Einnässen (Enuresis) – Labordiagnostik

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Urinstatus – Schnelltest auf: pH-Wert, Leukozyten, Nitrit, Eiweiß, Glucose, Blut/Erythrozyten (rote Blutkörperchen), ggf. Ketonkörper – Basisdiagnostik bei allen Kindern mit Enuresis (Einnässen) zum Ausschluss von Harnwegsinfektion (Blasenentzündung), Hämaturie (Blut im Urin) und Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit); bei monosymptomatischer Enuresis typischerweise unauffällig.
  • Urinsediment – mikroskopische Untersuchung auf Erythrozyten (rote Blutkörperchen), Leukozyten (weiße Blutkörperchen), Zylinder, Kristalle, Bakterien; indiziert bei pathologischem Urinstatus (Hämaturie, Leukozyturie, Proteinurie) oder Verdacht auf Harnwegsinfektion (Blasenentzündung) bzw. glomeruläre Erkrankung (Nierenerkrankung).
  • Entzündungsparameter – C-reaktives Protein (CRP) bzw. Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) – nur bei Fieber, Flankenschmerzen (seitliche Bauchschmerzen), reduziertem Allgemeinzustand oder Verdacht auf Harnwegsinfektion/pyelonephritische Beteiligung (Nierenbeckenentzündung).

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Urinkultur – Erregernachweis und Resistogramm aus Mittelstrahlurin oder Katheterurin bei Verdacht auf Harnwegsinfektion (Blasenentzündung)
    • Harnwegsinfektion (HWI) liegt vor, wenn pathogene Keime in Harn, Urethra (Harnröhre), Harnblase, Niere oder Prostata (Vorsteherdrüse) nachgewiesen werden.
    • Keimzahl > 105/ml im „sauberen“ Mittelstrahlurin zeigt in der Regel eine Infektion an.
    • Asymptomatische Bakteriurie (ABU): Nachweis einer Keimzahl > 105/ml in zwei Harnproben ohne klinische Symptome.
    • Bei symptomatischen Patienten kann auch eine geringere Keimzahl (102-104/ml) eine Infektion anzeigen.
  • Kleines Blutbild – bei Verdacht auf Infektion (Fieber, reduzierter Allgemeinzustand) oder andere Systemerkrankungen; bei monosymptomatischer Enuresis (Einnässen) ohne zusätzliche Symptome meist nicht erforderlich und typischerweise unauffällig.
  • Elektrolyte – Calcium, Chlorid, Kalium, Magnesium, Natrium, Phosphat – bei Polyurie (vermehrte Urinausscheidung), Polydipsie (starker Durst), Gedeihstörung, neurologischen Symptomen oder Verdacht auf Elektrolytstörungen (z. B. Hypercalcämie (erhöhter Calciumspiegel) mit Polyurie).
  • Nierenparameter – Harnstoff, Kreatinin, ggf. Cystatin C bzw. Kreatinin-Clearance – zur Beurteilung der Nierenfunktion bei Hinweisen auf nephro-urologische Erkrankungen (z. B. arterielle Hypertonie (Bluthochdruck), persistierende Proteinurie (Eiweiß im Urin)/Hämaturie (Blut im Urin), pathologische Nierensonographie (Ultraschall der Nieren), Gedeihstörung).
  • Nüchternglucose (Nüchternblutzucker), ggf. HbA1c – bei Polyurie (vermehrte Urinausscheidung), Polydipsie (starker Durst), Gewichtsverlust, Nykturie (nächtliches Wasserlassen) oder familiärer Belastung zum Ausschluss eines Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) als Ursache einer sekundären Enuresis.
  • Schilddrüsenparameter – TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon), ggf. fT4 – bei klinischem Verdacht auf Schilddrüsenfunktionsstörung (z. B. Wachstumsverzögerung, Obstipation (Verstopfung), Müdigkeit, Gewichtszunahme/Gewichtsverlust) mit Enuresis/Polyurie; bei isolierter monosymptomatischer Enuresis nicht routinemäßig empfohlen.
  • Urinosmolalität – zur Beurteilung der Konzentrationsfähigkeit der Niere bei ausgeprägter Polyurie (vermehrte Urinausscheidung)/Polydipsie (starker Durst) oder Verdacht auf Diabetes insipidus (hormonmangelbedingte Polyurie) bzw. andere tubuläre Konzentrationsstörungen; Durchführung im Rahmen kindernephrologischer Abklärung (Nierenspezialdiagnostik).
  • Antidiuretisches Hormon (ADH, Vasopressin) – in Spezialfällen und spezialisierten Zentren im Rahmen standardisierter Testprotokolle (z. B. Wasserentzugstest, hypertoner Kochsalztest) zur Differenzierung zentraler und nephrogener Formen des Diabetes insipidus (Hormonmangel-bedingte Polyurie); für die Routinediagnostik der Enuresis nicht empfohlen.

Literatur

  1. von Gontard A, Kuwertz-Bröking E. Diagnose und Behandlung der Enuresis und der funktionellen Harninkontinenz tagsüber. Dtsch Arztebl Int. 2019;116(16):279-285. doi: 10.3238/arztebl.2019.0279.

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Enuresis und nicht-organische (funktionelle) Harninkontinenz bei Kindern und Jugendlichen. (AWMF-Registernummer: 028-026), Mai 2021 Langfassung