomen (Blasenkrebs).
    • Aussagekräftig v. a. für hochgradige Läsionen (fortgeschrittene Zellveränderungen), jedoch geringere Sensitivität für niedriggradige Tumoren.
  • Liquorzytologie
    • Zytologische Analyse des Liquors (Hirn-Rückenmark-Flüssigkeit) zur Diagnostik entzündlicher, neoplastischer und degenerativer Erkrankungen des ZNS (zentrales Nervensystem).
    • Zytomorphologische Differenzierung zwischen lymphozytärer, granulomatöser oder malignitätsverdächtiger Zellpopulation (Unterscheidung von Immunzellen, Entzündungen oder Tumorzellen).
  • Zytologische Kriterien der Malignität
    • Beurteilungskriterien wie Hyperchromasie (dunkel gefärbte Zellkerne), Anisonukleose (unterschiedlich große Zellkerne), vergrößerte Kern-Plasma-Relation oder Nukleolenprominenz dienen zur Differenzierung zwischen benignen (gutartigen) und malignen (bösartigen) Zellveränderungen.

Integration in die Labordiagnostik

Zytologische Verfahren stellen eine essenzielle Säule der diagnostischen Labormedizin dar. Sie sind sowohl Teil der Primärdiagnostik (Screening, z. B. Zervixzytologie) als auch der Sekundär- und Tertiärdiagnostik (z. B. Tumorstaging, Verlaufskontrolle). Ihr Wert steigt durch die Kombination mit immunzytochemischen Markern (z. B. p16, Ki-67, TTF-1) und molekularen Techniken (z. B. PCR für HPV-DNA oder Liquordiagnostik bei lymphoproliferativen Erkrankungen).

Fazit

Die Zytologie bietet als minimalinvasive Diagnostikmethode (Eingriff ohne Operation) ein hohes Maß an diagnostischer Präzision (Genauigkeit). In Kombination mit labormedizinischen Zusatzverfahren können zelluläre Veränderungen zuverlässig eingeordnet und therapeutisch relevante Entscheidungen getroffen werden. Ihre Integration in strukturierte Diagnostikpfade – insbesondere bei onkologischen Erkrankungen (Krebserkrankungen) – bleibt auch in Zukunft unverzichtbar.

Übersicht zytologischer Verfahren in der Labordiagnostik

Verfahren Material / Entnahmeort Hauptindikation Zusätzliche Diagnostik / Hinweise
Dünnschichtzytologie Cervixabstrich Vorsorgeuntersuchung Cervixkarzinom Grundlage für HPV-Co-Test
HPV-DNA-Nachweis Aus Dünnschichtzytologie Nachweis von Hochrisiko-HPV PCR- oder Hybrid-Capture-Verfahren
Immunzytochemie (p16/Ki-67) Zervixabstrich Abklärung unklarer Pap-Befunde Marker für CIN 2+
Pap-Färbung Alle zytologischen Präparate Basisfärbung in der Zytologie Beurteilung von Zellmorphologie
Punktatzytologie Pleura-, Perikard-, Aszitespunktate Tumorverdacht, Infektionen Ergänzung durch Tumormarker und Kultur
Sputumzytologie Expektoriertes Sputum Tumorsuche (v. a. Bronchialkarzinom) Niedrige Sensitivität, ergänzend zur Bildgebung
BAL-Zytologie Bronchoalveoläre Lavage Entzündliche / maligne Lungenerkrankungen Zytologie + Immunzytochemie + Mikrobiologie
Urinzytologie Mittelstrahlurin, Katheterurin Tumorsuche bei Hämaturie Hochspezifisch für hochgradige Urothelkarzinome
Liquorzytologie Lumbalpunktat (Liquor cerebrospinalis) ZNS-Tumoren, Meningitis, entzündliche Prozesse Differenzierung reaktiv vs. maligne