Creatinkinase
Die Creatinkinase (CK) ist ein Enzym, das eine zentrale Rolle im muskulären Energiestoffwechsel spielt. Es katalysiert die Regeneration von Adenosintriphosphat (ATP) aus Adenosindiphosphat (ADP) mithilfe von Kreatinphosphat als Energiespeicher.
Synonyme
- Creatinphosphokinase (CPK)
- Kreatinphosphokinase (KPK)
- Adenosin-5'-triphosphat-creatinin-phosphotransferase
Charakteristische Laborbefunde
- CK-Erhöhungen sprechen für Muskelzellschädigung (Muskelschaden), sind jedoch unspezifisch und müssen im klinischen Kontext interpretiert werden.
- Sehr hohe CK-Werte sind typisch bei ausgeprägter Muskelnekrose/Rhabdomyolyse (Muskelzerfall).
- Makro-CK kann eine persistierende CK-Erhöhung ohne adäquates klinisches Korrelat verursachen.
Isoenzyme
CK besteht aus zwei Untereinheiten, M (muscle) und B (brain), die sich zu folgenden Isoenzymen kombinieren:
- CK-BB – vorwiegend im zentralen Nervensystem (Gehirn und Nerven), erhöht bei schweren neurologischen (Nerven-) oder malignen (bösartigen) Erkrankungen.
- CK-MB – bevorzugt myokardassoziiert (Herzmuskel-assoziiert), geringer Anteil auch im Skelettmuskel.
- CK-MM – überwiegend im Skelettmuskel.
Zusätzlich werden Makro-CK Typ 1 und Typ 2 beschrieben, bei denen es sich um Hochmolekülvarianten handelt, die eine CK-Erhöhung vortäuschen können, ohne dass ein entsprechender akuter Muskelzellschaden vorliegen muss.
Physiologie und klinische Bedeutung
- Hauptaufgabe: Schnelle Energiebereitstellung durch ATP-Recycling, insbesondere in Muskel- und Nervenzellen.
- Diagnostischer Stellenwert:
- Diagnostik und Verlaufsbeurteilung von Skelettmuskelerkrankungen (Muskelerkrankungen).
- Myokardinfarktdiagnostik (Herzinfarkt-Diagnostik), heute v. a. für Verlauf und Reinfarktbeurteilung relevant, nicht zur Primärdiagnostik (hs-cTnT/hs-cTnI sind Standard).
- Zeitlicher Verlauf bei Myokardinfarkt:
- Anstieg: 3-12 Stunden nach Symptombeginn.
- Peak: 12-24 Stunden.
- Normalisierung: CK insgesamt nach 3-6 Tagen, CK-MB nach 2-3 Tagen.
- Halbwertszeit CK-MM: ca. 17 Stunden.
Das Verfahren
- Benötigtes Material
- Blutserum.
- Alternativ: Lithium-Heparin-Plasma (methodenabhängig).
- Vorbereitung des Patienten
- Belastungskarenz empfohlen, idealerweise 48-72 Stunden vor Blutentnahme.
- Vermeidung intramuskulärer Injektionen (Spritzen in den Muskel) und intensiver körperlicher Belastung vor der Blutentnahme.
- Störfaktoren
- Hämolyse (Zerfall roter Blutkörperchen) (Freisetzung von Adenylatkinase aus Erythrozyten mit falsch hohen Werten).
- Schwere Muskelarbeit, Muskeltrauma (Muskelverletzung), Krampfanfälle.
- Intramuskuläre Injektionen, Elektromyographie (Messung der Muskelaktivität).
- Schwangerschaft und postpartale Phase (Zeit nach der Geburt) (z. B. nach Sectio (Kaiserschnitt)).
- Ethnische Unterschiede mit physiologisch höheren CK-Werten (z. B. bei Personen afrikanischer Abstammung).
- Makro-CK Typ 1 oder Typ 2 (persistierende CK-Erhöhung ohne adäquates klinisches Korrelat).
- Methode
- Kinetischer UV-Test (IFCC-Referenzverfahren, Messung der katalytischen Aktivität bei 37 °C).
- Isoenzym-Differenzierung bei Bedarf (z. B. Immuninhibition (Antikörper-Hemmtest), Elektrophorese (Auftrennung nach Ladung/Größe), methodenabhängig).
Normbereiche (je nach Labor)
| Subgruppe | Referenzbereich (U/l) |
|---|---|
| Frauen | häufig ca. 30-135 |
| Männer | häufig ca. 50-170 |
| Kinder und Jugendliche | altersabhängig, teils bis >300 |
Normbereiche sind methoden- und laborabhängig.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Diagnostik und Verlaufsbeurteilung von Skelettmuskelerkrankungen.
- Abklärung von Myalgien (Muskelschmerzen), Muskelschwäche, Muskelkrämpfen oder Myoglobinurie (Myoglobin im Urin).
- Verdacht auf Rhabdomyolyse.
- Abklärung von Muskelbeschwerden unter potenziell myotoxischer Medikation (z. B. Statine (Cholesterinsenker), Fibrate (Blutfettsenker)).
