Ionisiertes Calcium
Ionisiertes Calcium (freies Calcium im Blut) ist die biologisch aktive, ungebundene Fraktion des Gesamtcalciums im Blut. Es spielt eine zentrale Rolle bei der neuromuskulären Erregbarkeit (Reizweiterleitung in Nerven und Muskeln), der Blutgerinnung, der Hormonsekretion sowie der Stabilisierung von Zellmembranen. In der klinischen Labordiagnostik dient es zur präzisen Beurteilung des Calciumhaushalts (Calciumstoffwechsel), insbesondere bei pathologischen Veränderungen des pH-Werts (Säure-Basen-Haushalt), bei denen das Gesamtcalcium den aktiven Status nicht zuverlässig widerspiegelt.
Synonyme
- Freies Calcium
- Ungebundenes Calcium
- Ionisiertes Ca²⁺
Das Verfahren
- Benötigtes Material
- Heparinisiertes Vollblut (arterielles oder venöses Blut mit Gerinnungshemmer, ohne Luftkontakt)
- Serum (unter besonderen Bedingungen – eingeschränkte Aussagekraft bei verzögerter Analyse)
- Vorbereitung des Patienten
- Nüchternblutabnahme empfohlen bei kombinierter Diagnostik (z. B. Calcium, Parathormon (Nebenschilddrüsenhormon), Vitamin D)
- Keine Stauung vor der Blutentnahme (Vermeidung von pH-Verschiebung)
- Störfaktoren
- pH-Verschiebungen (z. B. durch Hyperventilation (übermäßiges Atmen), metabolische Alkalose/Acidose (Störungen im Säure-Basen-Haushalt))
- Verzögerung der Analyse (rascher Verlust der physiologischen Werte durch pH-Anstieg)
- Falsche Lagerung, Luftkontakt, lange Transportzeiten
- Methode
- Ionenselektive Elektroden (Messmethode mit spezieller Elektrode)
- Messung direkt im Vollblut bevorzugt (z. B. in der Blutgasanalytik (Analyse von Blutgasen))
- Analyse innerhalb von 30 Minuten nach Entnahme erforderlich
Normbereiche (je nach Labor)
Subgruppe / Geschlecht / Alter | Referenzbereich |
---|---|
Erwachsene | 1,15-1,35 mmol/l |
Kinder (variabel je nach Alter) | 1,20-1,40 mmol/l |
Dynamische Tests (z. B. pH-Korrektur) | Interpretation abhängig vom Blut-pH |
Normbereiche sind methoden- und laborabhängig
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Verdacht auf Hypokalzämie (Calciummangel) oder Hyperkalzämie (Calciumüberschuss) bei normalem Gesamtcalcium
- Beurteilung des Calciumstatus bei pH-Verschiebungen (z. B. bei Übersäuerung oder Alkalose)
- Intensivmedizinische Überwachung (z. B. Sepsis (Blutvergiftung), Polytrauma (Mehrfachverletzung), Nierenversagen)
- Diagnostik bei Parathormon- oder Vitamin-D-Störungen
- Perioperative Kontrolle (z. B. nach Schilddrüsenoperation)
Interpretation
- Erhöhte Werte
- Primärer Hyperparathyreoidismus (Nebenschilddrüsenüberfunktion)
- Tumorassoziierte Hypercalcämie (z. B. durch PTHrP – ein Hormonähnliches Eiweiß von Tumoren)
- Vitamin-D-Intoxikation (Vitamin-D-Überdosierung)
- Azidose (Übersäuerung des Körpers – mehr ionisiertes Calcium durch verminderte Proteinbindung)
- Erniedrigte Werte
- Hypoparathyreoidismus (Unterfunktion der Nebenschilddrüsen)
- Vitamin-D-Mangel
- Sepsis, akute Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung)
- Alkalose (Basenüberschuss – vermehrte Bindung an Albumin → weniger freies Calcium)
- Massive Transfusionen (Citratbindung des Calciums durch Konservierungsstoffe im Blutpräparat)
- Spezifische Konstellationen
- Dissoziation zwischen Gesamtcalcium und ionisiertem Calcium bei pH-Veränderungen
- Wichtig: pH-Wert immer mitbestimmen
Weiterführende Diagnostik
- Gesamtcalcium
- Albumin (Bluteiweiß u. a. zur Bindung von Calcium)
- Parathormon (PTH)
- 25-OH-Vitamin D (Calcidiol), 1,25-(OH)₂-Vitamin D (Calcitriol)
- Magnesium, Phosphat
- Blut-pH (bei arterieller Blutgasanalyse)