sST2

sST2 (löslicher Suppressionsfaktor der Tumorigenität 2) ist ein Mitglied der Interleukin-1-Rezeptorfamilie (Familie von Immunrezeptoren) und liegt in einer löslichen (sST2) und membranständigen (ST2L) Form vor. Es wird hauptsächlich von Kardiomyozyten (Herzmuskelzellen), Fibroblasten (Bindegewebszellen) und Endothelzellen (Gefäßinnenwandzellen) gebildet. sST2 wirkt als decoy receptor (Lock-Rezeptor) für Interleukin-33 (IL-33) und hemmt dessen kardioprotektive und antifibrotische Effekte.

Klinisch dient sST2 vor allem als prognostischer Marker (Vorhersage-Marker) bei Herzinsuffizienz (Herzschwäche) sowie zur Risikoeinschätzung (Einschätzung des Erkrankungsrisikos) bei kardiovaskulären Erkrankungen und zur Verlaufskontrolle unter Therapie.

Das Verfahren

Benötigtes Material

  • Blutserum oder Plasma (EDTA- oder Heparin-Plasma)

Vorbereitung des Patienten

  • Keine spezielle Vorbereitung erforderlich
  • Die Bestimmung sollte im stabilen Gesundheitszustand erfolgen (keine akuten Infektionen oder akuten Entzündungen)
  • Bei auffälligen Werten: Wiederholungsmessung empfohlen

Störfaktoren

  • Akute Infektionen oder systemische Entzündungen
  • Chronische Entzündungen (z. B. rheumatoide Arthritis)
  • Niereninsuffizienz (eingeschränkte Nierenfunktion)
  • Schwere körperliche Belastung kurz vor der Blutabnahme
  • Schwankungen je nach Alter, Geschlecht und Komorbiditäten (Begleiterkrankungen)

Normwerte

  • < 35 ng/ml (laborabhängig)

Hinweis: Höhere Werte korrelieren mit einem erhöhten Risiko für kardiale Ereignisse und Mortalität bei Herzinsuffizienz.

Indikationen

  • Primärdiagnostik (Untersuchung bei Erstverdacht) – Risikoeinschätzung bei Patienten mit Verdacht auf Herzinsuffizienz
  • Prognosebewertung (Abschätzung der Krankheitsentwicklung) – Abschätzung der Schwere und Prognose bei bestehender Herzinsuffizienz
  • Verlaufsbeurteilung (Beurteilung des Krankheitsverlaufs) – Therapiekontrolle bei Patienten mit Herzinsuffizienz
  • Kardiovaskuläre Risikostratifizierung (Einschätzung des Herz-Kreislauf-Risikos) – z. B. nach akutem Koronarsyndrom
  • Zusätzlicher Marker (zusätzlicher Blutwert) – zur Ergänzung von BNP oder NT-proBNP

Interpretation

Erhöhte Werte

  • Hinweis auf erhöhte Sterblichkeits- und Rehospitalisierungsrate (Wiederaufnahme ins Krankenhaus) bei chronischer oder akuter Herzinsuffizienz
  • Hinweis auf myokardiale Belastung (Belastung des Herzmuskels), Entzündung oder Fibrose (krankhafte Bindegewebsvermehrung)
  • Mögliche Erhöhung auch bei systemischen Entzündungen oder Niereninsuffizienz (Nierenschwäche)

Differentialdiagnosen bei erhöhtem sST2

Kardiovaskuläre Erkrankungen

  • Chronische Herzinsuffizienz (besonders HFpEF [Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion] und HFrEF [Herzinsuffizienz mit eingeschränkter Pumpfunktion])
  • Akutes Koronarsyndrom (akute Durchblutungsstörung des Herzens)
  • Kardiale Fibrose (vermehrte Bildung von Bindegewebe im Herzen)

Fibrotische Erkrankungen

  • Idiopathische Lungenfibrose (nicht bekannte Ursache für Lungenvernarbung)
  • Systemische Sklerose (Verhärtung von Haut und Organen durch Bindegewebsvermehrung)

Chronische Entzündungen

  • Rheumatoide Arthritis (chronische Gelenkentzündung)
  • Systemischer Lupus erythematodes (Autoimmunerkrankung)

Nierenerkrankungen

  • Chronische Niereninsuffizienz (dauerhafte Einschränkung der Nierenfunktion)

Weitere Hinweise

  • sST2 ist ein stabiler Biomarker (stabiler Blutwert) mit relativ geringer biologischer Variabilität.
  • Besonders wertvoll zur Risikostratifizierung (Einschätzung der Prognose) in Kombination mit BNP (B-Typ natriuretisches Peptid) oder NT-proBNP (N-terminales pro B-Typ natriuretisches Peptid).
  • Werte sollten immer im klinischen Kontext interpretiert werden.
  • Keine diagnostische Spezifität – differentialdiagnostische Abklärung erforderlich.
  • Die Halbwertszeit beträgt ca. 1,5 Stunden (relativ kurze Verweildauer im Blut).

Weitere Diagnostik

  • Zusätzliche Biomarker – BNP oder NT-proBNP bei Herzinsuffizienz; Troponin (Herzinfarktmarker) bei Verdacht auf Myokardinfarkt
  • Bildgebende Diagnostik – Echokardiographie (Ultraschalluntersuchung des Herzens), Magnetresonanztomographie (MRT) des Herzens
  • Histologische Untersuchung (Gewebeuntersuchung) – bei Verdacht auf Fibrose oder systemische Erkrankungen

Literatur

  1. Januzzi JL et al.: ST2 testing for chronic heart failure therapy monitoring: the International ST2 Consensus Panel Am J Cardiol . 2015 Apr 2;115(7 Suppl):70B-5B. doi: 10.1016/j.amjcard.2015.01.044.