Intubation

Bei der endotrachealen Intubation (verkürzt häufig auch als Intubation im engeren Sinn bezeichnet) handelt es sich um das Einführen eines Endotrachealtubus (ETT; kurz Tubus genannt; es handelt sich dabei um den Beatmungsschlauch, einer Hohlsonde aus Kunststoff) über den Mund (oral) oder die Nase (nasal) und den Kehlkopf in die Trachea (Luftröhre).

Die Intubation wird im Rahmen einer Narkose oder aber in Notfallsituationen zur Sicherstellung des Atemweges erforderlich.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Aspirationsgefahr ‒ Gefahr des Einatmens von Mageninhalt
  • Notfallsituationen mit bewusstlosen Personen wie kardiopulmonale Reanimation
  • Vollnarkose (Intubationsnarkose (ITN))

Vor der Intubation

  • Feststellung vor einer Vollnarkose, ob sich eine geplante Intubation schwierig gestalten könnte. Die wichtigste Frage dabei ist: War beim Patienten bereits früher die Maßnahme mit Schwierigkeiten verbunden?
  • Durchführung des  "Upper Lip Bite Test", d. h. Feststellung, ob der Patient mit den unteren Schneidezähnen auf die Oberlippe beißen kann? Falls der Patient das nicht kann, ist die Intubation mit großer Wahrscheinlichkeit mit Schwierigkeiten verbunden [8].

Das Verfahren

Zur Einleitung der Narkose wird ein Hypnotikum (Schlafmittel) und ein schnell wirksames Muskelrelaxans (Muskelentspannungsmittel) intravenös (in die Vene) appliziert (gespritzt).

Sobald der Patient schläft, wird er über eine Gesichtsmaske, ggf. unterstützt durch einen Oropharyngeal (Güdel)-/Nasopharyngeal (Wendl)-Tubus, beatmet. Diese zwischenzeitliche Maskenbeatmung verhindert einen zu starken Abfall der Sauerstoffsättigung. Der befürchtete Anstieg von Aspirationen blieb dabei gemäß einer Studie aus [7].

Lässt der Patient sich gut beatmen, wird mithilfe des Laryngoskops (Gerät zur Betrachtung des Kehlkopfes) der Kehlkopf dargestellt. Dann kann der Tubus (Beatmungsschlauch) unter Sicht in die Trachea (Luftröhre) eingeführt werden.
Ist der Tubus platziert, so wird er mit einem aufblasbaren Cuff (Blockmanchette) in der Luftröhre abgedichtet.

Abweichend vom oben gezeigten Vorgehen wird bei der sogenannten Rapid-Sequence-Induktion (RSI, „schneller Ablauf der Narkoseeinleitung“) keine Zwischenbeatmung durchgeführt, wenn der Patient nicht nüchtern ist, Blutungen im oberen Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt) oder eine Gravidität (Schwangerschaft) besteht.
Ziel dieser Form der Narkoseeinleitung ist die Vermeidung der Aspiration (Einatmen von Mageninhalt).

Man kann die folgenden Vorgehensweisen unterscheiden:

  • Orotracheale Intubation ‒ Einführen des Tubus (Beatmungsschlauch) durch den Mund
  • Nasotracheale Intubation ‒ Einführen des Tubus durch die Nase
  • Fiberoptische Intubation ‒ dabei wird unter Lokalanästhesie (örtlicher Betäubung) mithilfe eines Bronchoskops (ein flexibles Endoskop zur Lungenspiegelung) der Tubus unter endoskopischer Sicht in die Luftröhre eingeführt; nach erfolgreicher Intubation wird der Tubus gegebenenfalls durch einen Beißkeil geschützt.

Ambulante Intubation von Notfallpatienten: Der routinemäßige Einsatz von sogenannten Bougies (Einführhilfen) führt bis zu einer 25 % höheren Erfolgsrate (den Tubus gleich beim ersten Mal korrekt zu platzieren) [11].

