Nüchternglucose (Nüchternblutzucker)
Die Nüchternglucose (Nüchternblutzucker) (Synonyme: Nüchternglucose, Blutzuckerwert, Blutzucker (BZ); Blutglucose) wird zum Nachweis einer gestörten Glucoseverwertung und in der Frühdiagnostik des Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) verwendet. Er wird abgenommen, nachdem der Patient mindestens acht Stunden vorher nicht gegessen hat; in der Regel morgens vor dem Frühstück.
Das Verfahren
Man unterscheidet zwei Messmethoden:
- Enzymatische Messmethode – wird im Labor (Nasschemie) durchgeführt; zugrunde liegt dabei eine enzymatische Umsetzung der Glucose.
 - Reflektometrische Messmethode – diese Methode wird in der Selbstkontrolle oder in der Notfallmedizin durchgeführt; dabei wird durch die enzymatische Umsetzung der Glucose ein Farbstoff erzeugt oder verändert; die Farbveränderung lässt sich in den Blutglucose-Wert umrechnen.
 - Für die Bestimmung der Werte wird Blutplasma/ Blutserum oder Vollblut benötigt
 - Die Selbstkontrolle wird mit Kapillarblut aus dem Finger oder dem Ohrläppchen durchgeführt, diese Werte liegen dann 20-30 mg/dl höher als die Werte im Vollblut
 
Beide Methoden sind sehr genau.
Benötigtes Material
- Fluorid-Röhrchen (Natrium-Fluorid, NaF-Plasma) (empfohlen)
 - Serum (optimal: nach Gerinnung sofort abseren, sofortige Weiterleitung an ein Labor)
 - LiH- und EDTA-Plasma möglich
 
Keine Serummonovette verwenden, sondern spezielle Monovetten, die mit einem Stabilisator versehen sind, damit die Glucosekonzentration aufgrund der Glykolyse nicht abnimmt.
Vorbereitung des Patienten
- Der Patient muss mindestens acht Stunden nüchtern sein.
 
Störfaktoren
- Da zimthaltige Präparate den Blutzucker signifikant senken und die Insulinsensibilität erhöhen können, muss die Einnahme dieser Präparate 12 Stunden vor der Blutentnahme unterlassen werden.
 
Normwerte
| Plasma, venös | 
Vollblut  (kapillär, hämolysiert)  | 
Bewertung | 
| < 100 mg/dl  (< 5,6 mmol/l)  | 
< 90 mg/dl (< 5,0 mmol/l)  | 
normal | 
| 100-125 mg/dl * (5,6-6,9 mmol/l)  | 
90-109 mg/dl (5,1-6,0 mmol/l)  | 
Prädiabetes  (gestörte Nüchternglucose)  | 
| 110-125 mg/dl ** (6,1-6,9 mmol/l  | 
k. A. | Prädiabetes  | 
| ≥ 126 mg/dl (≥ 7 mmol/l)  | 
≥ 110 mg/dl (≥ 6,1 mmol/l)  | 
diabetisch | 
* Definition der American Diabetes Association [3]
** Definition der WHO [4]
Umrechnung der Maßeinheiten
| mg/dl x 0,0555  | 
= mmol/l   | 
| mmol/l x 18,0182 | = mg/dl | 
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Nachweis einer gestörten Glucoseverwertung 
 - Frühdiagnostik des Diabetes mellitus
 
Interpretation
- Bei grenzwertigen oder diabetischen Werten wird die Diabetes-Basis-Diagnostik durchgeführt, um einen Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) auszuschließen. Dazu gehören ein Blutzucker-Tagesprofil, ein oraler Glukosetoleranztest (oGTT) und die Bestimmung der HbA1c (Langzeitzuckerwert).
 - Ein einmalig festgestellter Gelegenheitsblutzucker ≥ 100 mg/dl im Plasma geht mit einem 20-fach erhöhten Risiko für einen unerkannten Typ 2 Diabetes einher [1].
 - Steigt die Nüchternglucose im Plasma zwischen 2 Blutabnahme im Abstand von ca. 3 Jahren nimmt das Risiko in den folgenden Jahren an einen Diabetes Typ 2 zu erkranken zu. 
Gemäß einer Studie erhöhte jeder Anstieg der Nüchternglucose um 9 mg/dl das Diabetesrisiko um 19 % (das gilt auch für Glucosewerte unterhalb der Schwelle zum Prädiabetes) [2]. 
Weitere Hinweise
- Zwei Drittel (69 %) der Teilnehmer in einer Kohorte der Framingham-Heart-Studie mit abnormen Nüchternglucose-Werten gingen lebenslang nicht über das Stadium eines Prädiabetes mit einem Nüchternblutzucker von maximal 125 mg/dl hinaus; das Risiko für einen KHK-bedingten Tod war niedriger als das von Diabetikern, aber höher als das von gesunden Patienten [5].
 
Literatur
- Bowen ME et al.: Random Blood Glucose: A Robust Risk Factor For Type 2 Diabetes. J Clin Endocrinol Metab, online Feb 2015. doi: 10.1210/jc.2014-4116
 - Mozaffary A et al.: Change in fasting plasma glucose and incident type 2 diabetes mellitus: results from a prospective cohort study. BMJ Open 2016; 6: e010889. doi: 10.1136/bmjopen-2015-010889
 - American Diabetes Association: Diagnosis and Classification of Diabetes Mellitus. Diabetes Care. 2011 Jan; 34 (Suppl 1): S62-S69. doi: 10.2337/dc11-S062
 - Report of a Who/IDf ConsultatIon: Definition and diagnosis of diabetes mellitus and intermediate hyperglycemia. 1.Diabetes mellitus – diagnosis. 2.Diabetes mellitus-classification. 3.Hyperglycemia. 4.Glucose tolerance test. I.World Health Organization. II.International Diabetes Federation. ISBN 92 4 159493 4 (NLM classification: WK 810) ISBN 978 92 4 159493 6
 - Echouffo-Tcheugui JB et al.: Lifetime Prevalence and Prognosis of Prediabetes Without Progression to Diabetes. Diabetes Care 2018 May; dc180524. https://doi.org/10.2337/dc18-0524