Osteocalcin

Osteocalcin (OC; Synonyme: „bone γ-carboxyglutamic acid-containing protein“, bone Gla-protein [BGP]) ist ein Peptidhormon und das häufigste nicht-kollagene Protein der Knochenmatrix. Es wird vor allem von Osteoblasten (knochenbildende Zellen) sowie im Zahn von Odontoblasten (dentinbildende Zellen) gebildet.

Die Expression von Osteocalcin wird durch 1,25-Dihydroxy-Vitamin D (Synonyme: Calcitriol, 1α-25-OH-D3) stimuliert. Seine biologische Aktivität – insbesondere die Fähigkeit, Calcium und Hydroxylapatit zu binden – erlangt Osteocalcin jedoch erst durch eine posttranslationale γ-Carboxylierung spezifischer Glutamatreste, ein Prozess, der vom Enzym γ-Glutamylcarboxylase (GGCX) unter Verbrauch von reduziertem Vitamin K katalysiert wird.

Für die Carboxylierung von Osteocalcin im extrahepatischen Gewebe – insbesondere im Knochen – ist vor allem Vitamin K2 (Menachinon-7, MK-7) von Bedeutung. Im Vergleich zu Vitamin K1 (Phyllochinon), das primär in der Leber wirksam ist, weist Vitamin K2 eine höhere Bioverfügbarkeit und längere Plasmahalbwertszeit auf. Nur die vollständig carboxylierte Form von Osteocalcin kann effektiv in die Knochenmatrix eingebaut werden und dort Calcium binden.

Vitamin D und Vitamin K2 wirken dabei synergistisch im Rahmen der Knochenmineralisation: Vitamin D fördert die Synthese von Osteocalcin, während Vitamin K2 dessen funktionelle Aktivierung vermittelt.

Osteocalcin gilt als sensitiver Marker der Osteoblastenaktivität und damit der Knochenbildungsrate. Es hemmt gleichzeitig in autoregulatorischer Funktion die übermäßige Mineralisation des Osteoids.

Das Verfahren

Benötigtes Material

  • 1 ml Blutserum
  • Blutentnahme morgens zwischen 08.00 Uhr und 09.00 Uhr (= physiologischer OC-Peak)
  • Umgehende Weiterleitung der Probe in das Labor bzw. innerhalb von 2 Stunden zentrifugieren, Serum abpipettieren (mithilfe einer Pipette entnehmen) und einfrieren (ca. -20 °C)

Vorbereitung des Patienten

  • Blutabnahme morgens nüchtern

Störfaktoren

  • Keine bekannt

Normwerte

  Normwerte in μg/l
Frauen  
- prämenopausal 11-43
- postmenopausal 15-46
Männer  
 < 30 Jahre  24-70
 30 - < 50 Jahre 14-42
 ≥ 50 Jahre 14-46

Indikationen

  • Verdacht auf Osteoporose (Knochenschwund)
  • Malignome mit Knochenmetastasen
  • Primärer Hyperparathyreoidismus (Nebenschilddrüsenüberfunktion)
  • Renale Osteopathie – Bezeichnung für alle mit einer chronischen Niereninsuffizienz (Prozess, der zu einer langsam fortschreitenden Verringerung der Nierenfunktion führt) assoziierten Skelettsymptome und Störungen des Mineralstoffwechsels

Interpretation

Interpretation erhöhter Werte

  • Vermehrter Knochenumbau mit erhöhter Osteoblastenaktivität
    • Primärer und sekundärer Hyperparathyreoidismus (Nebenschilddrüsenüberfunktion)
    • Osteoporose (high-turnover; High-turnover-Osteoporose mit schnellem Knochenabbau/Fast-Loser-Situation)
    • Knochenmetastasen bei Malignomen
    • Osteomalazie (Knochenerweichung)
    • Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)
    • Morbus Paget (Osteodystrophia deformans) – Erkrankung des Skelettsystems mit Knochenumbau
  • Niereninsuffizienz (wg. Akkumulation von OC-Fragmenten)

Interpretation erniedrigter Werte (= verminderte Osteoblastenaktivität)

  • Hypoparathyreoidismus (Nebenschilddrüsenunterfunktion)
  • Osteoporose (low-turnover; Low-turnover-Osteoporose mit geringer Knochenabbaurate/Slow-Loser-Situation)
  • Rheumatoide Arthritis – chronisch entzündliche Multisystemerkrankung, die sich meist in Form einer Synovialitis (Gelenkinnenhautentzündung) manifestiert
  • Glucocorticoidtherapie (→ Glucocorticoid-Osteopathie/Knochenerkrankung)

Weitere Hinweise

  • Bei Kindern mit Maximum während des Körperwachstums werden höhere Werte gemessen.
  • Postmenopausal häufig Anstieg des Osteocalcins im Rahmen des progredienten Östrogenmangels.
  • Im Falle einer Niereninsuffizienz (wg. Akkumulation von OC-Fragmenten) ist die Bestimmung der Ostase vorzuziehen, da diese eine größere Stabilität aufweist.
  • Falsch niedrige Werte entstehen bei zu langer ungekühlter Lagerung durch Verlust an Immunoreaktivität.