Weitere Formen der Beatmung

  • Maskenbeatmung ‒ zur Überbrückung bzw. kurz dauernde Narkosen
  • Supraglottische Atemwegshilfen (SGA) – ihr Ende kommt oberhalb der Stimmritze (Glottis) zu liegen; Indikation: bei schwieriger Atemwegssicherung, wenn eine endotracheale Intubation nicht gelingt.
    Vorteil: Sind häufiger beim ersten Versuch erfolgreich. Nachteil: Atemwege sind nicht vor einer Aspiration von Mageninhalt geschützt.
    Beachte: Der Aspirationsschutz ist dem Endotrachealtubus deutlich unterlegen. Zu den SGA gehören:
    • Larynxmasken (Kehlkopfmasken) ‒ bei kurzen unkomplizierten Eingriffen an nüchternen Personen
    • Larynxtubus (LT; Combitubus)

Mögliche Komplikationen

  • Aspirationspneumonie/Lungenentzündung (Pneumonie), die dadurch entsteht, dass erbrochener Mageninhalt oder andere Stoffe in die Lunge gelangen (bei Intubation in der Notaufnahme) (8 %) [3]
  • Blutungen im Mund-/Rachenraum
  • Stimmbandulzera (Stimmbandgeschwüre)
  • Stimmbandgranulome ‒ gutartige Neubildungen
  • Stimmbandschäden
  • Trachealverletzungen ‒ Verletzungen der Luftröhre
  • Verletzungen im Mund-/Rachenraum – u. a. LT-assoziierte Zungenschwellung 
  • Wacherlebnisse während oder nach der Intubation
    • Studie mit 383 Notfallpatienten: Es konnten sich nach der Extubation (Entfernung des Tubus) 2,6 % der Befragten daran erinnern, die Intubation "gelähmt, aber bei Bewusstsein“ mitbekommen zu haben ("Awareness with paralysis") [12].
  • Zahnschäden
  • Zungen- bzw. pharyngeale ("den Rachen (Pharynx) betreffend") Schwellung und Glottisödem (akute Schwellung (Ödem) der Kehlkopfschleimhaut) bei prähospitalem Einsatz eines Larynxtubus' (häufig wg. beträchtlicher Überblockung der Cuff-Ballons)

Beachte: Auf der Intensivstation endotracheal intubierte Patienten erleiden in 45 % der Fälle schwere unerwünschte Ereignisse (z. B. kardiovaskuläre Instabilität, Hypoxämie/Sauerstoffmangel (periphere Sauerstoffsättigung < 80 %) oder Herzstillstand). Das häufige Vorkommen schwerer unerwünschter Ereignisse ist mit bedingt durch den kritischen Zustand der Patienten: so erfolgte die Intubation bei 52 % der Patienten wegen Atemversagen, gefolgt von einer neurologischen Beeinträchtigung bei 31 % und kardiovaskulärer Instabilität (Instabilität des Herzkreislaufsystems) bei 9 % [13].

Weitere Hinweise

  • Größe des Endotrachealtubus ETT): Frauen und kleine Männer werden häufig mit einem zu großen Schlauch (definiert als 1 mm größer als der empfohlene Durchmesser) intubiert [10]. Die Autoren empfehlen folgende Größen:
    • Weibliche Patienten mit durchschnittlicher Körpergröße (1,63 m): ETT von 6,0-6,5 mm
    • Männliche Patienten mit Durchschnittsgröße (1,77 m): ETT von 7,0-7,5 mm 
  • Für die Intubation verbessert die Lagerung mit erhöhtem Kopf die Präoxygenation (prophylaktische Anreicherung mit Sauerstoff vor einem induzierten Atemstillstand), erleichtert den Blick auf die Glottis (Stimmlippenapparat mit zugehörigen Stellknorpeln und zugehöriger Stimmritze) und senkt das Risiko von Zwischenfällen. Die höchste Erfolgsrate für eine erfolgreiche Intubation beim ersten Versuch zeigte sich bei erhöhtem Oberkörper – ab 45 Grad war die Erfolgsrate mit 85,6 % am höchsten [2].
  • Patienten, die im innerklinischen Bereich wg. eines Herzstillstandes innerhalb von 15 Minuten intubiert ("Einführen einer Hohlsonde in die Luftröhre") wurden, hatten eine höhere Mortalität (Sterberate) als die nicht intubierten Kontrollpatienten (16,4 % vs. 19,4 %), dieses galt auch für ein gutes funktionelles Ergebnis (= höchstens mäßiges neurologisches Defizit) (10,6 % vs. 13,6 %). Die Gruppe der Patienten, die initial einen schockbaren Rhythmus hatten, zeigte ein besseres Überleben ohne Intubation (39,2 % vs 26,8 %) [1].
  • Eine Dysphagie (Schluckstörung) nach Extubation (Entfernen des Tubus) von mechanisch beatmeten Intensivpatienten betrifft eine relevante Anzahl von Patienten (12, 4 %) und ist ein unabhängiger Prognoseparameter der 28- und 90-Tage-Mortalität [3].
  • Postoperative intubationsbedingte Rachenschmerzen werden mittels eines lokal auf den Tubus aufgebrachten Corticosteroids im Vergleich zu den Kontrollen ohne Analgesie in der Häufigkeit der Beschwerden deutlich reduziert. Auch im Vergleich zu lokal angewandtem Lidocain schnitten topische Corticosteroide hinsichtlich Rachenschmerzen ebenfalls besser ab. Mit einer Number needed to treat von drei sprechen die Ergebnisse für einen guten präventiven Effekt [5].
  • Eine supraglottische Atemwegshilfe (SGA) mit einem Laryntubus war bei Patienten mit Herzstillstand im Vergleich zu einer Gruppe, die endotracheal intubiert wurde, in Bezug auf die Überlebensrate nach 72 Stunden wie folgt: Larynxtubus bei 275 von 1.505 Patienten (18,3 Prozent) versus endotracheal 230 von 1.499 Patienten; die absolute Differenz von 2,9 Prozentpunkten mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,2 bis 5,6 Prozentpunkten war signifikant, d. h. der technisch unterlegene Larynxtubus hatte das bessere Ergebnis erzielt [6].
  • Gemäß einer Analyse von Klinikdaten eines Traumazentrums in den USA scheint die Intubation bereits in der Notfallaufnahme keine Vorteile zu bringen, aber das Risiko für einen Herzstillstand um das 8-fache zu erhöhen [9].

