Autoantikörper-Diagnostik
Die Autoantikörper-Diagnostik stellt einen zentralen Pfeiler der modernen Autoimmundiagnostik (Diagnostik von Autoimmunerkrankungen) dar. Sie ermöglicht den Nachweis von Antikörpern (Abwehrstoffe), die fehlgeleitet gegen körpereigene Zellstrukturen gerichtet sind. Diese Labormethoden sind essenziell für die Diagnostik, Differenzierung und Verlaufsbeurteilung einer Vielzahl von Autoimmunerkrankungen (Erkrankungen mit fehlgeleiteter Immunabwehr).
Grundlagen der Autoantikörper-Diagnostik
- Autoantikörper (Antikörper gegen körpereigene Strukturen) entstehen durch eine fehlerhafte Toleranz des Immunsystems (Abwehrsystems) gegenüber körpereigenen Antigenen (körpereigene Zielstrukturen).
- Sie können pathologisch wirksam sein oder als Marker für eine zugrunde liegende Autoimmunerkrankung (Erkrankung mit fehlgeleiteter Immunabwehr) dienen.
- Die Diagnostik umfasst Screening-Verfahren (Suchtests) sowie spezifische Antikörpertests.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Klinischer Verdacht auf Autoimmunerkrankungen (z. B. systemischer Lupus erythematodes (Bindegewebserkrankung), Vaskulitiden (Gefäßentzündungen), autoimmune Hepatitiden (Leberentzündungen durch fehlgeleitete Abwehr))
- Verlaufskontrolle bekannter Autoimmunerkrankungen (Erkrankungen mit fehlgeleiteter Immunabwehr)
- Differentialdiagnostik (Abgrenzung) bei unklaren entzündlichen oder rheumatologischen Symptomen
Wichtige Autoantikörper und ihre diagnostische Relevanz
- Antinukleäre Antikörper (ANA) – Basis-Screeningtest bei systemischen Autoimmunerkrankungen (z. B. Bindegewebserkrankungen).
- Anti-ds-DNS-Antikörper – Hochspezifisch für systemischen Lupus erythematodes (Bindegewebserkrankung).
- ENA-Antikörper (extrahierbare nukleäre Antigene) – Differenzierung von Kollagenosen (Bindegewebserkrankungen) wie z. B. Anti-SSA/Ro, Anti-SSB/La, Anti-Sm.
- Granulozyten-Cytoplasma-Antikörper (ANCA) – Diagnostik von systemischen Vaskulitiden (Gefäßentzündungen).
- Zyklische Citrullin Peptid-Antikörper (Anti-CCP) – Früher und spezifischer Marker der rheumatoiden Arthritis (chronische Gelenkentzündung).
- Rheumafaktor (RF) – Klassischer, jedoch unspezifischer Marker der rheumatoiden Arthritis (chronische Gelenkentzündung).
- Autoantikörper bei Autoimmunthyreopathien (Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse) – TPO-Antikörper (Antikörper gegen Schilddrüsenperoxidase), Thyreoglobulin-Antikörper (Tg-AK), TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK).
- Autoantikörper beim Typ-1-Diabetes mellitus – GAD65-, IA-2- und ZnT8-Antikörper.
- Zytokin-Antikörper – In speziellen klinischen Situationen zur Beurteilung von Immunreaktionen (Abwehrreaktionen).
Labordiagnostische Methoden
- Screening-Verfahren (Suchtests)
- Indirekte Immunfluoreszenz (z. B. ANA-Test auf HEp-2-Zellen)
- ELISA (Enzyme-linked immunosorbent assay, enzymgekoppelter Immunoassay)
- Multiplex-Tests (Mehrfachtests)
- Spezifische Bestätigungstests
- Immunoblot (Antikörper-Proteinnachweis)
- Line- oder Dot-Blot-Analysen
- Radioimmunoassays (Antikörpernachweis mit radioaktiven Markern)
- Probenmaterial
- Primär Serum (Blutflüssigkeit ohne Blutzellen)
- In speziellen Fällen Liquor (Nervenwasser) oder andere Körperflüssigkeiten
- Störfaktoren
- Hämolyse (Auflösung roter Blutkörperchen)
- Polyklonale Hypergammaglobulinämie (vermehrte Produktion verschiedener Antikörperarten)
- Medikamenteneffekte
Interpretation
- Der alleinige Nachweis von Autoantikörpern beweist keine manifeste Erkrankung.
- Titerniveau (Konzentrationshöhe), Antikörper-Spezifität und klinisches Bild müssen immer gemeinsam beurteilt werden.
- Einige Autoantikörper (z. B. ANA in niedrigen Titerhöhen) können auch bei gesunden Personen nachweisbar sein.
Die wichtigsten diagnostischen Maßnahmen für Autoantikörper-Diagnostik
- Klinische Untersuchung und Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte)
- Autoantikörper-Screening (Suchtest) und spezifische Tests je nach Verdachtsdiagnose
- Organfunktionsdiagnostik (z. B. Nieren-, Lungen-, Schilddrüsenparameter)
- Bildgebung bei Organbeteiligung (z. B. Magnetresonanztomographie (MRT), Ultraschall)
- Gewebebiopsie (Gewebeprobe) bei unklaren oder systemischen Manifestationen