Labordiagnostik im Knochenstoffwechsel

Die Labordiagnostik ist ein zentrales Instrument zur Beurteilung von Störungen im Calciumstoffwechsel (Regulation des Calciumhaushalts im Körper). Sie ermöglicht die differenzierte Einschätzung der Calciumbalance (Gleichgewicht des Calciumspiegels), des Vitamin-D-Stoffwechsels (Umwandlung und Aktivierung von Vitamin D), der Parathormonregulation (Steuerung durch Nebenschilddrüsenhormone) sowie des Knochenumbaus (Auf- und Abbau von Knochensubstanz). Insbesondere bei metabolischen Knochenerkrankungen wie Osteoporose (Knochenschwund), Osteomalazie (Knochenerweichung), primärem Hyperparathyreoidismus (Nebenschilddrüsenüberfunktion) oder renaler Osteopathie (nierenbedingte Knochenschädigung) liefert die Labordiagnostik frühzeitige und richtungsweisende Hinweise zur ätiologischen Abklärung (Ursachenfindung).

Das diagnostische Spektrum gliedert sich in die folgenden Hauptbereiche:

Serumelektrolyte und Calciumfraktionen

  • Calcium (gesamt) – Gesamtkonzentration des Calciums im Serum (Blutflüssigkeit), abhängig vom Albumin (Transporteiweiß)
  • Ionisiertes Calcium – biologisch aktive, freie Calciumfraktion; unabhängig vom Albumin, pH-abhängig
  • Phosphat – Gegenspieler des Calciums im Knochenstoffwechsel; reguliert durch Vitamin D und Parathormon
  • Magnesium – Cofaktor (Hilfsstoff) bei der Parathormon-Sekretion und -Wirkung; wichtig zur Beurteilung von Hypocalcämien (Calciummangel im Blut)
  • Albumin (im Serum/im Urin) – relevant zur Korrektur des Gesamtcalciums (z. B. korrigiertes Calcium bei Hypoalbuminämie (niedriger Albuminspiegel))
  • Kreatinin – Beurteilung der Nierenfunktion (Filtrationsleistung); wichtig für Calcium- und Phosphatausscheidung

Vitamin-D-Metabolismus

Parathormonregulation

  • Parathormon (PTH) – Schlüsselhormon der Calcium- und Phosphatregulation; erhöht bei primärem Hyperparathyreoidismus
  • Calcitonin – Gegenspieler von PTH; senkt den Calciumspiegel durch Hemmung der Osteoklastenaktivität
  • Fibroblast Growth Factor 23 (FGF23) – Regulator des Phosphatstoffwechsels; erhöht bei Tumorosteomalazie (tumorbedingte Knochenerweichung) oder X-chromosomaler Hypophosphatämie (erblicher Phosphatmangel)
  • TSH (Thyreotropin) – wichtig bei der Differenzierung sekundärer Osteopathien (knochenschädigende Folge anderer Erkrankungen) durch Schilddrüsenerkrankungen

Knochenumbau – Marker der Formation und Resorption

Vitamin-K-abhängige Faktoren

  • Vitamin K1/K2 – wichtig für die Aktivierung von Osteocalcin und Matrix-Gla-Protein – Cofaktor der γ-Carboxylierung knochenbildender Proteine

Hormoneller Einfluss

  • Gesamt-Testosteron – Beurteilung der Androgenversorgung (männlicher Hormonstatus); relevant bei osteoporotischen Männern
  • 17β-Estradiol – wichtig bei postmenopausaler Osteoporose und Hypoöstrogenismus (Östrogenmangel)

Urinparameter zur renalen Calcium- und Phosphatausscheidung

Übersichtstabelle: Labordiagnostik im Knochenstoffwechsel

Parameter Funktioneller Bereich Diagnostische Bedeutung
Calcium (gesamt) Calciumstatus ↓ Hypocalcämie, ↑ Hypercalcämie; Korrektur bei Albuminabweichung
Ionisiertes Calcium Biologisch aktives Calcium Exakte Einschätzung; ↓ bei metabolischer Alkalose
Phosphat Phosphatregulation ↓ bei Hyperparathyreoidismus, ↑ bei Niereninsuffizienz
Magnesium Cofaktor ↓ bei Hypocalcämie, wichtig bei therapieresistenter Hypocalcämie
Albumin Korrekturfaktor ↓ bei Lebererkrankung; beeinflusst Gesamtcalcium
Kreatinin Nierenfunktion Abschätzung der GFR; ↑ bei chronischer Niereninsuffizienz
25-OH-Vitamin D Vitamin-D-Speicher ↓ bei Mangel, sekundärer Hyperparathyreoidismus
1,25(OH)₂-Vitamin D (Calcitriol) Aktive Hormonform ↓ bei Niereninsuffizienz, ↑ bei Granulomatosen
3α,5β-Hydroxy-Vitamin-D Vitamin-D-Metabolit Ergänzend zur Differenzierung von Aktivierungs- und Inaktivierungsstörungen
Parathormon (PTH) Hormonregulation ↑ primärer HPT, ↓ bei Hypoparathyreoidismus
Calcitonin Hormonregulation ↑ bei medullärem Schilddrüsenkarzinom, ↑ bei starker Knochenresorption, Tumormarker
Fibroblast Growth Factor 23 Phosphatregulation ↑ bei Tumorosteomalazie, genetischen Rachitiden
TSH Schilddrüsenfunktion ↑ bei Hypothyreose, ↓ bei Hyperthyreose
Knochen-AP Knochenformation ↑ bei Osteomalazie, M. Paget
Osteocalcin Knochenneubildung ↑ bei gesteigertem Knochenumbau
PINP Kollagensynthese ↑ bei hoher Osteoblastenaktivität
Desoxypyridinolin (DPD) (Urin) Knochenabbau ↑ postmenopausale Osteoporose, Verlaufsmarker
Beta-CrossLaps (β-CTX) Knochenresorption ↑ bei Osteoporose, Frakturrisikoindikator
TRAP 5b Osteoklastenaktivität ↑ bei osteolytischer Aktivität
Vitamin K1/K2 Knochenproteinkarboxylierung ↓ bei funktionellem Mangel; Bedeutung bei Untercarboxylierung von Osteocalcin
Testosteron (gesamt) Androgenstatus ↓ bei männlicher Osteoporose, Hypogonadismus
17β-Estradiol Östrogenstatus ↓ bei postmenopausaler Osteoporose, Amenorrhö
Calcium (24h-Urin) Calciumausscheidung ↑ Hypercalciurie, ↓ Hypocalcämie
Phosphat (24h-Urin) Phosphatausscheidung ↑ bei tubulären Verlustsyndromen