Literatur

  1. Andersen LW et al.: Association Between Tracheal Intubation During Adult In-Hospital Cardiac Arrest and Survival. JAMA 2017, online 24. Januar. doi: 10.1001/jama.2016.20165
  2. Turner JS et al.: Feasibility of upright patient positioning and intubation success rates at two academic emergency departments. Am J Emerg Med 2017, online 5. Februar. doi: 10.1016/j.ajem.2017.02.011
  3. Driver BE et al.: The occurrence of aspiration pneumonia after emergency endotracheal intubation. Am J Emerg Med 2017; online 18. Juli; doi: http://dx.doi.org/10.1016/j.ajem.2017.07.066
  4. Schefold JC, Berger D, Zürcher P et al.: Dysphagia in Mechanically Ventilated ICU Patients (DYnAMICS): A Prospective Observational Trial. Crit Care Med. 2017 Dec;45(12):2061-2069. doi: 10.1097/CCM.0000000000002765.
  5. Kuriyama A et al.: Topical application of corticosteroids to tracheal tubes to prevent postoperative sore throat in adults undergoing tracheal intubation: a systematic review and meta‐analysis. Anaesthesia. 2018 Mar 25. doi: 10.1111/anae.14273.
  6. Wang HE et al.: Effect of a Strategy of Initial Laryngeal Tube Insertion vs Endotracheal Intubation on 72-Hour Survival in Adults With Out-of-Hospital Cardiac Arrest. A Randomized Clinical Trial. JAMA. 2018;320(8):769-778. doi:10.1001/jama.2018.7044
  7. Casey JD et al.: Bag-Mask Ventilation during Tracheal Intubation of Critically Ill Adults. New Engl J Med February 18, 2019 doi: 10.1056/NEJMoa1812405
  8. Detsky ME et al.: Will This Patient Be Difficult to Intubate? The Rational Clinical Examination Systematic Review. JAMA. 2019;321(5):493-503. doi: https://doi.org/10.1001/jama.2018.21413
  9. Dumas RP et al.: Emergency Department Versus Operating Suite Intubation in Operative Trauma Patients: Does Location Matter? World J Surg 2019; https://doi.org/10.1007/s00268-019-05296-1
  10. Cao AC et al.: Current Practices in Endotracheal Tube Size Selection for Adults. Laryngoscope 2020; https://doi.org/10.1002/lary.29192
  11. Latimer AJ et al.: Routine Use of a Bougie Improves First-Attempt Intubation Success in the Out-of-Hospital Setting. Ann Emerg Med 2020; https://doi.org/10.1016/j.annemergmed.2020.10.016
  12. Pappal RD et al.: The ED-AWARENESS Study: A Prospective, Observational Cohort Study of Awareness With Paralysis in Mechanically Ventilated Patients Admitted From the Emergency Department. Ann Emerg Med 2021; https://doi.org/10.1016/j.annemergmed.2020.10.012
  13. Russotto V et al.: Intubation Practices and Adverse Peri-intubation Events in Critically Ill Patients From 29 Countries. JAMA. 2021;325:1164-1172; https://doi.org/10.1001/jama.2021.1727

     
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