- Verlaufs- und Reinfarktdiagnostik bei akutem Koronarsyndrom (akute Herzkranzgefäß-Erkrankung) als Ergänzung (nicht primärer Biomarker).
Interpretation
- Erhöhte Werte
- Muskelerkrankungen
- Genetische Myopathien (Muskelerkrankungen) und Muskeldystrophien (fortschreitende Muskelschwäche).
- Entzündliche Myopathien (Muskelentzündungen) (Dermato-/Polymyositis).
- Metabolische Myopathien (Stoffwechsel-Muskelerkrankungen) (z. B. Glykogenose Typ V).
- Infektiöse Myositiden (infektiöse Muskelentzündungen).
- Muskelnekrose/Rhabdomyolyse, typischerweise >10-fach, bei ausgeprägter Rhabdomyolyse häufig >40-fach erhöht.
- Belastungsassoziierte CK-Erhöhungen, z. B. nach Marathonlauf.
- Herzmuskelbeteiligung
- Myokardinfarkt, heute v. a. Verlauf/Reinfarktbeurteilung.
- Myokarditis (Herzmuskelentzündung).
- Andere Ursachen
- Denervierung (Nervenschädigung), z. B. Polyneuropathie (Erkrankung vieler Nerven), Motoneuronerkrankung (Erkrankung motorischer Nervenzellen).
- Krampfanfälle.
- Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion).
- Alkoholintoxikation (Alkoholvergiftung).
- Medikamente, z. B. Statine, Fibrate, Antimalariamittel (Mittel gegen Malaria).
- Intramuskuläre Injektionen, Elektromyographie.
- Weitere Konstellationen ohne unmittelbare Pathologie
- Schwere Muskelarbeit (Anstieg mitunter bis auf das Zehnfache der Norm oder höher).
- Alkoholkonsum.
- Muskelerkrankungen
- Erniedrigte Werte
- Nicht klinisch relevant.
- Falsch hohe Werte
- Makro-CK Typ 1 oder Typ 2.
Im Zweifelsfall erneute Blutentnahme nach mindestens einer Woche körperlicher Schonung und ausreichendem Abstand zu intramuskulären Injektionen oder elektrophysiologischen Untersuchungen.
CK und Statintherapie
- CK-Bestimmung vor Therapiebeginn wird bei Risikokonstellationen empfohlen (z. B. vorausgegangene Muskelbeschwerden, Interaktionsrisiko (Wechselwirkungsrisiko), Hypothyreose).
- Routinemäßige CK-Kontrollen unter Statintherapie ohne Symptome sind nicht empfohlen.
- Bei Muskelsymptomen erfolgt die Bewertung nach klinischer Konstellation und CK-Höhe.
- CK > 4- bis < 10-fach erhöht
- Bei hohem kardiovaskulärem Risiko (Herz-Kreislauf-Risiko) kann eine Fortführung unter engmaschiger Kontrolle erwogen werden, ansonsten Dosisreduktion, Pausierung oder Umstellung.
- CK ≥ 10-fach erhöht
- Therapie pausieren/absetzen, sekundäre Ursachen ausschließen und Rhabdomyolyse evaluieren.
- Viele Patienten berichten muskuläre Beschwerden unter Statinen bei normaler CK.
Laborparameter bei Myokardinfarkt
- Primär empfohlen
- High-sensitivity kardiales Troponin T (hs-cTnT) oder Troponin I (hs-cTnI) als Standard zur Diagnostik.
- CK ist heute optional zur Verlaufskontrolle.
- CK-MB kann in Einzelfällen zur Reinfarktdiagnostik bei persistierend erhöhtem Troponin genutzt werden.
- Zusätzliche Marker zur Differentialdiagnostik oder Prognose (situationsabhängig)
- NT-proBNP bei Verdacht auf Herzinsuffizienz (Herzschwäche).
- D-Dimere bei Verdacht auf Lungenembolie (Blutgerinnsel in der Lunge).
- Entzündungsparameter, z. B. CRP.
- Nierenparameter, z. B. Kreatinin, Harnstoff.
Weiterführende Diagnostik
- Ergänzende Laborparameter
- Myoglobin, Lactatdehydrogenase, Transaminasen.
- Nierenfunktion und Elektrolyte bei Verdacht auf Rhabdomyolyse (z. B. Kreatinin, Kalium, Calcium, Phosphat).
- TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon) bei Verdacht auf Hypothyreose als sekundäre Ursache.
- Spezifische Abklärung bei Verdacht auf Myopathie/Myositis
- Autoantikörperdiagnostik (Antikörperdiagnostik) bei entzündlicher Myopathie (situationsabhängig).
- Elektromyographie, Muskelbildgebung (Bildgebung der Muskeln), Muskelbiopsie (Muskelgewebeprobe) bei unklarer Genese.
- Abklärung von Makro-CK
- Isoenzym-Analyse bzw. Elektrophorese bei persistierender CK-Erhöhung ohne klinische Korrelation.
Literatur
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Leitlinien
- S1-Leitlinie: Diagnostik von Myopathien. (AWMF-Registernummer: 030-115), Juni 2021 Langfassung