Untersuchung von Muttermilch

Die Untersuchung von Muttermilch dient der labordiagnostischen Abklärung bei Stillproblemen, Infektionen oder vermuteter fehlerhafter Milchzusammensetzung. Sie ermöglicht den Nachweis mikrobiologischer, zytologischer und biochemischer Auffälligkeiten mit therapeutischer Relevanz.

Synonyme

  • Muttermilchanalyse
  • Muttermilchdiagnostik
  • Humanmilchuntersuchung

Das Verfahren

  • Benötigtes Material
    • Frisch abgepumpte Muttermilch aus beiden Brüsten (möglichst getrennt gesammelt)
    • Sterile Sammelgefäße
  • Vorbereitung des Patienten
    • Reinigung der Mamille (Brustwarze) mit sterilem Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung
    • Abnahme möglichst vor dem Stillvorgang zur repräsentativen Erfassung der Drüsensekretion
  • Störfaktoren
    • Hautkeimkontamination (Verunreinigung durch natürliche Hautbakterien) durch mangelhafte Hygiene oder Pumpenzubehör
    • Antibiotikatherapie oder lokale Salbenanwendung (z. B. Stillcremes)
    • Verzögerter Probentransport und ungekühlte Lagerung
    • Unsachgemäße Reinigung von Sammelgefäßen oder Milchpumpenteilen
  • Methode
    • Mikrobiologische Diagnostik (Keimnachweis)
      • Kultur auf aerob wachsende Bakterien (z. B. Staphylococcus aureus, Streptokokken, gramnegative Keime)
      • Hefenachweis (Candida albicans)
    • Zytologie (Zelluntersuchung)
      • Zellzählung (Leukozyten (weiße Blutkörperchen), Makrophagen (Fresszellen), Epithelzellen (Drüsenzellen))
      • Grampräparat (spezielle Färbemethode zum Nachweis von Bakterien)
    • Biochemische Analyse (Stoffwechseluntersuchung)
      • pH-Wert
      • Fett-, Laktose- und Proteingehalt
    • Spezialdiagnostik
      • CMV-PCR (Nachweis von Cytomegalieviren) bei Frühgeborenen
      • HIV-PCR bei bekannter maternaler Seropositivität (HIV-Infektion der Mutter)
      • Toxinanalytik (Nachweis von Giftstoffen) bei besonderen Fragestellungen

Normbereiche (je nach Labor)

Parameter Referenzbereich
Gesamtkoloniezahl (aerob) < 10⁴ KBE/ml
Staphylococcus aureus nicht nachweisbar
Zellzahl (Leukozyten) < 10⁶ Zellen/ml
pH-Wert ca. 6,6-7,4
Fettgehalt ca. 3-5 %
Laktose ca. 6,5-7,5 g/100 ml

Normbereiche sind methoden- und laborabhängig

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Diagnostik bei klinischer Mastitis (akute Brustentzündung mit Fieber und Schmerzen)
  • Verdacht auf subklinische Mastitis (Entzündung ohne sichtbare Symptome)
  • Persistierende Stillprobleme mit Verdacht auf bakterielle Fehlbesiedlung (Ungleichgewicht der Keime)
  • Gedeihstörungen des Säuglings mit Verdacht auf unzureichende Milchzusammensetzung
  • Ausschluss viraler Erreger (z. B. CMV (Cytomegalievirus)) bei Früh- oder Risikogeborenen
  • Erregerdiagnostik bei Verdacht auf Candidainfektion (Pilzinfektion) der Mamille
  • Nährstoffanalyse bei therapieresistentem Durchfall oder Allergieverdacht des Säuglings

Interpretation

  • Erhöhte Keimzahlen
    • ≥ 10⁵ KBE/ml potenziell pathogener (krankmachender) Erreger → Hinweis auf infektiöse Mastitis (eitrige Brustentzündung)
    • Mischflora mit Hautkeimen → mögliche Kontamination oder Zeichen gestörter bakterieller Balance
  • Erhöhte Zellzahlen
    • Vermehrte Leukozyten (weiße Blutkörperchen) → Hinweis auf Entzündung (z. B. subklinische Mastitis)
    • Vermehrte Epithelzellen (Drüsenzellen) → mechanischer Reiz (z. B. durch Pumpe oder falsches Anlegen)
  • Biochemische Veränderungen
    • Reduzierter Fettgehalt → mögliche Energieunterversorgung des Säuglings
    • Abweichender pH-Wert (< 6,5 oder > 7,5) → bakterielles Wachstum oder Lagerungsfehler
  • Spezifische Konstellationen
    • CMV-DNA positiv → keine Rohmilchgabe bei Frühgeborenen empfohlen
    • HIV-DNA positiv → Stillen kontraindiziert (je nach regionaler Leitlinie)

Weiterführende Diagnostik

  • Antibiogramm (Widerstandstest) zur gezielten Therapie bei Mastitis
  • Entzündungsparameter bei der Mutter (z. B. CRP (C-reaktives Protein), Blutbild)
  • Stuhldiagnostik beim Säugling bei Verdacht auf alimentäre Infektion (durch Nahrung übertragene Erkrankung)
  • Laktationsberatung (zertifizierte Stillberaterin, IBCLC (International Board Certified Lactation Consultant))
  • Weitere immunologische oder metabolische Untersuchungen bei anhaltenden Beschwerden